Sophie Claußen hat Glück im Unglück: Weil sie krankgeschrieben ist, kann sie zumindest am Dienstag zu Hause bei ihrer Tochter sein. Denn die ist nicht wie sonst zur Grundschule Stockdorf im Landkreis Starnberg gegangen. Der Grund: Ausgerechnet zum plötzlichen Wintereinbruch ist dort auch noch die Heizung ausgefallen, Präsenzunterricht findet nicht statt. Ähnlich sieht es auch in anderen bayerischen Landkreisen aus. Sophie Claußen hat deswegen angeboten, sich um weitere Kinder aus der Klasse zu kümmern. Denn nicht für alle Eltern ist es leicht, so kurzfristig eine Betreuung zu finden.
In Folge haben sich am Vormittag bei ihr zu Hause gleich mehrere Kinder an die Arbeitsaufträge der Schule gemacht. Diese wurden den Eltern zugeschickt, zum Selbst-Ausdrucken. Sophie Claußen bemerkt dazu, dass gerade das Ausdrucken für diejenigen Kinder der Klasse, die in einer Flüchtlingsunterkunft leben, sicher schwierig sei.
Wenig Beschwerden über Umstellung auf Distanzunterricht
Andere Eltern berichten, dass die Nachricht über Distanzunterricht sie relativ spät erreicht habe. So etwa Juliane Straub im Landkreis Ebersberg. Sie erfuhr offiziell erst am Abend davon, nachdem sich die Meldung von der Schulschließung bereits in der "Eltern-Chatgruppe" verbreitet hatte. Juliane Straub kann dank Home-Office-Möglichkeiten flexibel mit der Situation umgehen. Ihre Kinder haben außerdem die Möglichkeit, daheim an Laptops zu arbeiten.
Drucker und Laptops – das haben sicherlich nicht alle Eltern zu Hause. Trotzdem hält sich die Kritik am spontanen Home-Schooling offenbar in Grenzen. Der Bayerische Elternverband sagt auf BR-Anfrage, es seien keine Beschwerden eingegangen. Auch das bayerische Kultusministerium teilte dem BR mit, dass bei allen ihnen vorliegenden Meldungen "der spontane Umstieg von Präsenz- auf Distanzunterricht überall, wo notwendig, reibungslos funktioniert" habe.
Lehrer nutzen Home-Schooling-Erfahrungen aus Corona-Zeit
Das liegt laut Simone Fleischmann vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband auch an den Erfahrungen aus der Pandemie-Zeit. Da habe man gelernt, dass Unterricht nicht live sein müsse, sondern digital sein könne – auch wenn Corona viele Schäden bei der Kompetenzentwicklung der Schüler angerichtet habe.
Wie gut Schulen jetzt spontan auf Distanzunterricht umstellen können, hängt laut Fleischmann von deren digitalen Ausprägung und natürlich auch den einzelnen Lehrkräften ab.
Das Kultusministerium verweist hier auf die bereits bestehenden Möglichkeiten, Unterricht digital zu gestalten – wie die "Bayern-Cloud", das Videotool "Viko" (ehemals "Visavid") oder die Lernplattform "mebis". Mit diesen sei es grundsätzlich möglich, einen Distanzunterricht durchzuführen, der sich am Stundenplan orientiert.
Gerade jetzt, wo einige Schulen geschlossen sind, werden diese Tools offenbar auch verstärkt genutzt. Das Ministerium verzeichnet nach eigener Aussage etwa bei dem staatlich bereitgestellten Videokonferenzsystem eine "deutliche Nutzungszunahme" seit dem Wochenende.
Exkursion und Schulaufgaben müssen verschoben werden
Auch das Carl-Spitzweg-Gymnasium in Germering nutzt mehrere dieser digitalen Angebote. Der Umstieg auf Unterricht in Distanz funktionierte laut Schulleiterin Rita Bovenz heute "fast ausnahmslos ohne größere Probleme". Ebenso die Kommunikation: Dass die Schule geschlossen blieb, sei über das Infoportal und Chatgruppen verbreitet worden, was "reibungslos verlief". Für die Jahrgangsstufen 5 bis 9 wurde außerdem eine Notbetreuung eingerichtet – auf die aber nur drei Schüler zurückgriffen.
Probleme sieht die Schulleiterin des Carl-Spitzweg-Gymnasiums vor allem bei Schulaufgaben, die heute hätten stattfinden sollen. Hier kümmere man sich um neue Termine. Es habe auch eine Exkursion abgesagt werden müssen. Bovenz verweist zudem auf weitere Folgen des starken Schneefalls, wie etwa Turnhallensperrungen.
Schulleitungen entscheiden über Art des Distanzunterrichts
Das Kultusministerium erläuterte auf BR-Anfrage heute noch einmal, wie die Entscheidung, Präsenzunterricht ausfallen zu lassen, generell getroffen wird. Dies beurteilen laut einer Ministeriumssprecherin lokale oder regionale Koordinierungsgruppen. Deren Entscheidung sei für öffentliche Schulen des jeweiligen Zuständigkeitsgebiets verbindlich.
Findet kein Unterricht statt, wird für Schülerinnen und Schüler, die nicht zu Hause bleiben können, weil die Eltern nicht rechtzeitig von der Schulschließung erfahren haben, eine Notbetreuung eingerichtet. Dazu treten Lehrkräfte ihren Dienst an, "sofern es die Witterungsverhältnisse zulassen".
In welcher Form in so einem Fall Distanzunterricht stattfindet, entscheidet laut Kultusministerium die Schulleitung vor Ort. Egal ob der Unterricht in Präsenz oder auf Distanz stattfindet, sei er für Schülerinnen und Schüler aber verpflichtend.
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