Ein Polizist und Polizeiautos bei der Razzia gegen Reichsbürger Anfang Dezember 2022
Bildrechte: BR
Videobeitrag

Nach Reichsbürger-Razzia: Bürgermeister erstattet Anzeige

Videobeitrag
>

Nach Reichsbürger-Razzia: Bürgermeister erstattet Anzeige

Nach Reichsbürger-Razzia: Bürgermeister erstattet Anzeige

Seit bekannt geworden ist, dass ein mutmaßlicher Terrorist sensible Daten an Schulen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen abgefischt haben könnte, sind Kommunalpolitiker und Elternvertreter alarmiert. Ein Bürgermeister hat nun Anzeige erstattet.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten, Regionales, Wetter, Verkehr am .

Der Bürgermeister aus dem mittelfränkischen Pleinfeld , Stefan Frühwald (CSU), hat nach einem Bericht über einen mutmaßlichen Terroristen aus Franken Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Das erklärte der CSU-Politiker dem gemeinsamen Rechercheteam von Bayerischem Rundfunk, Nürnberger Nachrichten und Weißenburger Tagblatt. Nachforschungen des Teams hatten vergangene Woche gezeigt, dass einer der Beschuldigten in dem Terrorverfahren gegen die mutmaßliche Reichsbürgergruppe um Heinrich Prinz Reuß für die Marktgemeinde Pleinfeld tätig war.

Datenspuren des mutmaßlichen Terroristen werden geprüft

Der IT-Fachmann Harald P. war demnach bis zu seiner Festnahme im Dezember des vergangenen Jahres als externer Dienstleister für den technischen Betrieb der IT an zwei Schulen in Pleinfeld verantwortlich. Seitdem stehen Befürchtungen im Raum, dass Harald. P. gezielt sensible Daten aus den Schulen habe abfragen können, beispielsweise die von Schülern mit Migrationshintergrund. Um dem Verdacht nachzugehen, habe der Bürgermeister nun die Behörden eingeschaltet und Anzeige erstattet.

Zudem lässt der Rathauschef über eine externe IT-Firma prüfen, ob P. möglicherweise Dateien heruntergeladen und privat Rechnerleistungen in Anspruch genommen hat. Auch, ob sich im digitalen System der Grund- und Mittelschule in Pleinfeld versteckte Daten befinden, soll dabei untersucht werden. "Wir nehmen die Thematik sehr ernst", sagte Frühwald dem Rechercheteam. Beratung in dem Fall erhielt der CSU-Politiker demnach auch vom Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

IT-Mann soll "militärischen Arm" unterstützt haben

Wie berichtet, wurde Harald P. Anfang Dezember im Rahmen einer bundesweiten Razzia in seiner Wohnung in Schwanfeld im Landkreis Schweinfurt festgenommen. Der IT-Experte ist einer der Beschuldigten im Terror-Verfahren des Generalbundesanwalts. Die Bundesanwaltschaft hatte damals 25 Menschen festnehmen lassen, darunter frühere Bundeswehroffiziere und Polizeibeamte. Den Beschuldigten wirft sie vor, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung zu sein, die das politische System stürzen wollte. Insgesamt ermittelt die Karlsruher Behörde gegen 55 Personen. Nach Angaben der Ermittler soll Harald P. bei der mutmaßlichen Terrorgruppe den "militärischen Arm" unterstützt haben, der Waffen beschaffen und eine abhörsichere IT-Struktur aufbauen sollte. Zudem hätten Mitglieder dieses "militärischen Arms" laut Einschätzungen der Behörden während eines gewaltsamen Umsturzes Personen "festnehmen und exekutieren" sollen.

In Mittelfranken kennt man den Software-Entwickler als versierten IT-Fachmann, der vor allem im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen gute Geschäfte gemacht hat. Auch die Gemeinde Pleinfeld engagierte ihn, weil er bereits andere Schulen betreut habe, sagte Bürgermeister Stefan Frühwald . Er habe den Auftrag bekommen, an der Grundschule, in die 230 Mädchen und Jungen gehen, und an der Mittelschule mit 170 Kindern die administrativen Tätigkeiten der Verwaltungsrechner mit zu betreuen.

Mutmaßlicher Terrorist hatte umfangreichen Schul-Zugriff

Zuletzt war P. nach Angaben des Gemeindechefs im August oder September vergangenen Jahres an den beiden Pleinfelder Schulen tätig gewesen, als es darum ging, eine Homepage neu aufzubauen und für eine Lehrkraft eine Mailadresse einzurichten. Der mutmaßliche Terrorist, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt, habe weitgehende Administratoren-Rechte besessen, bestätigte Frühwald.

Der Bürgermeister hat inzwischen die Polizei und auch den Generalbundesanwalt informiert, der die Ermittlungen gegen die mutmaßliche terroristische Vereinigung führt. Derzeit sind die Webseiten der beiden Schulen abgeschaltet, über die auch die Meldungen der Eltern von ihren kranken Kindern gelaufen sind. Stefan Frühwald will in Kürze die Elternbeiräte von Grund- und Mittelschule einladen und Gespräche führen.

Harald P. hatte Kontakt mit Schulamt

Mittlerweile macht die Nachricht die Runde, IT-Experte P. sei auch an anderen Schulen im Umkreis tätig gewesen. Davon weiß das staatliche Schulamt des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen jedoch nichts. Schulrat Ulrich Salomon hat sich bereits mit Schulleitern kurzgeschlossen, um zu eruieren, ob es weitere Einrichtungen gibt, für die P. gearbeitet hat.

Vor etwa vier bis fünf Jahren sei P. als Berater einer Firma jedoch in Kontakt mit dem Schulamt getreten, sagt Salomon. Damals sei es um die Umsetzung von Schulsoftware gegangen. Jedoch habe der technische Leiter des Amtes von dem Projekt abgeraten - die technischen Voraussetzungen seien schwierig gewesen. Harald P., der enge Verbindungen zur Region hat, sei damals nicht zum Zuge gekommen, versichert Salomon.

Geschäftliche Beziehungen im Freizeitbereich

Das Thema Reichsbürger-Razzia beschäftigt damit die gesamte Schulfamilie im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Doch auch im Freizeitbereich soll P. tätig gewesen sein und Software-Produkte für Bootsliege- und Campingplätze im Seenland geliefert haben. Auch half er kurzzeitig der Bürgerinitiative "Seenland in Bürgerhand", die erfolgreich gegen das geplante Tourismusprojekt Center Parcs auf dem ehemaligen Munitionsgelände bei Langlau gekämpft und einen Ferienpark verhindert hatte.

Dabei ging es um die Reservierung einer Internetadresse, bei der P. der Bürgergruppe behilflich war. Inhaltlich habe er aber keinen Einfluss genommen, heißt es bei der BI. Im Pappenheimer Ortsteil Osterdorf hatte P. eine Lagerfläche gemietet, die bei der Razzia Anfang Dezember durchsucht worden ist.

Nach der Razzia gegen Reichsbürger führten Polizisten den mutmaßlichen Kopf der Gruppe, Heinrich XIII Prinz Reuß, ab.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Boris Roessler
Videobeitrag

Nach der Razzia gegen Reichsbürger führten Polizisten den mutmaßlichen Kopf der Gruppe, Heinrich XIII Prinz Reuß, ab.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!