Seit Jahren gab es offenbar Beleidigungen, Bedrohungen, Angriffe und gegenseitige Anzeigen. An einem Abend im August vergangenen Jahres ist der Streit zweier Landwirte aus Haid, einem kleinen Weiler bei Parsberg im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz, dann vollends eskaliert. Ein 71-Jähriger muss sich am Landgericht Nürnberg-Fürth unter anderem wegen versuchten Totschlags verantworten. Er soll mit seinem Traktor auf seinen Nachbarn zugefahren sein, und ihn mit einem vorn aufgeladenen Heuballen gegen einen Metallcontainer gedrückt haben.
"Verreck‘, du alte Sau" - Mit Heuballen die Schulter gebrochen
Es war eine Kleinigkeit, die den seit Jahren andauernden Streit der beiden Landwirte offenbar hat eskalieren lassen. Am Abend des 20. August vergangenen Jahres war der 71-jährige Landwirt aus Haid gegen 22:15 Uhr mit seinem Traktor durch den Ort gefahren. Sein 44 Jahre alter Nachbar war da gerade dabei, seinen VW-Bus zu entladen.
Weil der 71-Jährige mit seinem Traktor auf der engen Straße nicht vorbeikam, eskalierte die Situation dann laut Staatsanwaltschaft schnell. Der Angeklagte habe etwa eine halbe Minute lang gehupt und seinem Nachbarn mit den Worten "Verreck‘, du alte Sau!" beschimpft und angekündigt "Hetzt bist du fällig!". Dann habe er den Traktor zurückgesetzt, den VW-Bus gerammt und "mindestens sieben Meter" vor sich hergeschoben, so die Staatsanwaltschaft. Was der Angeklagte wohl nicht wusste: Zu diesem Zeitpunkt befand sich der elf Jahre alte Sohn des Nachbarn im VW-Bus. Der Junge konnte aus dem Fahrzeug springen und sich in Sicherheit bringen.
Mit dem gerammten VW-Bus war der Streit aber noch lange nicht vorbei. Laut Staatsanwaltschaft setzte der 71-jährige Landwirt seinen Traktor zurück, um nun seinen Nachbarn ins Visier zu nehmen. Mit dem 240 Kilogramm schweren Heuballen vorn auf seinem Traktor raste er auf seinen Kontrahenten zu. Dieser habe noch mehrfach ausweichen können, wurde dann aber von dem Heuballen erfasst und gegen einen Metallcontainer gedrückt. Der 44-Jährige erlitt dabei einen Schulterbruch, Prellungen und innere Blutungen.
Nachbarn wollen schlichten – und werden angegriffen
Durch den Lärm wurden mehrere weitere Nachbarn auf den Streit aufmerksam. Sie stellten sich zunächst zwischen den verletzten 44-Jährigen und den Traktor, den der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft noch einmal zurückgesetzt hatte. Als der 71-Jährige trotzdem erneut aufs Gaspedal drückte, mussten sich die Nachbarn mit einem Sprung zur Seite in Sicherheit bringen.
Ein weiterer Nachbar, der inzwischen seitlich aufs Trittbrett des Traktors gestiegen war, konnte dem Landwirt ins Lenkrad greifen und verhindern, dass das Fahrzeug den verletzten 44-Jährigen am Boden erneut erfasst. Daraufhin habe der nun Angeklagte im Führerhaus des Traktors zu einer Metallstange gegriffen, um in Richtung des Streitschlichters zu stechen. Der Mann konnte sich aber mit einem Sprung vom Trittbrett des Traktors in Sicherheit bringen. Zu den Vorwürfen wollte sich der 71-Jährige beim Prozessauftakt nicht äußern.
Landwirt droht eine jahrelange Haftstrafe
Der Eskalation an jenem Augustabend ist ein jahrelanger Streit der beiden Landwirte vorausgegangen. Der Vorsitzende Richter schilderte das anhand der Aktenlage. Demnach hatten sich die beiden Nachbar immer wieder gegenseitig beleidigt, bedroht und wohl auch angegriffen. So habe der nun angeklagte 71-Jährige Steine nach den Kindern seines Nachbarn geworfen und gedroht, sie "zu verräumen". Auch habe er gedroht "ich bring‘ dich um, ich stech‘ dich ab". Sein Nachbar habe ihn dagegen mit einem Eisenbolzen angegriffen, heißt es in den Akten. Die gegenseitigen Anzeigen verliefen aber immer im Sande. Die Verfahren wurden aus Mangel an Beweisen eingestellt.
Die Staatsanwaltschaft wertet die Geschehnisse an jenem Augustabend unter anderem als versuchten Totschlag. Dem 71 Jahre alten Angeklagten droht damit eine mehrjährige Haftstrafe. In dem Prozess sind sechs weitere Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil wird für den 11. Juli erwartet.
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