Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will mit den Ländern über eine Reform der Netzentgelte für Strom sprechen. Er sei einigermaßen hoffnungsvoll, dass "man das in Angriff nehmen kann", sagte Habeck am Donnerstag in der Staatskanzlei in Potsdam.
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Habeck will Reform der Netzentgelte
Dort traf er den brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) zu politischen Gesprächen. Es sei "ökonomisch unsinnig und gesellschaftlich auch nicht richtig", dass die Strompreise in den Regionen höher seien, die viel erneuerbare Energien produzierten. "Deswegen werden wir - hoffentlich in einem guten Miteinander - mit allen Bundesländern über eine Reform der Netzentgelte reden müssen."
Woidke: Höhere Kosten in Brandenburg als etwa in Bayern nicht mehr hinnehmen
Ministerpräsident Woidke will höhere Stromkosten in Brandenburg als etwa in Bayern nicht mehr hinnehmen. "Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Bundesländer mit dem höchsten Ausbaustand erneuerbarer Energien dafür bestraft werden mit den höchsten Strompreisen", sagte Woidke am Donnerstag. "Das ist ein klassischer Fehlanreiz."
Brandenburg und weitere norddeutsche Flächenländer fordern seit längerem, dass die durch die Energiewende notwendigen Netzausbaukosten gerechter verteilt werden. Sechs Bundesländer, darunter Bayern und Baden-Württemberg, wehren sich aber gegen höhere Strompreise wegen eines geringeren Windkraftausbaus. "Die Frage ist, wie schaffen wir da Gerechtigkeit", sagte Habeck in Potsdam. "Diese Fragen werden wir jetzt versuchen, gemeinsam zu klären."
Worum es bei den Netzentgelten geht
Die "Netzentgelte" sind Gebühren, die die Netzbetreiber den Energieanbietern in Rechnung stellen - für die Durchleitung von Strom. Das Problem dabei: In den vergangenen Jahren kam der Netzausbau nicht so schnell voran wie der Ausbau der Erneuerbaren. Die Netzbetreiber mussten vielerorts selbst eingreifen, um einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten - und das ging ins Geld. Außerdem sind die Netzentgelte abhängig davon, wie dicht eine Region besiedelt ist (je mehr Einwohner bezogen auf die Fläche, desto günstiger) und wie viele Industrie-Abnehmer es gibt.
Allerdings: Mit dem "Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur", beschlossen im Jahr 2017, wurden die Netzentgelte schrittweise vereinheitlicht. Seit dem 1. Januar 2023 sind sie überall in Deutschland gleich hoch.
Nordländer kritisieren "energiepolitischen Irrweg" Bayerns
Ende des vergangenen Jahres hatte die Debatte deshalb an Fahrt aufgenommen. Die norddeutschen Flächenländer hatten eine Aufteilung Deutschlands in unterschiedliche Strompreiszonen zulasten Süddeutschlands gefordert. Damals hatte der Energiewendeminister Schleswig-Holsteins, Tobias Goldschmidt (Grüne), einen Seitenhieb gegen Bayern gesetzt.
Nach seinen Worten wäre eine Aufteilung in verschiedene Preiszonen nur die "logische Konsequenz des energiepolitischen Irrweges" bayerischer Staatsregierungen. Goldschmidt hatte betont, dass Bayern den Ausbau von Stromnetzen und Windkraft "sabotiert" habe - "mehr als 15 Jahre lang". Deshalb sei es den "Menschen im Norden schlicht nicht mehr zu vermitteln, warum sie die Zeche dafür zahlen müssen".
Söder polterte bereits gegen Reform der Netzentgelte
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte die Debatte als "absurd" betitelt und mit einer Aufkündigung des Länderfinanzausgleichs gedroht, sollte eine derartige Reform kommen. Die norddeutschen Haushalte würden überwiegend mit bayerischem Geld finanziert, so Söder damals. "Ich finde, man sollte jetzt hier nicht versuchen, Nord gegen Süd auszuspielen und derjenige, der anderen zu viel Unterstützung gibt, wie die Bayern, den dann anzugreifen. Das ist schon sehr unfair."
Söder sagte, er sei bereit, über Energiepreise zu reden, wenn denn der Länderfinanzausgleich abgeschafft würde und bezeichnete eine Aufteilung der Strompreiszonen als das Ende einer einheitlichen Wirtschaftsordnung in Deutschland. Wer das mache, gefährde den kompletten Zusammenhalt, denn "das bedeutet nämlich umgekehrt, dass Baden-Württemberg und Bayern sich dann davon abkoppeln müssen und auch den Strom aus dem Norden nicht mehr beziehen."
Bayern würde sich beim Strom dann an Österreich und Tschechien orientieren und ihn von dort beziehen. Dorthin hat Bayern mittlerweile seine Fühler ausgestreckt.
Im Video: Trassen-Ausbau in Bayern hinkt hinterher
Mit Informationen von dpa
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