Graffiti mit der Aufschrift "racism kills" in einer Unterführung
Bildrechte: picture alliance/dpa | Moritz Frankenberg
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Autos fahren am frühen Morgen an einem Graffiti mit der Aufschrift "racism kills" (Rassismus tötet) vorbei.

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Rassismus: Häufigere Angriffe - Verändert sich die Stimmung?

Rassismus: Häufigere Angriffe - Verändert sich die Stimmung?

Nazi-Parolen auf Sylt und einigen Festen sorgten für Wirbel. Aber auch körperliche Angriffe mit rassistischem Hintergrund häufen sich. Zuletzt griff ein Mann zwei junge Iranerinnen in Eichstätt an. Hat sich die Stimmung verändert?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Pfingstmontag gegen 18 Uhr: Die Iranerinnen Meral und Nasrin (Namen von der Redaktion geändert) sind mit Freunden auf Fahrrädern unterwegs. In der Nähe des Marktplatzes werden sie plötzlich von einem Mann angeschrien. Nasrin fragt, was los sei. Dann schlägt der Mann zu. Mit der Faust ins Gesicht der 31-jährigen Studentin. Ihre Freundin Meral will den Mann aufhalten. Auch ihr schlägt er ins Gesicht, beschimpft sie: "Er schrie, wir sollen sein Land verlassen, wir seien hier nicht erwünscht", erinnert sich Nasrin.

Die beiden Frauen kommen aus dem Iran und leben schon lange in Eichstätt – Meral seit fünf Jahren und Nasrin seit etwas über zwei Jahren. Sie studieren und promovieren hier. Nach dem Angriff kamen sie zur Behandlung ins Krankenhaus. Die Nase von Meral war gebrochen. Bislang fühlten sich die beiden wohl in Eichstätt. Jetzt sind sie vorsichtiger: "Angst habe ich nicht direkt. Aber ich bin sehr vorsichtig. Ich gehe abends nicht mehr alleine raus", erzählen sie. Zuerst hatten sie auch die Schuld bei sich gesucht: "Wir haben uns gefragt, was wir falsch gemacht haben. Erst nach zwei Tagen war für uns klar, dass es ein willkürlicher Angriff war", erzählt Meral.

Rassistische Angriffe nehmen zu

Der Fall in Eichstätt ist kein Einzelfall. Im Gegenteil: Rassistische und antisemitische Übergriffe nehmen bundes- und bayernweit zu. Das geht aus den Zahlen des bayerischen Innenministeriums sowie aus Zahlen der Beratungsstellen hervor. Auch in den vorherigen Jahren 2020, 2021 und 2022 lagen die Zahlen weit über denen von 2019. Die Dunkelziffer dürfte noch viel größer sein. Laut Innenministerium waren 2019 noch rund 240 rassistisch motivierte Straftaten in Bayern gemeldet worden, 2023 waren es mit knapp 500 mehr als doppelt so viele – das bedeutet, im Schnitt mindestens eine Straftat mit rassistischem Motiv pro Tag.

Das Innenministerium weist darauf hin, dass der Anstieg der rassistischen Taten verschiedene Gründe habe. Es könne zum einen an einem tatsächlichen Anstieg der Kriminalität liegen, aber auch daran, dass mehr Taten zur Anzeige gebracht werden. Ursächlich für den Anstieg seien "wahrscheinlich beide Faktoren", so ein Sprecher des Innenministeriums. Seit 2020 gibt es insgesamt mehr politisch motivierte Straftaten. "Es wurde in diesem Zusammenhang auch festgestellt, dass ab 2020 die Corona-Pandemie Auswirkungen auf die politisch motivierte Kriminalität insgesamt hatte", teilt der Sprecher des Ministeriums mit.

Gesellschaftliches Klima verändert sich

Die Normalisierung von Rassismus und Antisemitismus führt zu einer dramatischen Ausweitung von Gefahrenzonen und zu einem Klima von Angst und Unsicherheit für Betroffene. So steht es im Jahresbericht des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (externer Link).

Heike Kleffner vom Verband sieht die Gründe dafür im politischen Diskurs: "Seit über einem Jahr werden Geflüchtete für viele soziale Probleme wie Wohnungskrise, Infrastrukturkrise oder die Gesundheitskrise verantwortlich gemacht. Alle wissen, dass diese Probleme hausgemacht sind und mit Geflüchteten nichts zu tun haben. Das interessiert aber die sogenannten rassistischen Gelegenheitstäter überhaupt nicht." In deren Weltbild gebe es eine klare Abwertung von People of color, so Kleffner weiter. "Und rassistische Gelegenheitstäter fühlen sich durch flüchtlingsfeindliche, durch rassistische Narrative ermutigt zuzuschlagen." Dadurch würden Orte des Alltags zu Gefahrenzonen. Wie in Eichstätt der Marktplatz.

Täter in Eichstätt mittlerweile gefasst

Das International Office an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, das ausländische Studenten betreut, hat den beiden Frauen sofort ein Gespräch angeboten. Man nehme den Vorfall sehr ernst, berichtet Anna Marcos vom International Office. Von weiteren fremdenfeindlichen Beschimpfungen oder Angriffen habe man in letzter Zeit vor Ort nichts gehört.

An der Uni studieren Menschen aus der ganzen Welt, sie machen 15 Prozent der Studierenden aus. Das International Office bietet ihnen bei Bedarf Unterstützung an. "Bislang bekommen wir von den ausländischen Studierenden positive Rückmeldungen, nämlich dass sie sich hier sehr wohlfühlen. Umso schockierender war dieser Angriff", meint Marcos. Die Uni und die Stadt verurteilen in einer gemeinsamen Erklärung die Tat "auf Schärfste". Eichstätt sei eine weltoffene Stadt und Menschen aus der ganzen Welt seien willkommen. Den mutmaßlichen Täter hat die Polizei mittlerweile gefasst.

Für die beiden jungen Frauen aber nur eine kleine Erleichterung, wie Nasrin erzählt: "Es ist natürlich jetzt etwas besser. Aber es gibt noch viele andere Menschen. Und es kann wieder passieren. Es ist so schade, weil wir dachten, wir seien hier gut aufgenommen. Wir sprechen Deutsch, studieren hier. Aber der Abstand zu vielen Menschen scheint noch sehr groß zu sein."

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