Auf Bitten der FDP im Europaparlament will sich die EU-Kommission die Vergabepraxis für den Bau des Nürnberger Zukunftsmuseums genauer anschauen. "Die Kommission wird die deutschen Behörden kontaktieren, um einen besseren Einblick in den vorliegenden Fall zu gewinnen", heißt es in einem Antwortschreiben von EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton an den aus Nordrhein-Westfalen stammenden EU-Parlamentarier Moritz Körner (FDP). Sowohl die Fragen als auch das Antwortschreiben liegen der Deutschen Presse-Agentur in München vor.
Zukunftsmuseum: EU-Parlamentarier sieht Hinweis auf "Bestellbau"
Körner hatte in seinem Schreiben die EU-Kommission darauf hingewiesen, dass es bei der Vergabe des Auftrags für den Bau des Nürnberger Zukunftsmuseums "starke Anhaltspunkte" für einen sogenannten Bestellbau gebe - darunter wird ein Projekt verstanden, bei dem der Käufer, Mieter oder Nutzer bis ins Detail vorgibt, was der Immobilienbauherr umzusetzen hat.
Körner stützte wiederum seinen Hinweis auf die Aussage eines Gutachters. Der EU-Parlamentarier führte aus, dass laut Gutachter die Kommission ein Verfahren einleiten müsse, um zu klären, ob es sich in dem Fall um einen Verstoß gegen das EU-Vergaberecht in Sachen Ausschreibung und EU-Beihilfen handele, ob ein Bestellbau also EU-weit hätte ausgeschrieben werden müssen.
Breton betonte in seiner kurzen Antwort, der Kommission seien der Sachverhalt und die Debatten bekannt, die im Bayerischen Landtag zu einem einzelnen Ausschreibungsverfahren für das Zukunftsmuseum geführt wurden. Es lägen "der Kommission jedoch keine genaueren Informationen zu diesem Fall vor". Zugleich verweist Breton darauf, dass derartige Fälle ohne hinreichende Anhaltspunkte auf einen systematischen Verstoß gegen EU-Recht auf nationaler Ebene oftmals zufriedenstellender geregelt werden könnten.
FDP: EU-Kommission soll "Klarheit reinbringen"
Der Forchheimer FDP-Landtagsabgeordnete Sebastian Körber begrüßte auf BR-Anfrage, dass die EU-Kommission der Sache nun nachgehe und sich Unterlagen schicken lasse. Körber war Mitglied im Untersuchungsausschuss Zukunftsmuseum. Er räumte gegenüber dem BR ein, die Anfrage über seinen Parteikollegen Körner selbst ausgelöst zu haben.
Die Frage nach einem möglichen Verstoß gegen das europäische Bauvergaberecht sei im Untersuchungsausschuss unzureichend behandelt worden, erklärte Körber. Das im Ausschuss vom Münchener Professor Martin Burgi vorgelegte Gutachten, gehe in seiner Bewertung von der Annahme aus, es habe nur ein Grundstück für das Museum zur Verfügung gestanden. Nach Körbers Angaben ist diese Annahme aber nicht korrekt. Es sei daher gut, dass die EU-Kommission versuche, "Klarheit reinzubringen".
CSU: Liberale wollen "die EU reinziehen"
Der für Europapolitik zuständige CSU-Bundestagsabgeordnete Tobias Winkler aus dem Kreis Fürth kritisierte den Vorstoß der FDP auf Anfrage des BR: Es habe im Landtag einen Untersuchungsausschuss gegeben, der sich ausführlich mit dem Zukunftsmuseum befasst habe. Weil für die Liberalen nicht das gewünschte Ergebnis herausgekommen sei, versuchten sie nun, "die EU reinzuziehen", so Winkler.
Das halte er für bedenklich, da hier die EU instrumentalisiert werde. Nach Auffassung des CSU-Politikers hat EU-Kommissar Breton zu erkennen gegeben, dass dieser nur Anlass für ein EU-Prüfverfahren sehe, wenn es Anhaltspunkte für einen systematischen Verstoß gegen EU-Recht gebe. Die Annahme systematischer Verstöße hält Winkler jedoch für abwegig.
Untersuchungsausschuss ohne justiziable Erkenntnisse
Um den Bau des Nürnberger Zukunftsmuseums wird seit Jahren zwischen der Regierung und der Opposition im Landtag gestritten. SPD, Grüne und insbesondere die FDP monierten unter anderem die hohen Mietkosten für die Immobilie und hatten vermutet, dass der Vermieter der Immobilie, der Nürnberger Unternehmer Gerd Schmelzer, über CSU-Parteispenden Einfluss auf die Vergabe genommen hatte. Auch die Rolle von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war dabei von der Opposition angegriffen worden. Ein Untersuchungsausschuss hatte aber keinerlei justiziable Erkenntnisse zu Tage gebracht.
Mit Informationen von dpa
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