Mitten in München gibt es einen Laden für Outdoor- und Jagdbedarf: Mike T-A-C. Mitarbeiter Markus Zimmermann erzählt, ungefähr die Hälfte der Kunden, die hierher kommen, wollen sich auf Krisenzeiten vorbereiten. "Viele ältere Leute, die wirklich Angst haben." Einige geben sich auch als Prepper zu erkennen, sagt Zimmermann. Sie fragen ihn dann oft, wie er sich vorbereite. "Sie kaufen Dosenfutter, das zehn Jahre hält, Solarpanels und Jagdklamotten." Zimmermann musste für Prepper auch schon große Notstromaggregate bestellen. Manche würden auch nach Schreckschusswaffen fragen. "Aber die schicken wir weg", sagt Zimmermann.
Seit dieser Woche steht die bayerische Prepper-Szene wieder vermehrt im Fokus. Am Mittwoch hat die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus sowie Ermittler des Bayerischen Landeskriminalamts Adressen von Personen durchsucht, die der sogenannten Prepper- und Reichsbürgerszene zugeordnet werden. Sie sollen geplant haben, durch Sabotage von Strommasten einen politischen Umsturz in Deutschland herbeizuführen.
- Zum Artikel: Razzia in Bayerns Prepper-Szene: Sabotage an Strommasten geplant
Wer sind Prepper und was wollen sie?
Die, die zu Markus Zimmermann in den Laden kommen, wollen vorbereitet sein: Auf einen Stromausfall, auf kriegerische Auseinandersetzungen, auf schwere Naturkatastrophen oder darauf, dass die öffentliche Ordnung zusammenbricht. Genau daher kommt der Begriff "Prepper": aus dem Englischen, abgeleitet von "be prepared", was übersetzt "vorbereitet sein" oder "bereit sein" bedeutet. Manche von ihnen horten einfach nur ein paar Konservendosen im Keller, andere trainieren Überlebenstechniken, halten sich fit und lernen wie man sich in der freien Natur ernährt. Und einige bauen Schutzbunker, weil sie den Weltuntergang bevorstehen sehen.
Keine homogene Prepper-Szene in Bayern
Bei Preppern handelt es sich um eine heterogene Gruppe, sagt das Landesamt für Verfassungsschutz. Andreas Straßer, der stellvertretende Leiter der bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET), ergänzt: "Auch jemand, der sich in der Corona-Pandemie übermäßig mit Toilettenpapier und Essen eingedeckt hat, ist im Sinne des Begriffes schon ein Prepper." Aussagen über die Strukturen der Szene oder deren Größe könnten nicht getroffen werden. Der Grund: Der Verfassungsschutz habe keinen rechtlichen Beobachtungsauftrag, deshalb dürfe er die gesamte Szene nicht beobachten, sondern lediglich Teile.
Verfassungsschutz beobachtet verfassungsfeindliche Gruppen
Beobachtet werden laut Verfassungsschutz Gruppierungen mit explizit verfassungsfeindlichen, also extremistischen oder sicherheitsgefährdenden "Bestrebungen". Mit Bestrebung meint der Verfassungsschutz, dass Einzelpersonen oder Gruppen "den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes" oder die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen wollen. "Dies ist bei der Prepper-Szene in ihrer Gesamtheit nicht der Fall", so ein Sprecher des bayerischen Verfassungsschutzes. Gebe es innerhalb der Prepper-Szene Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen, würden diese Personen beobachtet. Zum Beispiel dann, wenn zu Aktionen gegen staatliche Einrichtungen, die staatliche Infrastruktur oder staatliche Repräsentanten "ernsthaft und nachdrücklich" aufgerufen wird oder jemand plant, sich an solchen Aktionen zu beteiligen.
Szene entwickelt sich seit 2015
Auffällig ist laut ZET, dass die Szene in den vergangenen Jahren immer größer wurde. Mit Beginn der ersten großen Flüchtlingsbewegung im Jahr 2015 habe die ZET kleinere Prepper-Gruppen wahrgenommen. Im Internet hätten sie sich darüber ausgetauscht, "was passiert, wenn die Flüchtlinge uns alles wegkaufen", erzählt der stellvertretende ZET-Leiter Andreas Straßer. Mit der Corona-Pandemie, dem Ukraine-Krieg und der Energie-Krise seien Prepper in Bayern dann "exponentiell angestiegen". Der Sozialwissenschaftler Mischa Luy von der Ruhr-Universität Bochum forscht zum Phänomen und schätzt, dass es in Deutschland mehr als 180.000 Prepper gibt.
Verbindung zur rechtsextremen Szene besteht
Von anschlussfähigen Systemen zwischen Preppern und rechtsextremer Szene spricht Mischa Luy: Die beiden Phänomene würden sich in ihrem Misstrauen gegenüber etablierter Politik, sogenannten Eliten, treffen. Das bestätigt auch Andreas Straßer von der ZET: "Es gibt Schnittmengen, aber man kann nicht sagen, dass jeder Prepper rechtsextrem ist." In Teilen der bayerischen rechtsextremistischen Szene gebe es einen Glauben an Untergangszenarien oder es werde mit einem nahenden Bürgerkrieg gerechnet. "Dahingehend kommt es auch zu Vorbereitungsmaßnahmen hinsichtlich eventueller Katastrophenszenarien", so das Landesamt für Verfassungsschutz. In einigen Fällen gebe es deshalb auch einen "Beobachtungsauftrag".
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Artikel unterscheidet sich von der ersten Fassung vom 23.2.23. In der aktuellen Version wird der Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes detaillierter erklärt.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!