Strommasten stehen auf einem Feld in der Nähe von Industrieanlagen bei Köln.
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Neue Stromtrassen: Lokalpolitiker überrascht und verärgert

Neue Stromtrassen: Lokalpolitiker überrascht und verärgert

Zwischen Thüringen und Unterfranken soll eine weitere Hochspannungsleitung entstehen. Das teilte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger überraschend mit. Die Nachricht sorgt für Verärgerung bei betroffenen Bürgermeistern und Landräten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Am Donnerstag gab der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die neuen Planungen der Bundesnetzagentur bekannt. Vor allem die neue geplante Hochspannungsleitung P540 zwischen Thüringen und Unterfranken sorgt für heftige Reaktionen. Der Landrat von Rhön-Grabfeld, Thomas Habermann (CSU) gab zu, von der Ankündigung Aiwangers überrumpelt worden zu sein.

Auch der Coburger Landrat Sebastian Straubel (CSU) zeigte sich überrascht. Wie jetzt bekannt wurde, würde die neue Hochspannungsleitung P540 zwischen dem thüringischen Schalkau und Grafenrheinfeld in Unterfranken auch durch den Landkreis Coburg verlaufen. Bad Kissingens Landrat Thomas Bold (CSU) sprach von einer extremen Belastung für Mensch und Natur. Auch zahlreiche Bürgermeister der betroffenen Orte entlang der Trasse zeigten sich irritiert und äußerten sich kritisch zu den Plänen.

Bad Kissinger Landrat äußert seine Bestürzung

Landrat Thomas Bold (CSU) zeigte sich in einer Stellungnahme am Freitag von Aiwangers Ankündigung "sehr überrascht, um nicht zu sagen, ziemlich bestürzt. Ich wusste im Vorfeld weder, wie die neuen Pläne der Bundesnetzagentur aussehen, noch, dass sie in dieser Woche verkündet werden sollen." Sprachlos mache ihn, dass sein Landkreis maximal betroffen sei von der Entscheidung. Nach aktuellem Stand werden künftig sechs Stromleitungen durch den Landkreis Bad Kissingen verlaufen: SuedLink 3 und 4, NordWestLink (DC41) und SuedWestLink (DC42) - alle Gleichstrom-Vorhaben als Erdkabel. Als Wechselstrom-Freileitungen sind das neue Vorhaben P540 und die Fulda-Main-Leitung (P43) geplant.

"Sechs Trassen, die unsere Region durschneiden – und durch manche Gemeinden wie Zeitlofs und Wartmannsroth verlaufen sogar mehrere Leitungen parallel." Diese Gemeinden würden in ihrer weiteren Entwicklung deutlich eingeschränkt, so Bold. Zudem werde es große Eingriffe in zum Teil private Waldgebiete geben.

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Übersicht zum Projekt P540 (Leitungsverlauf steht noch nicht fest) - vormals P44 über Thüringen und den Lkr. Bad Kissingen nach Grafenrheinfeld.

Weitere Stromtrasse "nur schwer zu vermitteln"

Dass für die Energiewende neue Stromleitungen verlegt werden müssen, sei dem Landrat vollkommen klar. "Wichtig aber ist, dass die Lasten gleichmäßig verteilt werden. Und das sehe ich aktuell nicht." Es sei der Bevölkerung schwer vermittelbar, dass der Landkreis nun sogar von einer zusätzlichen Leitung betroffen sei, die vorher gar nicht geplant gewesen wäre. "Wir müssen alles dafür tun, um das Ganze für Natur und Bevölkerung verträglich gestalten."

Im Gegenüber BR24 forderte Bold deshalb vom Bund - sollten die Trassen gebaut werden - eine finanzielle Kompensation für die betroffenen Kommunen und Waldbesitzer. "Ob eine Art Leitungsentgelt oder eine Beteiligung an der Gewerbesteuer... wie auch immer! Es kann nicht sein, dass man in der weiteren Entwicklung eingeschränkt wird und das in keinster Weise kompensiert wird."

