Kein privater Investor, sondern der Landkreis Hof plant und finanziert über das Lohbachtal und das Höllental im Frankenwald die weltweit längsten Fußgänger-Hängebrücken. Doch die Berechnung von möglichen Verlusten oder Gewinnen dieses umstrittenen Projekts wollte CSU-Landrat Oliver Bär eigentlich hinter verschlossenen Türen vorlegen. Erst auf Druck der SPD kam der Tagesordnungspunkt doch noch in die öffentliche Kreistagssitzung am Freitag.
Kalkulierter Eintrittspreis könnte bei knapp 19 Euro liegen
Das Fazit der Berechnungen eines Wirtschaftsprüferbüros: Die Frankenwald-Brücken könnten ohne finanzielle Verluste betrieben werden. Und zwar, wenn man einen Eintrittspreis von mindestens 18,80 Euro pro Person veranschlagt. Dabei geht man von jeweils 300.000 Besucherinnen und Besuchern in den ersten beiden Jahren aus. Danach wird mit 150.000 Menschen kalkuliert, die jährlich den Nervenkitzel suchen und den Gang über die beiden schwankenden Brücken wagen: 387 Meter übers Lohbachtal und dann 1.030 Meter übers Höllental. Die bislang längste Hängebrücke Deutschlands im hessischen Willingen misst 665 Meter.
Brücken sollen nach zwei Jahren Bauzeit 2027 eröffnen
Grundvoraussetzung für diese Berechnung ist, dass der Freistaat einen Zuschuss von 70 Prozent für die Baukosten zahlt. Die Kostenschätzung von 41 Millionen Euro stammt von Ende 2022 – die Stahlpreise, die man damals einkalkuliert haben, seien inzwischen aber wieder deutlich gesunken, hieß es in der Kreistagssitzung. Ziel sei es, 2025 mit dem Bau zu starten, 2027 ist die Eröffnung angedacht.
Doch noch laufen die Planungen: Ob die Brücken tatsächlich gebaut werden, soll der Kreistag voraussichtlich im Lauf des nächsten Jahres endgültig entscheiden. Vor diesem Beschluss werde man auch eine aktualisierte Kostenschätzung vorlegen, betonte Landrat Oliver Bär und erklärte: "Ein wesentliches Thema ist natürlich auch die Förderhöhe durch den Freistaat." Und da haben die Kritiker des Projekts erhebliche Zweifel, dass es bei den 70 Prozent bleibt. Denn diese Zusage der bayerischen Staatsregierung stammt aus dem Jahr 2016 – und da ging man von zwölf Millionen Euro für das ambitionierte Projekt aus.
"Architektonisches Highlight" soll Touristen anlocken
Und: Ein entscheidendes Kriterium für den Zuschuss ist die Barrierefreiheit der Projekte. Das sei aber bei der Höllentalbrücken aufgrund der Länge nicht vollständig möglich, räumte die Planerin des Landkreises ein – zeigte sich aber trotzdem zuversichtlich, dass die Fördermittel fließen könnten. Denn: Öffentliche Gebäude müssten zwar barrierefrei sein, aber nicht zu 100 Prozent, so die Planerin.
Sprecher der CSU-Fraktion im Hofer Kreistag bezeichneten die Brücken als "architektonisches Highlight", als wichtigen Baustein für die weitere touristische Entwicklung im Frankenwald. Mit dem Nervenkitzel-Projekt bekomme man eine gute Ergänzung zu dem bestehenden Angebot, zu dem das Deutsch-Deutsche Museum in Mödlareuth, die Spielbank oder die Therme in Bad Steben gehören. Gastronomen und Investoren von Ferienwohnungen und anderen touristischen Projekten – wie etwa einem gerade eröffneten Escape-Haus – "lechzen nach diesem Projekt", so ein CSU-Kreisrat.
Brücken droht kurzzeitige Schließung in Sommer und Winter
Wesentlich kritischer stehen die Grünen und Teile der SPD den Brücken gegenüber. Sie monierten, dass damit Massentourismus in das Höllental gezogen werde, das als sogenanntes FFH-Gebiet von der EU als besonders schützenswert eingestuft wird. Die Brücken könnten im Winter bei Eis und Schnee nicht genutzt werden und müssten, teilweise auch im Sommer wegen Waldbrandgefahr, geschlossen werden.
Grünen fordern Ende der Planungen
Deshalb würden sich die jährlichen Besucherzahlen – die laut den Prognosen zwischen 150.000 und 400.000 Menschen liegen könnten – auf einen begrenzten Zeitraum konzentrieren. Dann würden an manchen Tagen zwischen 5.000 und 8.000 Menschen auf den Brücken unterwegs sein. Da würde das vorgesehene Personal von zwei bis drei Rangern nicht ausreichen, so die Bedenken von SPD und Grünen. Außerdem verwiesen sie auf die bislang schon angefallenen Planungskosten von 2,5 Millionen Euro. Das Brücken-Projekt sollte auf Eis gelegt werden, so die Grünen – stattdessen solle die Kreisverwaltung Projekte für sanften Tourismus planen und sich mit einer Machbarkeitsstudie für ein "Biosphärenreservat Frankenwald" beschäftigen.
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