Telegram ist zur Haupt-Plattform für Verschwörungserzählungen geworden. Das hat eine Studie der Universität Passau ergeben. Auch in bestimmten Facebook-Gruppen sei die ablehnende Haltung zur Einschätzung der Pandemie das durchgängige Muster. Auf Telegram aber äußerten sich die untersuchten Personen und Gruppen radikaler als auf Facebook, stellen die Forscher fest.
Herabsetzung, Hetze und Antisemitismus
Ein Forscherteam analysierte von März bis Dezember 2020 mehr als 1.800 Telegram- und Facebook-Posts, die einen inhaltlichen Bezug zur Pandemie aufweisen. Im Fokus waren Gruppen und Kanäle prominenter Populisten wie Attila Hildmann, Eva Hermann und AfD-Politiker Björn Höcke. Das Fazit: "Die Forschungsgruppe hat in einen tiefen Abgrund geblickt", erklärt Studienleiter Ralf Hohlfeld, Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft an der Universität Passau. "Wir sehen in der Summe der Beiträge vor allem eine krude Mischung aus Geschichtsklitterung, Herabsetzung, Hetze, Aufwiegelung und Antisemitismus."
30 Prozent der Hassposts mit Handlungsaufforderungen
Fast drei Viertel der Beiträge auf den rechtspopulistischen Plattformen war dem Passauer Forschungsteam zufolge von negativer Rhetorik und Herabsetzung geprägt. Wie die Uni mitteilt, riefen in 30 Prozent der Unterhaltungen zur Pandemie rechtspopulistische Akteure auf Telegram und Facebook zum Handeln auf. In einem Viertel dieser Fälle waren die Aufforderungen extrem radikal. Darunter fanden sich Aufrufe, den Bundestag zu stürmen, und Morddrohungen gegen die Bundeskanzlerin.
Bayerns Justizminister fordert Kontrolle von Telegram
Erst am Dienstag hatte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) angekündigt, der Freistaat wolle Telegram besser kontrollieren. Denn bislang fällt der Messengerdienst nicht unter das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Gesetzesverstöße lassen sich hier nicht ahnden. "Telegram ist längst ein Massenmedium - noch dazu eines, das auch Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextreme anzieht", sagte Eisenreich der "Bild". Man könne nicht zulassen, dass solche Dienste unter dem Radar bleiben.
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