Pflegerin Melanie Reichert bei einer Patientin
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Pflegerin Melanie Reichert bei einer Patientin

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Modellprojekt: In Teilzeit gegen den Pflegenotstand

Die Belastung steigt, die Arbeitskräfte werden weniger: Kliniken und Pflegeeinrichtungen in Bayern kämpfen immer mehr mit einem Mangel an Personal. Ein Modellprojekt im Raum Landshut hofft, mit einer Teilzeitausbildung mehr Pflegekräfte zu finden.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Es ist ein Begriff, der drohend über den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen schwebt: der Pflegenotstand. Ein Problem, das sich seit Beginn der Corona-Pandemie weiter verschärft hat. Während die Zahl der Patienten zunimmt, steigt in der Pflege stellenweise der Anteil derer, die das Handtuch werfen - so auch in Landshut, wo seit April dieses Jahres überdurchschnittlich viele Pflegekräfte ihre Kündigung eingereicht haben.

Eine Arbeit, die einen "Sinn" ergibt

Ebenfalls seit April läuft im Raum Landshut ein Modellprojekt, das genau dieser Entwicklung entgegensteuern soll: Der dort ansässige Kompetenzverbund für Ausbildung in der Pflege bietet als einzige Institution in Bayern eine vierjährige Teilzeitausbildung zur Pflegefachkraft an. Insgesamt 34 Partner aus der Region nehmen an dem Projekt teil. Darunter auch die Lakumed Kliniken, zu denen das Krankenhaus Landshut-Achdorf gehört - eine der Einrichtungen, in denen Melanie Reichert ihre Ausbildung absolviert.

Sie ist 32 Jahre alt, Mutter einer dreijährigen Tochter und seit einem halben Jahr angehende Pflegefachfrau. Während der vier Jahre langen Ausbildung fallen 25 Stunden pro Woche dafür an. Früher war sie Fitnesstrainerin, dann kam Corona, ein Umzug mit ihrer Familie und die Frage, worauf es für sie im Berufsleben ankommt. "Ich brauche eine Arbeit, die sinnstiftend ist", erzählt Reichert. "Eine Arbeit, die mir auf dem Heimweg das Gefühl gibt: Was ich jetzt gemacht habe, ergibt einen Sinn."

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Melanie Reichert

Modell macht Familie und Arbeit vereinbar

Als junge Mutter fällt Melanie Reichert genau in die Zielgruppe, für die das Teilzeitmodell entwickelt wurde. Das Konzept sieht vor, auf die Bedürfnisse aller Azubis einzugehen, individuelle Arbeitszeiten inklusive, betont Pflegedienstleiterin Ulrike Anzinger: "Wir haben mit den Bewerbern - explizit mit jedem einzelnen - ein Gespräch geführt. Und das ist in meinen Augen die Erfolgsgeschichte. Dass sich die Leute nicht verbiegen müssen."

Teilzeit-Azubi Melanie kann das bestätigen. Für sie sei sogar eigens ein Schichtmodell von 9 bis 14 Uhr erstellt worden, das es so noch nicht gab. Damit bleibt genug Zeit, um ihre Tochter vor der Arbeit in den Kindergarten zu bringen und rechtzeitig wieder zuhause im rund 40 Kilometer entfernen Pilsting zu sein.

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Das Krankenhaus Landshut-Achdorf

Interesse wecken, Wertschätzung entgegenbringen

Es ist ein Ansatz, der den Zugang zur Ausbildung leichter und den Pflegeberuf insgesamt attraktiver machen soll. Es gehe darum, Rücksicht zu nehmen und sich so für eine größere Zahl an Interessenten zu öffnen, erklärt Monika Wagner, die das Kompetenzzentrum für Gesundheitsberufe des Landkreises Landshut leitet. "Viele sagen, wenn mir entgegengekommen wird, dann ist das auch ein Zeichen von Wertschätzung. Und das ist in diesem Bereich - und aktuell sowieso - ein ganz wichtiger Punkt: die Wertschätzung."

Projekt soll Nachahmer finden

Insgesamt absolvieren derzeit 18 Frauen ihre Pflegeausbildung in Teilzeit. Vielen geht es dabei wie Reichert, die betont, dass sie den Schritt in die Pflege in Vollzeit nie gewagt hätte. Sie und ihre Kolleginnen stehen stellvertretend für den Erfolg des Projekts, erklärt Landrat Peter Dreier (FW): "Das soll natürlich auch Nachahmer finden, um die Ausbildungsmöglichkeiten gerade für diesen Personenkreis auf der einen Seite, aber auch für unsere Einrichtungen, wo wir ja so dringenden Pflegebedarf haben, zu sättigen."

Im kommenden April soll zur Fortsetzung kommen, dann startet der nächste Ausbildungsjahrgang in Teilzeit. Den Pflegenotstand, darüber besteht Einigkeit, wird das Modellprojekt nicht alleine lösen können. Ein erster Schritt sei aber getan - und in der Region Landshut hofft man nun, dass weitere Nachahmer folgen.

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