Sie wollten schlüsselfertige Wohnungen in einem alten Bauernhaus kaufen. Dann ging der Bauträger pleite. Jetzt packen die Familien selbst an.
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Sie wollten schlüsselfertige Wohnungen in einem alten Bauernhaus kaufen. Dann ging der Bauträger pleite. Jetzt packen die Familien selbst an.

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Traum und Albtraum: Die Bauernhausretter von Nürnberg

Eigentlich wollten vier Familien schlüsselfertige Wohnungen in einem alten Bauernhaus in Nürnberg kaufen. Doch dann ging der Bauträger pleite. Ein Schock. Nun packen die Bau-Laien selbst an, um ihr Bauernhaus zu retten.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

Ein Gerüst und eine Dachkonstruktion aus Folie: darunter versteckt sich ein Fachwerk-Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert. Vier Stockwerke hoch und gerade in ziemlich schlechtem Zustand. Die Dachziegel fehlen, ebenso die Fenster und so manche Mauer. Doch das soll nicht so bleiben. Denn im Nürnberger Stadtteil Gaismannshof sind die Bauernhausretter am Werk, wie eigentlich immer in ihrer Freizeit.

Bettina Chorbacher ist mit ihrem zwei Wochen alten Baby und ihrem dreijährigen Sohn auf der Baustelle. Für sie war das Haus Liebe auf den ersten Blick. "Es war etwas Besonderes, nichts von der Stange, ein wunderschönes Fachwerkhaus, das - wenn man es saniert - ein Goldstück ist", schwärmt sie. 2020 haben die Chorbachers und drei andere Familien die vier Wohnungen, die in dem Haus entstehen sollten, von einem Bauträger gekauft. Schlüsselfertig wollten sie sie übernehmen. Doch dann ging der Bauträger pleite, ein Schock für die vier Familien.

Schätze im Dreck

Sie verhandeln mit dem Insolvenzverwalter und können ihre Wohnungen aus der Insolvenzmasse lösen. "Dann ging es los mit den Hiobsbotschaften", erinnert sich Bettina Chorbacher. Denn alles, was der Bauträger schon am Haus gebaut hatte, sei Pfusch gewesen. Die Statiker hätten Alarm geschlagen, ebenso der Denkmalschutz. Alles musste wieder raus. Auch das fertig gedeckte Dach decken die Familien wieder ab. Sie reißen Trockenbauwände raus und meißeln falschen Innenputz von den Sandsteinen.

Im Obergeschoss wühlt sich Tobias Schlund durch den Dreck, der mal die Dämmung zwischen Fußboden und Erdgeschossdecke war. Er zieht alte Maggi-Flaschen, Milchdosen aus den 1950er Jahren, Scherben, Besteck und alte Filmrollen unter den Brettern vor. Alles müssen sie trennen, bevor sie es entsorgen können. "Das ist auch total spannend, was ich hier so finde", berichtet er. Dass sie nun viel selbst machten, hinterließe auch ein gutes Gefühl, erzählt Jonas Chorbacher, der die Arbeit auf der Baustelle auch als Ausgleich zu seinem Bürojob sieht. Nun wisse man, dass dann keine bösen Überraschungen mehr hinter irgendwelchen Ecken lauern würden.

Sanierung wird teurer als geplant

All ihre Freizeit verbringen sie nun auf der Baustelle. Sie versuchen so viel selbst zu machen, wie möglich. Denn sie haben durch die Insolvenz des Bauträgers Geld verloren. Nun beschäftigen sie einen neuen Architekten und neue Handwerker. Und so wird der Umbau wohl eine Million Euro teurer als geplant. Dabei hoffen sie aber noch auf die ein oder andere Förderung von Denkmalschutzstellen. Aufgeben wollen sie nicht.

Das gemeinsam Durchgemachte habe sie zusammengeschweißt und Freunde werden lassen, berichten die Bauernhausretter. Und Bettina Chorbacher träumt schon davon, dass alle bald zusammen im Garten sitzen, mit Blick auf die Felder und die Silhouette von Nürnberg. Wenn nun endlich alles gut geht, wollen sie 2026 einziehen.

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