München ist, was Geothermie angeht, eine Klasse für sich in Deutschland und in Europa. Die Anlage, für die jetzt ein kleiner Teil der Liegewiese am Michaelibad weichen muss, ist schon die siebte der Stadtwerke München (SWM). Und: Es ist die größte in ganz Europa – nur Island hat noch eine größere Anlage.
- Zum Hintergrund: Geothermie - Energie aus der Tiefe der Erde
Bayern könnte 40 Prozent seiner Wärme aus der Tiefe holen
München habe eine Pionierrolle eingenommen, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beim Spatenstich in München am Montag. "Wir sind da in Deutschland, wie bei so vielen Sachen, spät dran. Aber dieses Projekt zeigt, wie schnell es vorangehen kann, wenn man es jetzt will." Vorbildlich, findet Habeck.
Die Geothermie kann laut Habeck eine sehr wichtige Rolle bei der Wärmewende spielen. 25 Prozent des Wärmebedarfs der Haushalte in Deutschland könnte gedeckt werden, wenn das Potenzial der Technologie ausgeschöpft wird. Für Bayern liegt das Potenzial wegen der vorteilhaften Geologie sogar bei 40 Prozent. Im Molassebecken des Alpenvorlands findet sich großflächig Thermalwasser in der richtigen Tiefe und mit den passenden Temperaturen.
Langwierige Planung und Genehmigung
Insgesamt dauern Planung und Bau der Geothermieanlage am Michaelibad zwölf Jahre. 2033 soll sie dann Fernwärme für rund 75.000 Menschen liefern. "Das Bauen nachher geht relativ schnell, nur die Vorarbeiten sind das große Manko, das die Sache in die Länge zieht", sagt Karin Thelen von den Münchner Stadtwerken.
Habecks Bundeswirtschaftsministerium hat deshalb jetzt ein Geothermiegesetz in den Bundestag eingebracht. Es soll die verschiedenen Verfahren - unter anderem im Berg- und Wasserrecht - bündeln. Die Genehmigungsgeschwindigkeit soll damit verfünffacht werden, hat Habeck als Ziel ausgegeben.
Teure Investitionen, aber keine Brennstoffkosten
Und dann ist da das Thema Geld: Zwar entstehen keine Brennstoffkosten mehr, wenn die Infrastruktur fertig ist, so dass sich die Investitionen langfristig lohnen. Zunächst aber sind Geothermiebohrungen und vor allem Fernwärmeleitungen teuer. Und so liegt es neben der vorteilhaften Geologie auch an der hohen Finanzkraft Münchens und seiner Umlandgemeinden, dass hier die Geothermie so stark genutzt wird. München plant bis 2040 mindestens zwei Drittel seiner Fernwärme aus der Erde zu gewinnen.
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) betont, dafür seien zehn Milliarden Euro erforderlich, das sei für die Kommune allein nicht schulterbar: "Und deswegen braucht es neben der moralischen Unterstützung aus der Bundesregierung vor allem auch Geld. Und zwar nachhaltig und planbar."
Bund gibt Förderung, aber Ausweitung ist schwierig
Das grüne Bundeswirtschaftsministerium fördert erneuerbare Fernwärmenetze mit 40 Prozent, auch die Anlage am Michaelibad hat bereits ihren Zuwendungsbescheid. Über 1.800 Anträge wurden seit 2022 bewilligt, es fließen mehr als 1,7 Milliarden Euro.
"Aber es könnte natürlich immer mehr sein", sagt Habeck: "Dieses Mehr muss dann mal politisch besprochen und verhandelt werden." Da stehen für Habeck angesichts der Schuldenbremse einmal mehr Konflikte mit dem Bundesfinanzminister von der FDP an.
Staatsregierung sieht allein den Bund in der Pflicht
Der Freistaat Bayern sieht bei der Förderung der Geothermie allein den Bund in der Pflicht. "Wir dürfen wegen des Kumulierungsverbotes bei Tiefengeothermieprojekten gar nicht fördern", sagte Bayerns Energieminister Hubert Aiwanger (FW) im Juli. Zuvor hatte eine Landtagsanfrage der Grünen ergeben, dass der Freistaat in den vergangenen sechs Jahren weniger als eine Million Euro für Geothermie ausgegeben hat.
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