Der Angeklagte (li.) mit seinem Anwalt heute im Gerichtssaal.
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Der Angeklagte (li.) mit seinem Anwalt heute im Gerichtssaal.

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Stoß von Steinerner Brücke: Angreifer muss in Psychiatrie

Im Prozess um den Stoß eines Syrers von der Regensburger Steinernen Brücke ist das Urteil gefallen: Der 29-jährige Angreifer wird demnach dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Das Gericht sah in der Tat versuchten Totschlag.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Im Prozess um den Stoß eines syrischen Mannes von der Regensburger Steinernen Brücke ist am Landgericht das Urteil gefallen. Der 29 Jahre alte deutsche Angreifer wird in der Psychiatrie untergebracht. Wie lange genau, ist unklar. Das hängt vom entsprechendem Therapieerfolg ab. Er muss so lange in Behandlung bleiben, bis er für die Allgemeinheit nicht mehr als gefährlich gilt.

Urteilsbegründung: Angreifer sei psychisch krank und schuldunfähig

Der Vorsitzende Richter Thomas Polnik wertete die Tat als versuchten Totschlag. Der Angreifer sei psychisch krank und deswegen schuldunfähig.

Wie der Richter in seiner Urteilsbegründung sagte, habe sich die Schuldunfähigkeit des Angreifers aus Amberg wegen seiner psychischen Erkrankung im Prozess bestätigt.

Gericht: Tat erfolgte in "Wahnzustand"

Daneben wurde der Täter wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verurteilt. Er hatte den Hitlergruß gezeigt. Das Gericht sieht dennoch nicht Ausländerhass als Motiv, stattdessen waren die Taten "ausgelöst von Wahnvorstellungen", unter denen der Angreifer litt, so das Gericht. In diesen sei er davon ausgegangen, der Syrer sei ein gefährlicher Drogenboss, den er zum Schutz der Allgemeinheit umbringen muss.

Die Staatsanwaltschaft hatte auf versuchten Mord plädiert und sah laut einer Gerichtssprecherin das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt. Dem folgte das Gericht nicht. In ihrer Antragsschrift war die Behörde außerdem von einer "ausländerfeindlichen Gesinnung" und damit von niederen Beweggründen ausgegangen. Die konnte die Schwurgerichtskammer "nicht mit der erforderlichen Sicherheit" feststellen.

Täter habe eine diagnostizierte bipolare Störung

Wie der Vorsitzende Richter ausführte, liegt bei dem Mann eine diagnostizierte bipolare Störung mit depressiven und manischen Episoden vor. Ein psychiatrischer Sachverständiger bescheinigte dem Täter keine rechtsradikale Grundpersönlichkeit, sagte der Richter. Teilweise habe sich der Beschuldigte in der Vergangenheit "kritisch zu nationalsozialistischem Gedankengut geäußert“ und dass "Nazis alles kaputt machen würden", teilweise kam es dann wieder zu Nazi-Gesten oder -Parolen. Das sei ein Symptom in manischen Phasen des Beschuldigten.

Das Gericht sah es in dem Sicherungsverfahren als erwiesen an, dass der 29-Jährige vergangenen Oktober einem syrischen Asylbewerber, der auf der Brüstung der Steinernen Brücke saß, mit beiden Händen einen wuchtigen Stoß gegen den Oberkörper verpasste. Das Opfer fiel fast sieben Meter in die Tiefe und schlug auf einem steinernen Brückensockel auf.

Dass der heute 21-jährige Syrer keine tödlichen Hirnverletzungen oder sonstigen inneren Verletzungen erlitten habe, sei ein glücklicher Zufall, so der Richter. Schon am Morgen des Tattags im vergangenen Herbst hatte der Angreifer am Bahnhof in Amberg laut Aussagen öfter den Arm zum Hitlergruß gehoben und mehrmals "Heil" gerufen. Außerdem schilderte ein Zeuge, dass er zu ihm sagte: "Die Zukunft ist Nazi-Deutschland." Danach fuhr er mit dem Zug nach Regensburg und zeigte auch hier häufiger den Hitlergruß, ehe er zur Steinernen Brücke ging.

Täter hatte schon lange ein starkes Drogenproblem

Nach der Tat habe er sich gegenüber Polizisten als "gottgleich" bezeichnet und gesagt, dass er soeben einen Mafiaboss umgebracht und so die Abgabe von Drogen durch ihn an Kinder verhindert habe. All das sei in einem für den Täter in seiner Manie typischen Verhalten passiert, sagte der Richter. Schon in jungen Jahren konsumierte der Mann aus Amberg demnach Alkohol und Drogen. Er brach mehrere Ausbildungen ab. Daneben hat der 29-Jährige mehr als 20 Klinikaufenthalte hinter sich – einschließlich mehrerer Drogenentzüge. Der Täter war bereits früher zu Geldstrafen verurteilt worden – etwa wegen Diebstahls, Körperverletzung und Beleidigung.

In seinem letzten Wort hatte der 29-Jährige laut dem Richter gesagt, dass er nach Kräften an der Therapie mitwirken wolle, um sich eine Perspektive aus dem Maßregelvollzug in nicht allzu ferner Zukunft zu erarbeiten. Zum Prozessauftakt hatte sich der Mann bei seinem Opfer entschuldigt. Der Syrer antwortete über einen Übersetzer, dass er ihm verzeihe und wünschte ihm alles Gute. Er wolle nicht, dass so etwas noch einmal vorkomme. Gleichzeitig gab der 21-Jährige an, immer noch Angst zu haben. Er wolle aus Regensburg weg - zu Verwandten nach Duisburg oder Berlin ziehen. Als Asylbewerber muss er aber zunächst in Regensburg bleiben.

Der Täter ließ über seinen Anwalt erklären, keine Revision gegen das Urteil einlegen zu wollen, auch die Staatsanwaltschaft verzichtet auf Rechtsmittel.

Ein junger Syrer ist im Oktober im vergangenen Jahr von einem 29-jährigen Deutschen von der Steinernen Brücke in Regensburg gestoßen worden. Der Mann fiel mehrere Meter in die Tiefe. Heute fiel das Urteil gegen den Täter. Er kommt in die Psychiatrie.
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Ein junger Syrer ist im Oktober im vergangenen Jahr von einem 29-jährigen Deutschen von der Steinernen Brücke in Regensburg gestoßen worden.

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