In der Nacht spielten sich in ganz Bayern teils dramatische Szenen ab. Die vom Deutschen Wetterdienst (DWD) angekündigten heftigen Unwetter brachten große Regenmengen mit sich. Straßen überfluteten, Keller liefen angesichts der großen Wassermassen voll. Besonders stark betroffen war unter anderem Markt Kastl im Landkreis Amberg-Sulzbach, im Regierungsbezirk Oberpfalz.
Rund 80 Liter pro Quadratmeter wurden am gestrigen Abend dort gemessen, der Fluss Lauterach trat über die Ufer und überschwemmte den Ortskern, mehrere Autos wurden durch den Stadtkern geschwemmt, ein Kleintransporter blieb unter einer Brücke stecken.
Gab es Verletzte in der Gemeinde Kastl?
Sie seien dennoch "mit einem blauen Auge" davongekommen, sagt der Bürgermeister Stefan Braun (CSU). Immerhin habe es keine Personenschäden gegeben, nur Sachschäden: 20 Häuser seien von den Überschwemmungen betroffen gewesen, sechs Keller mussten ausgepumpt werden.
Anwohner konnten auch durch lokalen SMS-Service gewarnt werden
"Schon nachmittags hat man gesehen, dass das Wasser mehr wird. Um 18.45 Uhr konnte man dann das Hochwasser kommen sehen", berichtet der Bürgermeister. Der erste Einsatzort sei ein privater Keller gewesen, der ausgepumpt werden musste, danach habe sich die Lage in den darauffolgenden 30 Minuten stark zugespitzt, erzählt Braun.
Für solche extremen Unwetterlagen hat die Gemeinde einen eigenen Warnservice per SMS eingerichtet. Dieser sei freiwillig, die Menschen würden so vor anstehenden Unwettern gewarnt und gebeten, die nötigen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
Braun: Schacht am Marktplatz sei ein "Nadelöhr"
Kastl ist eine Kommune mit 40 Ortsteilen und einigen Berglagen, der Marktplatz liegt allerdings im Tal. Auf dem Marktplatz entwässern laut dem Bürgermeister 23 Quadratkilometer des Gemeindegebietes in die Lauterach. Das Wasser laufe erfahrungsgemäß schnell über die bergigen Lagen ab und münde über den Marktplatz dann in ebenjenem angrenzenden Fluss.
Der Schacht am Marktplatz, durch den das Wasser der Gemeinde in die Lauterach abfließen würde, sei ein "Nadelöhr", so Braun. Jedoch gebe es technisch keine Lösung, welche Überschwemmungen gänzlich verhindern würde: "Solche Rohrleitungen gibt es nicht", die so viel Regen aushielten, erklärt Braun.
In der gesamten Oberpfalz meldete die Polizei rund 20 Einsätze. Vor allem die Feuerwehr sei wegen umgefallener Bäume, überschwemmter Straßen und vollgelaufener Keller ausgerückt, sagte ein Sprecher der Polizei.
So viel Regen wie normalerweise im gesamten Monat Mai
Rund 80 Liter pro Quadratmeter seien in Kastl am gestrigen Abend zu verzeichnen gewesen, sagt BR-Wetterexperte Christian Lorenz. "Normalerweise fallen im gesamten Monat Mai 60 bis 80 Liter", sagt der Meteorologe. In einer Nacht habe es also so viel geregnet wie sonst in einem gesamten Monat. Deshalb könne man hier von einem Ereignis sprechen, das sonst etwa alle hundert Jahre vorkomme, sagt Lorenz.
"Voll getroffen": Einer Gewitterzelle folgte die nächste
Wie aber konnte es überhaupt zu solch starken Überschwemmungen kommen? Speziell in Kastl sei das Problem gewesen, dass der Ort direkt getroffen wurde, keine Wiesen oder Felder hätten die heftigen Regenmassen abfangen können. Kastl habe es "voll getroffen", da einer Gewitterzelle gleich die nächste gefolgt sei. Dieses "lange Band" an Unwettern habe die massiven Regenmengen mit sich gebracht.
Drohen nun Unwetter ähnlicher Art?
"Heute sind mögliche Schauer und Gewitter punktuell etwas kräftiger zu erwarten", sagt Christian Lorenz, etwa 10 bis 20 Liter auf einem Quadratmeter. "Heute ist die Lage aber nicht so dramatisch, ab morgen ab dem Nachmittag und in der Nacht zu Freitag wird es wieder kritischer", erklärt der BR-Meteorologe.
Am Donnerstag würde ein Tief aus der Schweiz und der Bodenseeregion große Regenmengen nach Südbayern bringen. Gerade in Schwaben und Oberbayern sei mit länger anhaltenden, teils gewittrigen Regenfällen mit Regenmengen zwischen 10 und 40 Litern pro Quadratmeter innerhalb von sechs Stunden zu rechnen, sagt Lorenz. "Dann kann es auch punktuell wieder zu Überschwemmungen und vollgelaufenen Kellern oder Ähnlichem kommen", warnt Lorenz.
Mit Informationen von dpa
Im Video: Szenen aus der in manchen Regionen dramatischen Nacht
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