09.12.21: Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, spricht im Landtag während einer Plenarsitzung.
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09.12.21: Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, spricht im Landtag während einer Plenarsitzung.

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"Nur teurer"? FDP will Volksbegehren gegen "XXL-Landtag"

Der nächste Landtag könnte weit über 200 Abgeordnete umfassen - wegen des komplizierten Wahlrechts mit seinen Ausgleichsmandaten. Bayerns FDP will jetzt ein Volksbegehren für eine Wahlrechtsreform, allerdings mit Blick auf die übernächste Wahl.

Die bayerische FDP liebäugelt schon länger damit, ein Volksbegehren gegen einen "XXL-Landtag" zu starten. Jetzt ist es so weit: Der Landesvorstand hat am Wochenende beschlossen, die Pläne in die Tat umzusetzen. Konkretes Ziel: Eine Verfassungsänderung soll die Sollgröße des Parlaments in Bayern von derzeit 180 auf 160 Abgeordnete senken.

Verschiedenen Berechnungen zufolge könnte der nächste Landtag noch größer werden als bisher mit 205 Abgeordneten. Der Landeswahlleiter spricht von bis zu 220 Parlamentariern, ein Rechenbeispiel der FDP geht sogar von bis zu 236 aus. Die genauen Hintergründe sind kompliziert, es geht um Wahlkreiszuschnitte, Überhang- und Ausgleichsmandate.

Hagen: "Nicht besser, sondern nur teurer"

"Mehr Abgeordnete machen den politischen Betrieb nicht besser, sondern nur teurer", sagt Martin Hagen, Landes- und Fraktionschef der Liberalen. Das sei in einer Zeit, in der viele Menschen den Gürtel enger schnallen müssen, nicht vermittelbar. "Wir meinen: Die Politik muss auch bei sich selber sparen." Kämen nach der Landtagswahl 220 Abgeordnete ins Parlament, wären das laut Hagen insgesamt mindestens 56 Millionen Euro mehr als bei der Soll-Größe.

Im ersten Schritt braucht es mindestens 25.000 Unterschriften, damit ein mögliches Volksbegehren gegen einen "XXL-Landtag" vom bayerischen Innenministerium auf Zulässigkeit geprüft wird. Nach der Sommerpause will die FDP laut Hagen anfangen. Der Bund der Steuerzahler mit seinen rund 40.000 Mitgliedern und Unterstützern in Bayern sammelt schon jetzt Unterschriften - und könnte, so die FDP-Hoffnung, auch viele CSU-Anhänger mobilisieren. Gespräche mit der ÖDP laufen laut Hagen ebenfalls.

Volksbegehren zielt erst auf Landtagswahl 2028

Die Liberalen gehen auch davon aus, mit dem Einsatz gegen einen "XXL-Landtag" kommendes Jahr im bayerischen Landtagswahlkampf punkten zu können. Argument: Viele Menschen wollten traditionell einen "schlanken Staat" - auch über das eigene FDP-Klientel hinaus. Allerdings würde ein erfolgreiches Volksbegehren erst für die übernächste Wahl gelten, voraussichtlich 2028. Der Zug für die kommende Legislatur sei leider abgefahren, sagt Hagen.

Sollten die 25.000 Unterschriften zusammenkommen, könnte das eigentliche Volksbegehren starten. Dann müssten sich innerhalb von zwei Wochen mindestens zehn Prozent der bayerischen Stimmberechtigten in offizielle Listen eintragen, zum Beispiel im örtlichen Rathaus. Gelingt das auch, geht es weiter: Sofern der Landtag den Gesetzentwurf des Volksbegehrens dann nicht annimmt, käme es zum Volksentscheid.

"Populistisch"? Im Landtag keine Mehrheit für FDP-Pläne

Eine parlamentarische Mehrheit für ihre Ziele haben die Liberalen nicht in Sicht - auch deshalb jetzt der Plan mit dem Volksbegehren. Im Landtag sind sowohl CSU als auch Freie Wähler gegen den Ansatz der FDP, die Zahl der Stimmkreise zu reduzieren. "Weniger Stimmkreise bedeutet auch automatisch größere Stimmkreise", sagt Tobias Reiß, parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Fraktion, auf BR24-Anfrage. "Je größer ein Stimmkreis wird, desto schwieriger wird es, allen Bürgerinnen und Bürgern gerecht zu werden." Bayern sei in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen, die Zahl der Abgeordneten habe sich dagegen verkleinert.

Bei den Grünen schimmert ebenfalls mindestens Skepsis durch: "Für uns stellt die Größe des Landtags kein Problem dar", sagte der Grünen-Abgeordnete Toni Schuberl bei einer Landtagsdebatte Mitte Mai. "Populistisch von einem 'XXL-Landtag' zu reden, lehnen wir ab." Schuberl verwies darauf, dass die Soll-Größe von 180 Abgeordneten erst nachträglich in die Verfassung gekommen sei. "Man muss auch bedenken, dass sich die Zahl der Wahlberechtigten seit 1946 verdoppelt hat - und der Landtag trotzdem annähernd gleich groß geblieben ist."

Stimmkreisreform: Neuer FDP-Anlauf im Landtag

An diesem Donnerstag haben die Liberalen einen weiteren Anlauf im Landtag unternommen: Mit einem Antrag sollte die Staatsregierung aufgefordert werden, "Vorschläge für eine umfassende Stimmkreisreform" zu machen. "Ziel soll es dabei sein, die verfassungsrechtlich vorgegebene Zahl der Sitze im Landtag von 180 nicht oder nur unerheblich zu überschreiten."

Eine Mehrheit für den Antrag gab es nicht - nur FDP und AfD stimmten letztlich dafür. Dagegen waren CSU, Freie Wähler und Grüne - die SPD-Abgeordneten enthielten sich.

Laut Umfrage 72 Prozent der Bayern für Reform

Die FDP nennt als Argument auch immer wieder eine von ihr in Auftrag gegebene, repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts dimap aus dem vergangenen Dezember. Demnach waren 72 Prozent der Befragten in Bayern dafür, die Zahl der Landtagsstimmkreise zu reduzieren - besonders viele Anhänger von CSU und Freien Wählern. Allerdings hatte die Frage durchaus suggestiven Charakter: "Bei den letzten Wahlen ist die Anzahl der Landtagsabgeordneten weiter gestiegen. Sollte man die Zahl der Landtagsstimmkreise reduzieren, um diese Entwicklung zu bremsen?"

Für Bayerns FDP-Chef Hagen zeigt die Umfrage dennoch: "CSU und Freie Wähler haben sich in dieser Frage von ihren Wählern abgekoppelt."

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