Ein Kunde hält eine Leberkässemmel in die Kamera.
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Bei "Karls Leberkas" in Landshut gibt es die Leberkässemmel auch mit Schmor- und Röstzwiebeln.

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Mit Leberkas durch die Nacht: Der Kult-Imbiss für Partygänger

Mit Leberkas durch die Nacht: Der Kult-Imbiss für Partygänger

Er ist deftiger Genuss und bayerisches Kulturgut: der Leberkas. In Landshut lockt der Traditionssnack vor allem Nachtschwärmer an. Statt Döner holt man sich hier als Nacht-Verpflegung eine Leberkässemmel.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Samstagabend. Die Hip-Hop-Bässe wummern, Menschen stehen Schlange, die Stimmung ist losgelöst – fast könnte man meinen, man ist in einer neuen In-Kneipe in Landshut gelandet. Cremefarbene Couch, Hummer-Wandbild und dezenter Kronleuchter für das Ambiente. Doch bei "Karls Leberkas" gibt es keine aufwendigen Cocktails oder Longdrinks. Hier gibt es den bayerischen Kultsnack – die Leberkäs-Semmel. Aber nicht nur, wie man sie klassisch gewöhnt ist.

Der Traditionssnack, der das Partyvolk anlockt. Das "BR24 vor Ort"-Team war eine Nachtschicht bei "Karls Leberkas" im Imbiss mit dabei und hat den Leberkas-Wahnsinn miterlebt – zu sehen in folgendem Video:

Eine Schlange steht vor dem Leberkas-Imbiss, ein Mann hält eine Leberkässemmel in die Kamera.
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Bei "Karls Leberkas" in Landshut gibt es den bayerischen Kultsnack für Partygänger und Nachtschwärmer.

Ist überhaupt Leber im Leberkas?

Leberkäse, im Dialekt auch Leberkas oder Leberkäs genannt, gibt es schon seit gut 200 Jahren, allerdings ist der Name etwas irreführend: Im bayerischen Leberkas ist keine Leber enthalten. Das schreibt die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung bei uns vor. Korrekterweise müsste er Fleischkäse heißen, denn er enthält Rind- und/oder Schweinefleisch und Gewürze. Immerhin: In der Schweiz und in Österreich ist Leber im Leberkas erlaubt und auch im Fränkischen Leberkas ist Leber enthalten.

Mitternachtssnack: Leberkas statt Döner oder Burger

Wer in Landshut zu tief ins Glas geschaut hat, für den ist "Karls Leberkas" oft die letzte Rettung, erzählt eine Kundin. Geöffnet hat der Imbiss in der Innenstadt zur besten Nachtschwärmer-Zeit: zwischen 23 und 3 Uhr. "Wir haben uns gedacht, überall gibt es Döner, Burger oder Pizzastücke. Wir wollten aber ein bisschen die bayerische Fahne hochhalten und sind auf Leberkas gekommen", erzählt der Inhaber Tobi. Und es muss auch nicht immer nur der typische rote mit süßem Senf sein.

Insgesamt hat der Imbiss acht Sorten im Repertoire – vom Chili- oder Pizzaleberkäse bis hin zu ausgefalleneren Sorten wie Leberkäse mit Speck und Pfefferkruste, dazu Pulled Pork oder Zwiebel-Rotwein-Soße. Und es gibt auch vegetarische Varianten. Der absolute Schlager ist die Kreation: "Kaskaskaspresskasbreznsemmel", kurz KKKK – das heißt: eine Käse-Leberkässemmel mit Kaspressknödel und Käse überbacken. Ketchup auf der Leberkässemmel ist bei Karls allerdings verboten.

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Ladeninhaber Tobi (rechts) und Serviceleiter Chris (links) von "Karls Leberkas".

Abiball-Gäste kommen zum Leberkas-Imbiss

"Das ist der beste Leberkas ever", schwärmt einer der vielen Kunden, die sich an diesem Abend bei Karls Leberkas einen Mitternachtssnack gönnen. Extra mit dem Rad ist er hergekommen. Er reiht sich genauso in die Schlange wie gleich mehrere Gäste im Anzug und Ballkleid. Verwunderte Blicke, dann die Erklärung: Das Catering am Abiball hat versagt, jetzt versorgen sie sich hier mit Leberkas.

Leberkas kommt von regionalen Lieferanten

Der Leberkas bei Karls kommt vom regionalen Metzger nur wenige Kilometer entfernt. Der bezieht das Fleisch von heimischen Bauernhöfen. Künstliche Zusätze oder Geschmacksverstärker gibt es nicht. Das erklärt auch den Preis: Zwischen vier und 6.90 Euro kosten die Leberkas-Kreationen in der Semmel.