Kritik aus Coburg: "Wurden vor vollendete Tatsachen gestellt"

Verwundert zeigte man sich auch in Oberfranken über die Pläne für eine neue Stromtrasse zwischen Thüringen und Unterfranken, die überraschenderweise auch durch das Coburger Land verlaufen würde. Coburgs Landrat Sebastian Straubel (CSU) habe sich unmittelbar nach Bekanntwerden der Pläne mit den möglicherweise vom Trassenbau betroffenen Bürgermeistern in Verbindung gesetzt, heißt es in einer Mitteilung des Landratsamts.

Man sei verwundert darüber, dass man trotz langjähriger intensiver Befassung mit dem Netzentwicklungsplan nun vom Wirtschaftsministerium und der Bundesnetzagentur ohne jede Rücksprache vor vollendete Tatsachen gestellt werden solle. Bei allem Verständnis für die Herausforderungen der Energiewende halte sich deshalb die Begeisterung für die neue Hochspannungsleitung P540 im Landkreis Coburg sehr in Grenzen, heißt es in der Mitteilung.

Die offizielle bundesweite Planung der Netzbetreiber sei völlig anders als das, was das bayerische Wirtschaftsministerium zuletzt kommuniziert habe. Deshalb werde das Landratsamt Coburg schnellstmöglich das Gespräch sowohl mit dem Wirtschaftsministerium, als auch mit der Bundesnetzagentur und dem Netzbetreiber TenneT suchen. Es bestehe Gesprächsbedarf über die Notwendigkeit der jetzt neu vorgestellten Stromtrasse zwischen Schalkau in Thüringen und Grafenrheinfeld in Unterfranken.

Landrat Straubel wolle sich zuvor mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten und den betroffenen Bürgermeistern über das weitere Vorgehen abstimmen, heißt es in der Mitteilung.

Rhön-Grabfeld-Landrat: "Wohl keine vernünftige Planung"

Der Landrat von Rhön-Grabfeld Thomas Habermann (CSU) zeigte sich ebenso überrumpelt von der Ankündigung Aiwangers. "Wir haben gestern um 14 Uhr davon erfahren. Die betroffenen Landräte (...) sind vorher in keiner Weise eingebunden gewesen", sagte er gegenüber BR24. Habermann zeigte Verständnis für die Planung: "Wir brauchen Strom für unsere Industrie und dazu braucht man auch Leitungen, das ist überhaupt keine Frage. Und deshalb begrüße ich grundsätzlich, dass möglichst schnell die notwendigen Übertragungsleitungen gebaut werden."

Habermann vermutet aber, dass es von Anfang an "keine vernünftige, abgestimmte, langfristige Planung" gegeben habe. "Das kommt mir alles ein bisschen hauruckmäßig vor." Auch er kündigte an, sich mit den betroffenen Bürgermeistern seines Landkreises abstimmen zu wollen.

Münnerstadts Bürgermeister spricht von unglücklicher Kommunikation

Auch Michael Kastl (CSU) zeigte sich überrascht von Aiwangers Ankündigung. Im Gespräch mit BR24 erklärte der Bürgermeister von Münnerstadt im Landkreis Bad Kissingen, er verspüre eine gewisse Verärgerung darüber, dass er selbst erst aus der Presse erfahren habe, dass offenbar eine neue Stromleitung durch den Landkreis Bad Kissingen und durch Münnerstadt führe. Zum einen sei die Stadt Münnerstadt mit seinen 7.600 Einwohnern durch die Fulda-Main-Leitung P43 ohnehin schon von Nord nach Süd durchschnitten, jetzt käme mit P540 eine weitere Zerschneidung von Ost nach West dazu.

Begründet werde die neue Wechselstrom-Freileitung damit, dass sie ans Umspannwerk in Münnerstadt angeschlossen werden solle. Im Umfeld sei mit dem "Windhäuser Forst" aber der größte und leistungsstärkste Windparks Bayerns geplant. Kastl befürchtet, dass das Windparkprojekt nun durch die neue Stromtrasse in Misskredit geraten könnte. "Solch ein Projekt wie der Windpark läuft ohne Widerstand ab, da wir die Bürger immer mit einbinden. Und jetzt kommt so ein Paukenschlag, aus dem Nichts!"

Kastl betont, der Windpark habe nichts mit den Plänen der Bundesnetzagentur zu tun und sei auch unabhängig vom geplanten Umspannwerk.

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