Ist das Image schuld, werden Azubis schlecht behandelt oder liegt es vielleicht an der Höhe der Vergütung? Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres suchen mehr schwäbische Betriebe Lehrlinge als in den Vorjahren. Laut Handwerkskammer ist die Zahl der Neuverträge um fünf Prozent gesunken - auf etwas über 3.000. Damit sind noch mehr als 5.000 Lehrstellen unbesetzt.
Keine erfolgreiche Energiewende ohne Handwerker
Der Hauptgeschäftsführer der HWK Schwaben, Ulrich Wagner, sagte, ohne die Fachbetriebe werde die Energiewende krachend scheitern. Diese Unternehmen montierten Photovoltaik-Anlagen, tauschten Heizungen aus, bauten energieeffiziente Häuser, installierten Ladesäulen und reparierten Elektrofahrzeuge. Dafür brauche man zusätzlich Tausende Experten.
Azubis gesucht – vom Optiker bis zum Bäcker
Auch die Versorgung mit Fachleuten für den täglichen Bedarf - mit Optikern, Hörakustikern, zahnmedizinischen Fachangestellten oder Orthopädieschuhmachern - ist nicht sicher, weil der Nachwuchs fehlt. Besonders dramatisch ist die Lage bei Verkäufern und Verkäuferinnen, Einzelhandelskaufleuten, Bäckern, Fachinformatikern oder auch bei Köchen und Maurern.
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Lehrstellenangebote: Azubis haben in Schwaben freie Wahl
Wie groß der Bedarf ist, zeigt der Blick auf die Diskrepanz zwischen Bewerbern und unbesetzten Stellen. So haben Schulabgänger ohne Lehrvertrag beispielsweise in Augsburg die Wahl unter drei freien Lehrstellen, im Bereich der Arbeitsagentur Kempten und Memmingen unter sechs, in Donauwörth kommen auf jeden unversorgten Bewerber statistisch 7,3 unbesetzte Lehrstellen. Wer Bedarf hat: Ausbildungen können noch bis zum Jahresende begonnen werden.
Jugendliche wollen in Handel und Industrie
Gegenläufig ist der Trend, den die IHK Schwaben sieht. Bei ihr registrierte Betriebe schlossen gut 7.200 neue Ausbildungsverträge, das sind fast vier Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders gefragt sind bei der IHK kaufmännische Berufe, aber auch Ausbildungen zum Informatiker und Mechatroniker.
Darum sind viele Lehrstellen unbesetzt
Der Abteilung für Berufsausbildung bei der Handwerkskammer Schwaben zufolge gibt es weniger Jugendliche als früher. Außerdem hinterlässt die Corona-Pandemie ihre Spuren: Viele Jugendliche hätten durch Homeschooling den Anschluss verpasst und täten sich jetzt schwer aufzuholen. Ein weiterer Grund ist laut Handwerkskammer ein regelrechter "Akademisierungswahn", der seit zehn bis zwölf Jahren herrsche. Eltern würden ihre Kinder oft zu einem Studium drängen. Mit Aufklärung und Kampagnen will die Handwerkskammer diesen Trend durchbrechen und dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Kurzfristig ändert das allerdings nichts.