Auch mal ungewöhnliche Leberkas-Kreationen

Im Zwei-Mann-Team wird im Akkord gearbeitet – einer schneidet die Semmeln auf und gibt Soße drauf, der andere belegt und kümmert sich um die Bestellungen. Die auch mal sehr außergewöhnlich ausfallen können, erzählt Serviceleiter Chris. "Das Übelste, was ich mal erlebt hab', war einer, der wollte jede Scheibe Leberkäs in der Semmel und immer eine Scheibe Käse dazwischen, noch einen Kaspressknödel obendrauf, dazu Pulled Pork und Schmorzwiebeln und Sauerkraut. Praktisch alles, was wir haben, in einer Semmel. Das war ein Gerät mit wahrscheinlich eineinhalb Kilo Leberkas drin. Das Coole war, er ist rausgegangen, hat's gegessen, kam nach 20 Minuten wieder und hat sich noch mal eine Semmel geholt."

Weihnachten im Kult-Imbiss

Hunger haben auch zwei neue Kunden. Sie bezeichnen sich selbst als Stammkunden. Sogar Weihnachten haben sie zusammen im "Karls Leberkas" gefeiert. "Ich glaub’, das war der Beginn dieser ganzen Liebesgeschichte, die mittlerweile das fünfte Jahr währt."

Sieg bei Fußball-EM wirkt sich auf Leberkas-Hunger aus

Während draußen geratscht und gefeiert wird, herrscht drinnen im Laden Hochbetrieb. Eine Leberkässemmel nach der anderen wandert über den Tresen. Am Ende der Nacht werden es um die 300 sein. Das gewonnene Deutschlandspiel gegen Dänemark bei der Fußball-EM treibt die Kunden ins Geschäft. "Der Erfolg der Sportmannschaften wirkt sich tatsächlich auf den Andrang auf den Leberkas aus", erzählt Chris. Wenn Landshuter Vereine, die deutsche Fußballmannschaft oder der FC Bayern gewinnen, dann kommen mehr Menschen. Wenn verloren wird, gehen lieber alle schnell nach Hause, so Chris.

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Es gibt acht unterschiedliche Leberkas-Semmel-Sorten.

Polizei musste ein Mal gerufen werden

Heute stellen sich alle brav in der Schlange an. Es gibt aber auch kritische Situationen, erzählt Ferdi, der Bruder von Chris, der heute auch mithilft. Einmal wurde sogar die Polizei gerufen. "Während der Dult gab's eine Schlägerei. Einer hatte sich vorgedrängelt, und dann haben die sich angegriffen. Da sind wir dazwischengegangen. Da bist du die ganze Zeit auf Adrenalin. Zum Glück ist aber nichts Schlimmes passiert." Die meisten Kunden seien friedlich und auch mit den Nachbarn habe es bislang noch keine Probleme wegen Ruhestörung gegeben.

Kurz vor Ladenschluss ist der Leberkas aus

Gegen 02.40 Uhr geht der Abend dem Endspurt entgegen. Nur noch elf Semmeln sind im Korb. Und selbst die sind in wenigen Minuten verkauft. Zehn Minuten vor Ladenschluss ist dann alles aus: Der letzte Leberkas wurde noch ohne Semmeln an die Hungrigen verteilt – aufs Haus. "Bevor ich's wegschmeiße, geb' ich es doch lieber so raus", sagt Chris und ist zufrieden. "Es war ein toller Abend. Die Leute waren gut drauf, der Leberkas ist alle, was will man mehr?" Man merkt: "Karls Leberkas" ist nicht nur ein Imbiss, sondern auch ein Hotspot für das Partyvolk, eine nächtliche Heimat.

Jetzt wird nur noch die Küche aufgeräumt, geduscht und dann ab ins Bett. Bald geht alles von vorne los. Dann warten neue Gäste darauf, ihren Leberkas-Hunger in Landshut zu stillen.

💡 Wie wurde der Leberkas erfunden?

Erfunden wurde der Leberkas angeblich im 18. Jahrhundert. Der pfalzbairische Kurfürst Karl Theodor wünschte sich französische Pasteten. Er selbst oder sein Metzger, da ist die Legende nicht ganz klar, hatte die Idee, feingehacktes Schweine- und Rindfleisch könnte man in Brotform backen. Damit ist der Leberkas erfunden; und weil er aussieht wie ein Käselaib: Lääb Kees, also Laib Käse, wurde er später Leberkäse genannt - also ein Laib aus einer kompakten Masse.

Eine andere Erklärung besagt, dass sich der Name Leberkäse entweder vom mittelhochdeutschen "lab" ableitet, das für die Gerinnung von Fleischeiweiß durch Kochen oder Braten steht - ähnlich wie die Gerinnung durch Lab, das man bei der Käseherstellung benutzt - oder aus dem mittelhochdeutschen "lebere". Das bedeutet gestockte Masse. In beiden Fällen knüpft sich daran das ursprünglich slawische Wort "quas" für Schmaus.

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