Archiv: Die Bayernraute ist auf einer Glasscheibe zum Plenarsaal vor Beginn der zweiten Plenarsitzung des bayerischen Landtags zu sehen (31.10.2023)
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Maximilianeum, Sitz des Bayerischen Landtags, München

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Landtag: Koalition will Einfluss der AfD begrenzen

Landtag: Koalition will Einfluss der AfD begrenzen

Der Landtag entscheidet heute über die Vorsitze der Ausschüsse. Die Regierungsfraktionen wollen per Änderung der Geschäftsordnung verhindern, dass die AfD Zugriff auf die prestigeträchtigsten Gremien bekommt. Die AfD ist verärgert.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Insgesamt 14 Fachausschüsse will der Bayerische Landtag auch in dieser Legislaturperiode wieder bilden, darunter die Bereiche Bildung, Soziales, Umwelt, Gesundheit und Verkehr. Besonders begehrt sind die Ressorts Finanzen, Verfassung und innere Sicherheit. In diesen drei Ausschüssen wollen sich die Regierungsfraktionen selbst den Vorsitz sichern. Möglich machen soll das eine Änderung der Geschäftsordnung, die heute im Parlament beschlossen werden soll. Der Vorgang ist aber auch eine Machtdemonstration, mit der die AfD zurückgedrängt werden soll.

CSU und Freie Wähler wollen Auszählverfahren ändern

"Wir wollen ein neues Auszählverfahren verwenden, das wir in den vergangenen Jahrzehnten im Freistaat Bayern immer angewendet haben", sagt Michael Hofmann, parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Fraktion, zu BR24. Die Regierungsfraktionen wollen zurück zum D’Hondt-Verfahren, das im Gegensatz zum derzeit in der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags verankerten Verfahren nach Saint-Laguë/Schepers vor allem größere Fraktionen begünstigt.

"Wenn Sie sich zum Beispiel die ersten fünf Ausschüsse anschauen, dann bekommen drei davon CSU und Freie Wähler und zwei davon die Oppositionsparteien. Das ist eine Verteilung 60 zu 40", sagt Hofmann. Dieses Stärkeverhältnis spiegle sich genauso auch im Parlament wider.

Geplante Änderung bei Zugriffsrechten: AfD nur noch auf Platz vier

Nach bisheriger Regelung richtet sich das Zugriffsrecht auf die einzelnen Ausschüsse ebenfalls nach der Stärke der Fraktionen, aber in einer etwas anderen Reihenfolge: Die CSU-Fraktion dürfte sich als stärkste Kraft zunächst nur einen Ausschuss aussuchen, dann die Freien Wähler einen und schließlich, als drittstärkste Fraktion, wäre die Oppositionsführerin AfD am Zug. Durch das andere Zählverfahren hätte die CSU am Anfang Zugriff auf gleich zwei Ausschüsse, dann kämen die Freien Wähler. Die AfD würde auf Platz vier rutschen.

Die teils sensiblen Bereiche, wie den Innenausschuss, zu dem auch alle Belange der bayerischen Polizei gehören, oder den Verfassungsausschuss, der unter anderem auch Asylfragen behandelt, könnte die AfD dann von vornherein nicht mehr anführen. Sie könnte keinen Vorsitzenden vorschlagen, weil vorher CSU und Freie Wähler zugreifen würden.

SPD: Keine Verfassungsfeinde in zentralen Funktionen

Von der SPD kommt Zustimmung für den Vorstoß der Regierungskoalition. Demokratische Interessen und der Schutz der Verfassung stünden an erster Stelle. "Wir wollen nicht, dass Extremisten und Verfassungsfeinde zentrale Funktionen besetzen", teilt Fraktionschef Florian von Brunn mit. "Deswegen werden wir nicht gegen den Antrag stimmen und uns ihm möglicherweise auch anschließen."

Die Grünen dagegen wollen den Antrag der Koalition ablehnen. Deren parlamentarischer Geschäftsführer Jürgen Mistol sagt, die Änderung komme vor allem CSU und Freien Wählern selbst zugute. Es gebe immer noch die Möglichkeit, einen von einer Fraktion vorgeschlagenen Ausschuss-Vorsitzenden nicht zu wählen. "Niemand muss einen Vorsitzenden wählen, den er nicht will. Da braucht es keine Verrenkung in der Geschäftsordnung."

AfD: Geplante Neuerungen sind Kampfansage

Die AfD fühlt sich in ihrer vermeintlichen Opferrolle bestätigt. Der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Christoph Maier, sieht in der von CSU und Freien Wählern vorgeschlagenen Regelung nur den Zweck, "die AfD von dem Einfluss, den sie durch die Wählerstimmen erhalten hat, möglichst fernzuhalten".

Er erwarte, dass die anderen Fraktionen im Landtag einen "professionellen Umgang" mit der AfD praktizieren. "Dass sie uns die Rechte auch zugestehen, die uns kraft der Geschäftsordnung des Landtags zukommen, und dazu gehört es auch, dass wir Ausschussvorsitzende vorschlagen, die dann auch gewählt werden".

Bereits mehrere Änderungen zu Ungunsten der AfD

Schon bei der konstituierenden Sitzung des Landtags Ende Oktober waren mit den Stimmen von CSU, Freien Wählern, Grünen und SPD in der Geschäftsordnung die Vorgaben der Rednerreihenfolge geändert worden. Bislang kann die AfD als stärkste Oppositionsfraktion bei Debatten direkt auf den Ministerpräsidenten antworten.

Sollte die AfD-Fraktion jedoch im Laufe der Wahlperiode Mitglieder verlieren, wären die Grünen wieder stärkste Oppositionsfraktion - und somit stünde ihnen dieses Recht zu. Bislang galt das Rednerrecht für die Konstellation, die zu "Beginn der Legislatur" der Fall war. Dieser Passus wurde aus der Geschäftsordnung gestrichen.

Zudem stellt auch diesmal die AfD keinen Vizepräsidenten im Landtag. Die Fraktionen der CSU, Freien Wähler, Grünen und SPD verweigerten dem Kandidaten Matthias Vogler die Zustimmung. Zuletzt scheiterte die AfD auch in Sachsen-Anhalt an der Besetzung des Landtagsvizepräsidenten. Im Bundestag stellt die AfD seit ihrem Einzug 2017 ebenso keinen Vizepräsidenten, weil alle anderen Fraktionen ihre Stimme verweigerten.

Endgültige Verteilung der Ausschüsse nach Plenarsitzung

Auch dieser Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung dürfte den Landtag mit der erforderlichen Mehrheit aus den Reihen von CSU und Freien Wählern ohne Probleme passieren. Im Anschluss werden die Ausschüsse endgültig verteilt.

Dem Stärkeverhältnis der Fraktionen nach der Wahl entsprechend entfällt auf die CSU-Fraktion dabei das Vorschlagsrecht für insgesamt sechs Ausschuss-Vorsitzende, die Freien Wähler dürfen für drei Ausschüsse Vorsitzende vorschlagen, AfD und Grüne für je zwei. Die SPD für einen. Gewählt werden sollen die Ausschussvorsitzenden und deren Stellvertreter dann am 21. November.

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