Umweltzone in München
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Umweltzone in München

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Neu-Ulm schafft Umweltzone ab - Luftqualität gut genug?

Neu-Ulm löst seine Umweltzone auf. Die Werte für Feinstaub und Stickstoffdioxid liegen laut Stadt mittlerweile deutlich unter den Grenzwerten. Doch die EU plant neue Grenzwerte, mit denen vieles wieder anders werden könnte.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Eigentlich fällt das Häuschen an der Gabelsberger Straße kaum auf – so grau und unscheinbar wirkt es. Doch das Bayerische Landesamt für Umwelt misst an dieser Stelle die Belastung der Luft mit Schadstoffen - und die gemessenen Werte sind entscheidend dafür, welche Fahrzeuge in die Innenstadt fahren dürfen. Seit mehr als 14 Jahren gibt es in Neu-Ulm eine Umweltzone. Doch zum 4. Juni wird sie abgeschafft.

97 Prozent aller Autos haben grüne Umweltplakette

"In den vergangenen Jahren ist die Belastung mit Stickstoffdioxid und Feinstaub gesunken. Sie liegt deutlich unter den zulässigen Grenzwerten und das wird laut Prognose auch in Zukunft so sein", erklärt Wolfgang Miller, Pressesprecher der Regierung von Schwaben. Die wenigen alten Fahrzeuge würden nicht mehr groß ins Gewicht fallen, während immer sauberere Pkws zugelassen werden.

97 Prozent aller Autos haben inzwischen eine grüne Umweltplakette. Deshalb sei es "aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten, freiheitseinschränkende Maßnahmen auch wieder zu beenden", sagt Miller.

Mehrere Umweltzonen in Deutschland abgeschafft

Deutschlandweit sehen es viele Städte ähnlich. Die Zahl der Umweltzonen hat sich in den vergangenen Jahren verringert: von 58 im Jahr 2018 auf mittlerweile 43. Tendenz fallend, denn neben der Doppelstadt Ulm/Neu-Ulm werden in weiteren Kommunen wie Reutlingen oder Tübingen entsprechende Fahrverbote gestrichen.

Eine nicht repräsentative Umfrage in Neu-Ulm zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger beim Thema gespalten sind. Während sich die einen freuen, nun wieder mit einem älteren Diesel oder betagten Wohnmobil nach Neu-Ulm fahren zu dürfen, sind andere enttäuscht, dass die Luftqualität vielleicht nun wieder etwas schlechter werden könnte.

Feinstaub im Griff, Stickoxide bereiten Sorgen

Als 2008 die ersten Umweltzonen in Deutschland eingerichtet wurden, war vor allem der Feinstaub das zentrale Problem. Mit Blick auf die aktuellen Grenzwerte haben die Städte dieses Problem inzwischen im Griff - auch dank Partikelfiltern. Die Sorge gilt derzeit den Stickoxiden, die gerade auch ältere Diesel-Motoren in größeren Mengen ausstoßen.

In München hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Stadt aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, nachdem Grenzwerte an der Landshuter Allee immer wieder überschritten worden waren. Dem Vorschlag des Gerichts, auch Dieselmotoren mit Euro5-Norm auszusperren, folgte der Stadtrat allerdings nicht. Mit Tempo 30 auf einem Abschnitt des Mittleren Rings sollen jetzt die Messwerte sinken.

WHO fordert strengere Grenzwerte

Zuletzt lag der Jahresmittelwert an der Landshuter Allee in München bei 45 Mikrogramm pro Kubikmeter. Der derzeitige EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm. Zum Vergleich: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in ihren Leitlinien höchstens 10 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Aus Sicht der WHO schadet die Luftverschmutzung schon bei geringeren Konzentrationen dem menschlichen Körper deutlich mehr als noch vor einigen Jahren gedacht. Während bei Kindern Atemwegserkrankungen und Asthma entstehen können, kommt es bei Erwachsenen zu Herzproblemen und Schlaganfällen. Laut der europäischen Umweltagentur sterben viele Menschen in der EU vorzeitig, weil sie erhöhten Konzentrationen ausgesetzt sind.

EU will 2030 neue Grenzwerte beschließen

Die Europäische Union beschließt deshalb neue Grenzwerte, die ab 2030 gelten werden. Für Stickstoffdioxid sollen sie um die Hälfte fallen, bei Feinstaub sogar um 60 Prozent. Das Umweltministerium Sachsen-Anhalt hebt die Umweltzonen in Magdeburg und Halle deswegen erst einmal nicht auf, sondern will abwarten - obwohl die momentanen Obergrenzen deutlich eingehalten werden.

In Neu-Ulm sieht man die Abschaffung der Umweltzone unter Vorbehalt. "Ich warne davor, die Luftqualität zu positiv aufzufassen. Es kann sein, dass nach einer Absenkung der Grenzwerte wieder weitere Maßnahmen nötig werden“, sagt Benjamin Nippe, Leiter der Abteilung Umwelt und Verkehr der Stadt Neu-Ulm.

E-Autos lösen Problem nur teilweise

Bis die neuen Grenzwerte verbindlich sind, werden deutlich mehr saubere Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein als heute. Ein Allheilmittel seien aber auch Elektroautos nicht, betont Marcel Langner vom Umweltbundesamt. "Sie setzen bei der Fahrt kein Stickoxid frei, aber durch den Abrieb der Reifen entsteht weiterhin Feinstaub", sagt Langner.

Er hofft auf ein Umdenken der Städte. Sie müssten den öffentlichen Personennahverkehr noch attraktiver machen. Aber auch die Bürger seien gefordert, Strecken häufiger zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen. Statt der Umweltzone brauche es in Zukunft neue Konzepte, um die Luft rein zu halten, findet Langner.

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