Der Tauschraum in Neu-Ulm: ein Zimmer, in dem Regale voller Dinge stehen, in der Mitte des Raumes stehen Tische mit Kleidung.
Bildrechte: BR/Karl Spannenberger

Im Tauschraum können die Menschen sich einfach Dinge aussuchen und mitnehmen, sie müssen nicht unbedingt selbst etwas mitbringen.

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Second-Hand kostenlos: Der Tauschraum in Neu-Ulm

Was der eine nicht mehr will, kann sich der andere kostenlos nehmen. Der Neu-Ulmer Tauschraum schenkt vielen Dingen ein neues Leben. Dabei kommt auch Kurioses zum Vorschein.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Eine fast neue Winterjacke für Kinder, Weingläser, auf denen noch ein Preis klebt und ein pinkes Spielzeug, ein Barbie Cabriolet. Für Jung und Alt ist im Tauschraum in Neu-Ulm einiges geboten.

Allerhand Kurioses im Neu-Ulmer Tauschraum

Das Prinzip ist einfach: Wer etwas verschenken will, der bringt es in den Tauschraum. Wer etwas haben möchte, der stöbert nach Herzenslust und nimmt einfach mit so viel er will, ganz umsonst. Man muss auch nichts mitbringen, um etwas abholen zu dürfen. So kommt über die Zeit einiges Ungewöhnliche zusammen, erzählt die Initiatorin des Projekts Verena Rudolph. "Wir hatten schon einen original eingepackten Tamagochi." Ihre Kollegin Carmen Hörmann erzählt gar von einer Bettpfanne.

Viel Brauchbares im Tauschraum - aber auch Müll

Und da fangen die Probleme an. Eigentlich sind Hygieneartikel nicht erlaubt, sagt Carmen, die als 520-Euro-Aushilfe angestellt ist und in der Nachbarschaft wohnt. "Die Leute bringen aber Unterhosen und BHs, die sortieren wir dann natürlich aus". Unter den Geschenken sind auch Dinge, die die Menschen zwar noch für wertvoll halten, viele aber als Müll bezeichnen würden. Verena Rudolph sieht darin aber keine böse Absicht. Sie hat das Gefühl, dass die Menschen sich schwer von Dingen trennen können. "Dann bringt man es lieber hierher, bevor man es wegwirft. Dann übernehmen wir das halt und müssen es leider entsorgen."

Besucher nehmen nicht nur Waren mit

Mindestens ein Müllsack kommt so pro Tag zusammen. Drei Ehrenamtliche, Verena Rudolph und Carmen Hörmann sortieren daher die meiste Zeit Müll aus. Carmen putzt außerdem zweimal am Tag den Raum, und das ist auch nötig, sagt sie: "Hier ist immer was los." Kurios ist auch, dass die Besucher nicht nur Dinge abladen, die sie nicht vorbeibringen sollen. Sie nehmen auch Dinge mit, die nicht zum Verschenken gedacht sind. Besen und Handfeger, eine Fußmatte und auch eine Flyerbox sind schon weggekommen. "Wir hatten es auch schon, dass jemand eine volle Mülltüte ausgeleert hat und den Müllsack mitgenommen hat. Alles, was nicht festgebunden ist, verschwindet", erzählt Verena. Zum Glück nehmen sie das im Tauschraum bisher mit Humor.

Der Neu-Ulmer Tauschraum hat die Nachbarschaft verändert

Die Idee zum Projekt hatte Initiatorin Verena Rudolph durch ein Videospiel ihrer Kinder. Wegen ihre Arbeit bei der Wohnungsbaugemeinschaft NUWOG hatte sie die Möglichkeit, andere vom Tauschraum zu überzeugen. Und der Erfolg gibt ihr Recht: "Die Menschen in der Nachbarschaft haben sich durch den Tauschraum viel besser kennengelernt", sagt Carmen. Und auch auf den Bänken vor dem Tauschraum treffen sich gerade die Eltern aus dem Viertel. Dort wird getratscht, diskutiert und die Sonne genossen. Initiatorin Verena Rudolph sagt, sie wusste, dass es Bedarf gibt. "Aber, dass der so hoch ist, hat mich selbst überrascht."

Hilfe in Zeiten hoher Inflation

Rudolph sieht die Nachfrage aber auch als Folge einer Entwicklung, die bereits durch die Corona-Pandemie begonnen hat. Der finanzielle Druck auf die Leute sei gewachsen, sie erlebe das bei ihrer Tätigkeit für die NUWOG. "Immer mehr Menschen haben Mietschulden, das fällt schon auf", sagt Rudolph. Genau da kann ein Projekt wie der Tauschraum vielen unmittelbar helfen.

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