Im Prozess wegen Körperverletzung gegen Fußball-Weltmeister Jérôme Boateng hat seine Ex-Partnerin, die auch die Mutter seiner Zwillingstöchter ist, erneut schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben. Er habe sie im gemeinsamen Karibik-Urlaub im Juli 2018 geschlagen, angespuckt, sie beleidigt und ihr in den Kopf gebissen, sagte die Frau am Freitag vor dem Landgericht München aus. Außerdem habe er ein großes Windlicht und eine Kühltasche nach ihr geworfen. "Ich hab' geweint, richtig doll, ich hab' mich auch erschrocken", sagte die Frau. "Er hat weiter geschrien, hat weiter gewütet."
Ex-Partnerin bricht in Tränen aus
Sie habe sich an den Glasscherben des zerbrochenen Windlichts geschnitten, Hämatome und Schürfwunden erlitten. Er habe ihr gedroht, er werde dafür sorgen, dass die gemeinsamen Kinder in ein Heim kommen, wenn sie ihn wegen des Vorfalls anzeigen sollte. Als sie das sagte, brach die Frau im Gerichtssaal in Tränen aus, und die Sitzung wurde für ein paar Minuten unterbrochen. Noch aus dem Urlaub habe sie dann ihre Familienanwältin angerufen, eine Verletzung am Auge dokumentiert - und Boateng schließlich im Oktober angezeigt.
Boateng bestreitet Gewaltvorwürfe
Jérôme Boateng hatte sich zu Prozessbeginn in einer langen Erklärung geäußert, die er vor dem Landgericht vorgelesen hatte: "Nicht ich bin es, der sich nicht unter Kontrolle hat und mit Gewalt auf Streitereien in unserer Beziehung reagierte. Ich werde allenfalls laut und verteidige mich, wenn ich angegriffen werde", sagte der 35-Jährige.
Seine damalige Freundin habe ihn im Karibik-Urlaub angegriffen. Er habe sich nur gewehrt, sie weggeschubst und dabei verletzt. Das tue ihm leid und er habe sich dafür auch schon entschuldigt. "Das, was sie daraus allerdings gemacht hat, entbehrt jeglicher Grundlage und hat nahezu alles um mich, um uns herum zerstört", sagte Boateng und sprach von einem "seit Jahren andauernden Alptraum".
Richterin: "Mensch! Leute, ich fasse es nicht!"
Als die Staatsanwältin im Kreuzverhör auf andere mutmaßliche Gewaltvorfälle zwischen der ehemaligen Lebensgefährtin und Boateng eingehen wollte, wurde sie mehrmals von der Vorsitzenden Richterin eindringlich gebeten, nur zum Vorfall in der Karibik Fragen zu stellen. Der Fall, der sechs Jahre zurückliege, werde wie ein Schwurgerichtsprozess behandelt, das stünde in keinem Verhältnis, so die Vorsitzende. Die Leidtragenden seien die beiden Kinder des Ex-Paares. Die Vorsitzende Richterin wörtlich: „Mensch! Leute ich fasse es nicht, die Kinder lesen das morgen in der Zeitung, ich sag es Euch, ganz ehrlich." Am Nachmittag entschied sich die Staatsanwaltschaft dann vorerst keine weiteren Fragen an das mutmaßliche Opfer zu stellen.
Vorangegangenes Urteil aufgehoben – Neuverhandlung
Es ist bereits das vierte Mal, dass sich ein Gericht mit dem Vorfall in einem Karibik-Urlaub im Jahr 2018 befasst. Das Verfahren gegen den langjährigen Verteidiger des FC Bayern München, der gerade vom italienischen Club US Salernitana zum Linzer ASK in Österreich wechselte, zieht sich also schon lange hin. 2019 wurde Anklage erhoben, 2021 verhängte das Amtsgericht München eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30.000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro.
Das Landgericht München verurteilte Boateng dann im Oktober 2022 in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10.000 Euro - insgesamt 1,2 Millionen Euro. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil und der Prozess wurde ein weiteres Mal aufgerollt.
Mit Informationen von dpa
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