Im Mordprozess gegen eine Regensburger Krankenpflegerin, die Patienten betäubt, beraubt und in einem Fall getötet haben soll, sind am Freitag die Plädoyers gehalten worden. Die Staatsanwaltschaft forderte das Landgericht auf, die 37-Jährige unter anderem wegen Mordes und Raubes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu verurteilen. Außerdem forderte der Staatsanwalt ein lebenslanges Berufsverbot für die Krankenschwester und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.
Angeklagte soll Patienten betäubt haben
Nach der Einstellung von zwei weniger schweren Fällen listete der Anklagevertreter in seinem Schlussvortrag noch vier Fälle auf, in denen die Angeklagte Patienten des "Caritas-Krankenhauses St. Josef" mit einem starken, für sie frei zugänglichen Beruhigungsmittel betäubt haben soll, um ihnen Ringe oder Ohrringe zu stehlen.
Die Indizien, darunter etwa Dienstpläne, toxikologische Einschätzungen, zeitlich zusammenpassende Schmuckverkäufe und belastende Suchen zum mutmaßlich verwendeten Medikament Midazolam im Internet, hinterließen bei ihm nicht den "geringsten Zweifel", so der Staatsanwalt. Sie hätte als Krankenschwester wissen müssen, dass die Gabe eines Beruhigungsmittels und eine darauffolgende Bewusstlosigkeit für kranke Patienten kritisch sein könnte. "Sie wollte nicht absichtlich jemanden töten, aber sie hat es billigend in Kauf genommen", so der Staatsanwalt über den Fall einer Patientin, die nach der Betäubung wegen Hirnschäden verstarb. Die 37-Jährige habe heimtückisch und aus Habgier gehandelt und selbst nach dem Todesfall einfach weitergemacht.
Verteidiger der Angeklagten fordern Freispruch
Die Verteidiger der Angeklagten fordern dagegen einen Freispruch. Zwar ergeben die einzelnen Indizien ein Gesamtbild, das auf die Angeklagte passe, ein entscheidender Beweis sei aber nicht gefunden worden. In jedem der vier Fälle gebe es Widersprüche oder Entlastendes, denen die Ermittler zum Teil nicht nachgegangen seien. "In jedem Einzelfall sind in diesem Puzzle riesengroße Lücken", sagte Verteidigerin Anna Schwarz. Das Krankenhaus habe die Angeklagte nach internen Ermittlungen schnell als Schuldige präsentiert und damit versucht, seinen Ruf zu retten. In ihrem Schlusswort betonte die Angeklagte, die im Verfahren alle Vorwürfe bestritten hat, dass sie mit der Sache nichts zu tun habe.
Anwalt der Hinterbliebenen kritisiert Krankenhaus
Die Vertreter der Nebenkläger schlossen sich dagegen der Forderung nach einer lebenslangen Freiheitsstrafe an. Der Anwalt der Hinterbliebenen der verstorbenen Patientin übte außerdem deutlich Kritik am Krankenhaus. Es sei ein Unding, dass es dort Medikamentenschränke gebe, an denen sich jeder bedienen könne, ohne etwas eintragen zu müssen, sagte Anwalt Michael Haizmann. Das werde wohl auch zivilrechtliche Folgen haben. Seine Mandanten planen das "Caritas-Krankenhaus St. Josef" bei einem entsprechenden Urteil zivilrechtlich auf Schadenersatz zu verklagen. Das mutmaßlich verwendete Medikament Midazolam war auf der betroffenen Station 6 im Stationszimmer in einem nicht verschlossenen Schrank verstaut und für das Personal frei zugänglich, wie mehrere Zeugen im Prozess bestätigt haben.
Die Klinik hatte vor Prozessbeginn betont, dass der Umgang mit dem Beruhigungsmittel stets den rechtlichen Vorgaben entsprochen habe. Mittlerweile habe die Klinik den Umgang aber verschärft. Wie ehemalige Kolleginnen der Angeklagten als Zeuginnen aussagten, wird Midazolam am Josefskrankenhaus mittlerweile in einem verschlossenen Schrank für Betäubungsmittel gelagert.
Die Urteilsverkündung im Strafprozess ist für Montag geplant.
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