Ex-Präsident Trump mit seinem Anwalt Todd Blanche. Der Prozess wird von US-Medien als "beste Reality-Show aller Zeiten" bezeichnet.
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Ex-Präsident Trump mit seinem Anwalt Todd Blanche. Der Prozess wird von US-Medien als "beste Reality-Show aller Zeiten" bezeichnet.

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"Starren Sie mich nieder?" – Eklat in Trump-Prozess

"Starren Sie mich nieder?" – Eklat in Trump-Prozess

US-Medien bezeichnen den Prozess als "beste Reality-Show aller Zeiten": Richter Juan Merchan ließ den Saal räumen – weil er sich von einem Trump-nahen Entlastungszeugen respektlos behandelt fühlte. Die Schlussplädoyers werden Ende Mai erwartet.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Der Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump ist ein historischer. Der Vorwurf angeblicher Vertuschung von Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin könnte kaum pikanter sein. Nach mehr als einem Monat mit spektakulären Anschuldigungen und detaillierten Beschreibungen von Trumps Sexleben geriet die Verhandlung am Montag kurzzeitig aus den Fugen: Richter Juan Merchan ließ den Saal 1530 des Gerichts in Downtown Manhattan vorübergehend räumen – weil er sich von einem Trump-nahen Entlastungszeugen respektlos behandelt fühlte.

Cohen ließ Online-Ranking zugunsten Trumps manipulieren

Der einstige Trump-Vertraute Michael Cohen räumte am Montag im Kreuzverhör ein, er habe Trumps Platzierung in einem Ranking mit einer Geldzahlung an die Tech-Firma Red Finch auf die Sprünge geholfen: Er ließ nach eigenen Angaben eine vom Sender CNBC erhobene Online-Umfrage zugunsten des ehemaligen US-Präsidenten manipulieren. Sein damaliger Chef habe in dem Ranking der berühmtesten Geschäftsleute der vergangenen 50 Jahre zunächst auf einem der letzten Plätze rangiert, was Trump, "aufgeregt" habe. Also habe er sich an Red Finch gewandt, sagte Cohen.

Mit Vertretern der Firma habe sich Trump geeinigt, mithilfe von gefälschten Stimmen auf Platz neun zu landen. Als CNBC sich dann entschied, eine geplante zweite Runde mit den Top Ten der Geschäftsleute einzustampfen, habe sich Trump wiederum geweigert, die vereinbarte Summe an Red Finch zu zahlen. Denn sein damaliger Chef habe den Eindruck gehabt, nicht auf seine Kosten gekommen zu sein.

"Eine Art Selbsthilfe": Cohen räumt ein, Trump bestohlen zu haben

Im Zeugenstand räumte Cohen weiter ein, später 50.000 Dollar in bar als Erstattung für eine vorangegangene Zahlung an das Tech-Unternehmen erhalten zu haben. Tatsächlich gezahlt hatte er dem Unternehmen aber nur 20.000 Dollar, ebenfalls in bar. Hintergrund sei sein Ärger darüber gewesen, dass ihm die Trump Organization statt seines üblichen jährlichen Urlaubsbonus in Höhe von 150.000 Dollar nur noch 50.000 Dollar gezahlt habe, nachdem er 130.000 Dollar seines eigenen Geldes vorgestreckt hatte, um das Schweigen des Pornostars Stormy Daniels zu erkaufen. Also habe er den Differenzbetrag einfach einbehalten. Cohen verteidigte sein Vorgehen gegenüber der Staatsanwaltschaft. "Ich dachte, es war fast so wie Selbsthilfe."

Cohen ist der wichtigste Zeuge der Anklage. Sein Geständnis, seinen damaligen Chef bestohlen zu haben, könnte seine Glaubwürdigkeit bei den Geschworenen beschädigen.

Kronzeuge Costello sollte Glaubwürdigkeit Cohens untergraben

Nachdem die Staatsanwaltschaft mit Cohen ihren letzten Zeugen aufgerufen hatte, bat Trumps Verteidigung am Montag Robert Costello zur Befragung. Der einstige rechtliche Berater Cohens sollte die Glaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen untergraben – könnte sich durch sein Verhalten aber eher selbst geschadet haben: Costello antwortete mehrfach auf Fragen, bei denen Richter Merchan zuvor einen Einspruch der Staatsanwaltschaft zugelassen hatte. Der Richter belehrte den Zeugen – welcher selbst Jurist ist – deshalb, dass dieser in solchen Fällen nicht antworten dürfe. 

"Starren Sie mich nieder?" – Richter lässt Saal räumen

Kurze Zeit später kommentierte Costello dann einen weiteren stattgegebenen Einspruch vernehmlich mit "Jeesh" – übersetzbar etwa mit einem abfälligen "Oh mein Gott". Merchan ließ die Geschworenen in der Folge aus dem Saal bringen und sagte zum Trump-Verbündeten im Zeugenstand: "Ich möchte in meinem Gerichtssaal über den richtigen Anstand sprechen." Er verbitte sich Kommentare zu seinen Entscheidungen. "Sie geben mir keinen Seitenblick und verdrehen nicht die Augen", diktierte Merchan.

Als Costello den Richter dann fortwährend finster und mit rotem Gesicht anschaute, platzte es aus Merchan hörbar verärgert heraus: "Starren Sie mich nieder?" Er ließ daraufhin den Saal räumen. Journalisten durften den Saal nach einigen Minuten wieder betreten, die Befragung wurde fortgesetzt.

Trump selbst sagt nicht als Zeuge aus

Trump selbst wird in dem Prozess nicht als Zeuge aussagen. Trumps Anwälte beendeten am Dienstag die Zeugenbefragung, ohne ihn in den Zeugenstand zu rufen. Der Richter Juan Merchan kündigte daraufhin für Dienstag kommender Woche die Schlussplädoyers in dem Prozess an. Er erwarte, dass die Geschworenen dann "hoffentlich irgendwann am Mittwoch" mit ihren Beratungen beginnen könnten.

Im ersten Strafprozess der Geschichte gegen einen früheren US-Präsidenten wird Trump beschuldigt, mit gefälschten Geschäftsunterlagen ein Schweigegeld an die frühere Pornodarstellerin Stormy Daniels vertuscht und damit in illegaler Weise in die Präsidentschaftswahl eingegriffen zu haben.

Durch die Zahlung war die frühere Pornodarstellerin dazu gebracht worden, über eine angebliche Sexaffäre zu schweigen, die sie laut ihrer Schilderung im Jahr 2006 mit dem Immobilienmogul hatte. Trump bestreitet jeglichen sexuellen Kontakt mit der Frau und bezeichnet den New Yorker Prozess wie auch die drei weiteren gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklagen als politisch motivierte Manöver, um seinen Wiedereinzug ins Weiße Haus zu verhindern.

Mit Information von dpa und Reuters

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