Vor dem Café Rosa mitten in Babenhausen stapelt sich das, was das Hochwasser übrig gelassen hat: Teile der Küche, Tische, Stühle, der Holzboden – alles musste raus. Hausbesitzer Alfred Sauter schmeißt mit vielen freiwilligen Helfern zusammen den verschlammten Sperrmüll in die Schaufel eines Radladers. Erst jetzt, wo das Wasser weg ist, wird klar, wie groß die Schäden sind. "Der Keller ist noch voller Wasser und Schlamm. Es ist alles verdreckt", sagt Hausbesitzer Sauter. "Das war mal ein wunderschönes Café."
Die Trümmer einer Existenz
Drinnen steht Café-Betreiberin Alex Trost vor den Trümmern ihrer Existenz. Freunde, Verwandte und auch völlig Unbekannte sind zum Helfen gekommen. Die letzten beiden Tage waren eine emotionale Achterbahnfahrt. "Momentan geht es mir ganz gut", sagt die Café-Betreiberin. "Aber ich hab gestern geheult, heute geheult … Das sind so diese Emotionen. Vorhin waren 15 Personen dagestanden und haben gesagt: 'Jetzt gib uns Anweisungen, was wir machen sollen!' – und ich konnte nichts sagen!"
Das Wasser kam rasend schnell
Wo Samstagfrüh noch Gäste im Café saßen, ist am Sonntagnachmittag schon alles leer. Ein dreckig-brauner Strich an der Wand zeigt: Im Erdgeschoss stand das Wasser 25 Zentimeter hoch. Es ging alles rasend schnell. "Wir haben am Samstagfrüh ganz normal geöffnet", erzählt Alex Trost. "Meine Mitarbeiterin ist gekommen, wir haben alles hergerichtet. Und erst im Laufe des Vormittags ist uns bewusst geworden, dass das eine ganz knappe Nummer wird." Die Café-Betreiberin und ihre Mitarbeiterin haben alles liegen und stehen gelassen. "Wir sind dann grade noch rechtzeitig in die Autos gekommen."
Hausbesitzer Alfred Sauter war selbst vor drei Jahren im Ahrtal als Fluthelfer im Einsatz. Im Urlaub am Lago Maggiore erfuhr er am Samstag, dass jetzt bei ihm daheim in Babenhausen alles unter Wasser steht. Sofort ging es für ihn zurück. "Wenn man sowas wie im Ahrtal schon mal mitbekommen hat und auch Menschen gesehen hat, die da gestorben sind – da schwirrt einem vieles durch den Kopf!"
Leergut im Wert von 50.000 Euro weggeschwemmt
In der Parallelstraße direkt an der Günz räumt Bernd Escher gerade auf. Der Geschäftsmann sitzt im Gabelstapler und fährt palettenweise Getränkekisten aus dem Lager. Sein ganzer Getränkemarkt stand am Samstag unter Wasser. "Das ist alles verschlammt – der Abholmarkt und das Lager", sagt Escher. Im Hof stand Leergut im Wert von 50.000 Euro. Die Flaschen und Kisten wurden alle von der Günz mitgerissen. Das Inventar im Laden ist kaputt, das Geschäft und die Ware sind voller Schlamm, der LKW ist abgesoffen. Der Schaden bei Bernd Escher dürfte in die Hunderttausende gehen.
Dankbar für die Hilfsbereitschaft
"Das tut schon weh, wenn man denkt, wie viele Jahre man da arbeitet und buckelt und dann ist das in kürzester Zeit kaputt", sagt der Getränkemarktbesitzer. Trotzdem ist er auch dankbar: Für die große Hilfsbereitschaft, die es im Ort nun gibt. "Ich habe wahnsinnig tolle Leute bekommen – sogar aus dem Stuttgarter Raum. Das ist irre, wie viele Helfer jetzt da sind! Und alleine wäre das nicht zu stemmen!"
Schäden in Millionenhöhe: "Das geht ans Herz!"
Babenhausen ist vom Hochwasser schwer mitgenommen. Rund ein Drittel des Ortes war überschwemmt. Teilweise stand das Wasser hüfthoch in den Straßen und Häusern. Hunderte Keller sind vollgelaufen. Vom großen Industriebetrieb über die Geschäfte und Privathäuser bis zum Kindergarten, dem Feuerwehrhaus, der Kläranlage und der einzigen Arztpraxis im Ort – es hat viele getroffen.
Wie hoch die Schäden in der Unterallgäuer Gemeinde sind, kann Bürgermeister Otto Göppel noch nicht sagen. Es werden aber sicher viele Millionen sein. "Da sind auch einige dabei, die neu gebaut haben und jetzt wieder vor dem Nichts stehen. Das geht schon ans Herz!" Doch bei all den schlechten Nachrichten gibt es auch eine gute. „Gott sei Dank haben wir keine Personenschäden!“, sagt der Bürgermeister.
Helfer kommen von überall her
Überwältigt zeigen sich viele Betroffene von der großen Hilfsbereitschaft, die weit über den Ort hinausgeht. "Wir wissen nicht, was wir gemacht hätten, wenn nicht so viele Helfer gekommen wären, die wir zum Teil nicht mal kennen", sagt Hausbesitzer Alfred Sauter vor dem Café Rosa. Wie es mit dem Café weitergeht, ist ungewiss – wie bei vielen Geschäften und Betrieben in Babenhausen. Trotzdem: Aufgeben wollen die meisten Menschen hier nicht. Sie packen an und räumen auf, was das Wasser an Verwüstung hinterlassen hat.
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