Die Nachricht, dass die traditionsreiche Glasmanufaktur von Poschinger in Frauenau zum Monatsende das Feuer im Glasofen ausmacht, hat viele Menschen bewegt. Die Glashütte besteht seit fast 500 Jahren und ist eine der letzten Mundglashütten im Bayerischen Wald. Ein Teil der gekündigten Glasmacher hat jetzt eine neue Perspektive.
Glashütte Theresienthal übernimmt Teil der Belegschaft
Schon zum 1. Dezember fangen zwei der Glasmacher, die von Poschinger gekündigt wurden, nur sieben Kilometer weiter in der Kristallglasmanufaktur Theresienthal an. Nach und nach sollen bis zu sieben der 13 gekündigten Poschinger-Glasleute folgen. Dafür hat Maximilian von Schnurbein, Hüttenherr in Theresienthal, eine eigene Tochtergesellschaft mit dem Namen "Glasfabrik bei Lindberg" gegründet, mit dem ehemaligen Hüttenmeister der Glashütte von Poschinger Thomas Liebl als Geschäftsführer.
Beide wollen verhindern, dass gute Fachleute der Branche ganz den Rücken kehren. Die Poschinger-Glasmacher, die unter anderem für Möbeldesigner gefertigt hatten, haben ganz besondere Fertigkeiten an der Glasmacherpfeife.
"Sie haben bei Poschinger zum Beispiel Tischfüße aus Glas gemacht. So einen Tischfuß einblasen - der hat zwischen zehn und 15 Kilo - das kann nicht jeder Glasmacher. Das ist jahrelange Erfahrung und Training. Das Knowhow dieser Glasmacher ist sagenhaft." Thomas Liebl, Glasmacher und Glashüttentechniker
Die Glashütte von Poschinger hatte viele Spezialaufträge, zum Beispiel auch für große Glaslampen, für Glasstürze als Schutz für wertvolle alte Tischuhren oder für Maßanfertigungen, wie sie Museen brauchen.
Glashütte Theresienthal könnte Kunden übernehmen
Die Glashütte Theresienthal, 1836 als "königlich privilegierte Kristallglasfabrik" gegründet, belieferte einst Könige, Kaiser und die russischen Zaren. Heute sind die Kunden wohlhabende Menschen weltweit, die Luxus schätzen, aber auch echte Glasliebhaber, die sich ein handgemachtes Trinkglas gönnen.
Mit der Übernahme der Poschinger-Leute ergibt sich die Chance, auch die Spezialkunden von dort zu übernehmen. Denn viele von ihnen suchen jetzt eine Hütte, die Sonderanfertigungen in der gleichen guten Qualität machen kann wie Poschinger. Das ist für Theresienthal, eine kleine Glashütte mit bisher rund 25 Beschäftigten, eine Chance, auch die eigene Hütte zu stärken. Sie ist jetzt die einzige verbliebene echte Mundglashütte im Bayerischen Wald, die Trinkgläser noch von Hand fertigt. Sonst gibt es nur noch wenige kleine Schauglashütten in der Region.
Corona dämpfte Absatz nur kurz
Theresienthal hatte vor allem im ersten Coronajahr 2020 mit Absatzproblemen zu kämpfen. Inzwischen läuft es wieder besser. Handgemachte Gläser liegen außerdem im Trend.
"Wir leben davon, dass unsere Gläser besonders schön sind. Wenn man bis zu 250 Euro für ein Glas ausgibt, was natürlich viel Geld ist, muss man auf der anderen Seite sehen: Man hat ein Original-Kunstwerk und dafür gibt es immer einen Markt, zum Beispiel Menschen, die sich was Besonderes leisten oder es als Hochzeits- oder Weihnachtsgeschenk kaufen." Maximilian von Schnurbein, Glashütte Theresienthal
Glashütte von Poschinger will Glas nicht ganz aufgeben
Die Familie von Poschinger "verabschiedet sich nicht aus dem Glas", verspricht Benedikt Freiherr von Poschinger, der die Glashütte in der 15. Generation besitzt. Doch noch ist unklar, was das bedeutet, wenn das Herz der Hütte, der Glasofen, aus ist. Poschinger will "zu gegebener Zeit mit neuem Konzept die Produktion am Ofen wieder aufnehmen".
Geöffnet bleibt auf jeden Fall der Manufakturladen in Frauenau. Erhalten bleibt außerdem die Produktion von Holz-Blasformen, sogenannten Modln, die jede Mundglashütte braucht. In diese Holzformen, die für jede Glaskollektion individuell gebaut werden müssen, wird die heiße flüssige Glasmasse eingeblasen und erhält so ihre Form. Auch Metallformen für die manuelle Glasherstellung will Poschinger fertigen. Außerdem will man weiter Glas veredeln, zum Beispiel durch Gravur, Schliff oder Sandstrahlen, sagt Benedikt von Poschinger, in der Übergangszeit mit Partnern. Viele Glasliebhaber hoffen aber insgeheim, dass der Ofen in der Traditionshütte doch eines Tages wieder angeworfen wird.
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