Vor 18 Jahren hat die Bosch Betriebskrankenkasse ihr Projekt der Patientenbegleiter gestartet. 20 Männer und Frauen sind nur dafür abgestellt, Patienten auf dem Weg durchs Gesundheitswesen zu unterstützen.
Jutta Schollenberger-Winkler ist eine von ihnen. In ihrem Büro in Immenstadt im Allgäu empfängt sie Versicherte, um mit ihnen zu besprechen, wie sie am besten mit ihren Gesundheitsproblemen umgehen. Chronische Schulterschmerzen einer Fabrikarbeiterin sind ebenso dabei wie Depressionen, an denen ein kaufmännischer Angestellter leidet.
Dank Patientenbegleiter schnellere Facharzt-Termine
Die Arbeiterin hat immer wieder die Erfahrung gemacht, dass es viele Wochen dauert, bis sie einen Untersuchungstermin bekommt, den ihr behandelnder Arzt aber verordnet hat. Zumindest dauert es so lange, wenn sie selbst anruft. Wenn hingegen die Patientenbegleiterin Jutta Schollenberger-Winkler die Nummer eines Facharztzentrums wählt, mit dem ihre Kasse einen Sondervertrag hat, dann bekommt sie oft innerhalb weniger Tage einen Termin für eine Kernspin-Untersuchung oder ein MRT. Der Kommentar der Arbeiterin ist euphorisch: "Wahnsinn. Das ist ja super."
Behandlung an der richtigen Stelle
Es gehe aber nicht nur einfach darum, Patienten schneller etwa zu einer Untersuchung zu verhelfen, betont Jutta Schollenberger-Winkler. Ziel der Patientenbegleiter ist es, dafür zu sorgen, dass die Versicherten zum richtigen Zeitpunkt die für sie richtigen Untersuchungen und Behandlungen erhalten. "Wir sind keine Wünsche-Erfüller", sagt Schollenberger-Winkler.
Kosteneinsparung durch mehr Effizienz
Die Bosch BKK hat von externen Fachleuten nachrechnen lassen, ob sich der Aufwand lohnt, 20 Beschäftigte nur dafür einzusetzen, dass sie Patienten durchs Gesundheitswesen lotsen. Das Ergebnis sei klar, heißt es von der Kasse: Wenn Patienten nicht orientierungslos von einer Praxis zur nächsten wandern, sondern zielgerichtet bei der Therapie unterstützt werden, dann spart das auch Kosten für überflüssige Untersuchungen und Operationen.
Koalitionsvertrag: Patientenbegleiter Teil der Regelversorgung
Auch innerhalb der Bundesregierung findet man offenbar, dass die Kassen ihre Versicherten intensiver betreuen sollten. Im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP festgeschrieben, dass Patientenlotsen Teil der Regelversorgung werden sollen. Das Projekt sei aber noch nicht in einen konkreten Gesetzentwurf umgesetzt worden, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.
Projekte auch bei den privaten Krankenkassen
Die Versicherten auf den richtigen Weg durchs Gesundheitswesen zu führen, hat sich auch der Privatversicherer Allianz Private Krankenversicherung vorgenommen. Bundesweit 20 Versicherungsmitarbeiter halten per Telefon oder online Kontakt mit Patienten, die besondere Unterstützung brauchen, etwa nach einem Schlaganfall oder einer Krebsdiagnose.
Auch die Allianz PKV habe nachgerechnet, ob der Aufwand sich lohnt, erklärt der Unternehmensvorstand Daniel Bahr. Und das Ergebnis sei eindeutig: "Patientenbegleiter sparen Kosten für die Solidargemeinschaft der Versicherung, weil man schneller zur richtigen Behandlung kommt, oder weil vielleicht auch überflüssige Untersuchungen, und überflüssige Behandlungen vermieden werden."
Patientenverbände unterstützen Patientenbegleiter-Projekte
Auch Patientenorganisationen unterstützen Patientenbegleiter-Projekte. Die Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen, Carola Sraier, findet: "Das bedeutet zurück zu den Wurzeln, zu der eigentlichen Aufgabe, die die Krankenversicherung hat: Sich um Kranke zu kümmern."
Wichtig sei es allerdings, dass die Patienten immer frei entscheiden können, ob sie eine Begleitung durch ihre Kasse wünschen oder nicht. Die Entscheidungsfreiheit der Patienten und die Therapiefreiheit der Ärzte dürfe dadurch nicht eingeschränkt werden, sagt Sraier.
- Zum Artikel: "So funktioniert das E-Rezept"
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