Vor den Bäumen sieht man einen aufgeblasenen, etwas unförmigen Oberkörper in den Signalfarben rot und weiß. Der aufgemalte Gesichtsausdruck ist grimmig.
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Mit aufblasbarer Vogelscheuche und Paniklauten gegen Saatkrähen: Das System "Bird Alert" auf dem Dach einer Burghauser Kita funktioniert mit KI.

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Mit Künstlicher Intelligenz gegen Saatkrähen

Mit Künstlicher Intelligenz gegen Saatkrähen

Eine sich aufblasende Vogelscheuche soll Saatkrähen vom Garten einer Burghauser Kita fernhalten - gesteuert durch Künstliche Intelligenz. Welche Vorteile, aber auch Risiken das birgt.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Erst hängt sie schlaff nach unten, dann dröhnt plötzlich panisches Krähengeschrei aus den Lautsprechern und die Vogelscheuche richtet sich auf: Die Künstliche Intelligenz (KI) hinter dem System "Bird Alert" erkennt durch deren Rufe, wenn Saatkrähen in der Nähe sind. Dann löst sie sowohl die aufblasbare Vogelscheuche als auch die Beschallung mit Angst- und Warnlauten der Krähen aus.

  • Zum Artikel: Sollten "Problem-Saatkrähen" abgeschossen werden?

KI-Vogelscheuche zeigt gute Wirkung in Burghausen

Entwickelt hat das System die Firma Ornitec, installiert der Burghauser Bauhof. 5.000 Euro hat die Stadt für die Anschaffung gezahlt. Seit knapp einem Monat stehen Vogelscheuche und Lautsprecher nun schon auf dem Dach der Kindertagesstätte St. Konrad - und zeigen Wirkung: "Seit Februar haben wir eine sehr gute Veränderung wahrgenommen. Es ist deutlich weniger Dreck. Man hört die Krähen so gut wie gar nicht mehr. Insgesamt hat sich das Bild hier deutlich verbessert", berichtet der stellvertretende Einrichtungsleiter Maximilian Weiß.

Für die Kinder ist die Vogelscheuche, die man vom Garten aus sieht, ein Highlight: "Mit Vogelscheuche ist es viel besser, weil sonst würde die kleine Bühne wieder vollgeschissen werden", erzählt der sechsjährige Jakob. Vergangenes Jahr musste die Kita Teile des Gartens sogar sperren, wegen Vogeldreck und einzelnen tot aufgefunden Tieren. Deshalb hat sich die Einrichtungsleitung Hilfe suchend ans Burghauser Umweltamt gewendet.

Ausnahmegenehmigung nötig

Das Problem: Saatkrähen sind ganzjährig geschützt und dürfen nicht gestört werden. Vor einigen Jahrzehnten waren sie in Bayern beinahe verschwunden, mittlerweile hat sich der Bestand erholt. 2023 wurden dem Landesamt für Umwelt (LfU) rund 19.000 Brutpaare gemeldet, die meisten in Oberbayern und Schwaben. Während Saatkrähen früher vor allem in Bäumen und Sträuchern an Feldern gebrütet haben, zieht es sie laut LfU heutzutage in Städte und Dörfer. Dort finden sie Nahrung und werden nicht gestört. Dafür stören sie oft Anwohner mit ihrem Geschrei und Hinterlassenschaften, gerade während der Brutzeit von April bis Juni.

Das Burghauser Umweltamt musste für die sogenannte Vergrämung der Saatkrähen im Garten der Kita St. Konrad eine Ausnahmegenehmigung bei der Regierung von Oberbayern beantragen. Für den "Bird Alert" entschied sich das Team um Ines Huber, weil das System den Vögeln keinen Schaden zufügt. Durch die Paniklaute von Artgenossen soll es ihnen nur zu unbequem werden, in den Bäumen im Kita-Garten.

Vorsicht: Splitterkolonien vermeiden

Ein Ornithologe begleitet das Projekt und beobachtet, wo sich die Saatkrähen stattdessen niederlassen. Denn die Gefahr beim Vergrämen ist, dass sich die Tiere in sogenannten Splitterkolonien über das Stadtgebiet verteilen - und dann noch mehr Leute genervt sind. Einige davon sind in Burghausen bereits entstanden, ein Großteil der Saatkrähen baut seine Nester aber am Wöhrseehang, nur ein paar 100 Meter von der Kita entfernt. Für das Burghauser Umweltamt ist das ein wünschenswerter Ort, erklärt Ines Huber: "Unterhalb befindet sich nur der Hang, also sprich der Wald und die Sträucher, der Aufwuchs, und dadurch wird auch niemand beeinträchtigt, wenn die Krähen oberhalb brüten." Für die Krähen sei dagegen vorteilhaft, dass sie weiterhin in ihrem gewohnten Gebiet fliegen und Nahrung suchen können.

Wie sich die Krähenpopulation im Stadtgebiet langfristig entwickelt, soll das ornithologische Begleitgutachten zeigen. Von April bis September müssen Vogelscheuche und Lautsprecher abgebaut werden, ab Herbst soll das System aber wieder auf das Kita-Dach kommen, um die Vögel langfristig von den Bäumen dort fernzuhalten.

Erfahrungen anderer Städte in Oberbayern

Auch die Städte Weilheim und Puchheim haben den "Bird Alert" schon gegen Saatkrähen eingesetzt - zumindest die Lautsprecher, ohne die aufblasbare Vogelscheuche. In Weilheim kommen die Geräte seit 2021 in verschiedenen Stadtteilen zum Einsatz, vor allem aber im Wohngebiet "Paradeis", um die Krähen nach Norden an die Ammer und Altammer zu drängen: "Ich habe das Gefühl, dass das auch einigermaßen funktioniert hat. Heuer sind in diesem Bereich bisher keine Krähen anzutreffen", meint der Leiter der Bauverwaltung, Manfred Stork. Zusammen mit der Regierung von Oberbayern hat die Stadt drei zwingende Tabubereiche festgelegt, in denen die Saatkrähen in Ruhe gelassen werden müssen: an der Ammer, am Friedhof und am Maibaum. Insgesamt seien dieses Jahr weniger Krähen da als sonst, so Stork.

Auch in Puchheim machte man zunächst gute Erfahrungen mit dem System, doch dann gewöhnten sich die Saatkrähen daran und ignorierten die Lautsprecher. Ein Falkner erzielt dort bessere Ergebnisse. Die angeschafften Geräte verleiht die Stadt nun an umliegende Kommunen.

Die Burghauser Vogelscheuche soll die Routine verhindern, indem sie das akustische Warnsignal mit einem optischen koppelt: Die Saatkrähen sollen sie als Ursache für die Paniklaute ihrer Artgenossen sehen.

Wissenschaftliche Projekte zum "Saatkrähen Management"

Der Umweltausschuss des bayerischen Landtags stimmte kürzlich für ein Pilotprojekt: Das soll etwa in Erding untersuchen, wie man die Krähenpopulation im Stadtgebiet wirkungsvoll reduzieren kann - auch durch Abschüsse oder Fallen. Seit 2020 untersuchen das LfU und Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in Asbach-Bäumenheim (Lkr. Donau-Ries) außerdem, wie man landwirtschaftliche Schäden durch Saatkrähen vermeiden kann. Bislang gibt es keine pauschale Lösung gegen die schlauen Tiere. Für genervte Anwohner bringt aber meist das Ende der Brutzeit Entlastung: Ab Juni wird es rund um die Brutkolonien wieder leiser.

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