Rebecca Kolodziej schiebt ihr Fahrrad durch die Straubinger Innenstadt. "Es ist schon schnuckelig hier", sagt die Hamburgerin und blickt dabei zum Stadtturm hinauf. Dass das Wahrzeichen der Stadt nur etwa halb so groß ist wie der Hamburger Michel, beschreibt nur in Ansätzen, wie sich eine Norddeutsche aus der Weltstadt in der niederbayerischen Stadt mit rund 50.000 Einwohnern fühlen muss.
"Straubing? Nie gehört!"
Rebecca ist 20 Jahre alt und hat lange recherchiert, was sie studieren will. Dabei wurde sie auf den TUM Campus in Straubing aufmerksam. Beim Ableger der Technischen Universität München (TUM) steht das Thema Nachhaltigkeit im Mittelpunkt.
"Ich habe vorher tatsächlich noch nie von Straubing gehört", erzählt sie lachend. "Die meisten meiner Freunde wussten auch nicht, wo Straubing ist. Ich muss immer erklären: Das liegt so zwischen Regensburg und Passau - und dann leuchtet langsam ein Licht auf." Die Millionenstadt gegen das ihr unbekannte Niederbayern zu tauschen, sei ihr nicht so leichtgefallen. Aber die Freizeitmöglichkeiten an der Donau und im Bayerischen Wald sowie das Studienangebot hätten sie letztlich überzeugt.
680 Euro für 21 Quadratmeter
Seit Oktober lebt sie nun in der Gäubodenstadt – zunächst einmal im Studentenwohnheim auf 21 Quadratmetern. Die Miete beträgt erhebliche 680 Euro warm. "Für eine kleine Stadt ist das schon happig", sagt Rebecca, "meine Eltern unterstützen mich. Allein könnte ich das definitiv nicht stemmen." Dazu kommen etwa 70 Euro Studiengebühren pro Semester und die weiteren Lebenshaltungskosten. Der Plan ist es daher auch, nach zwei Semestern in eine günstigere Wohngemeinschaft zu ziehen.
Servus statt Moin
Zu Beginn ihrer Zeit in Niederbayern erfüllt sich das ein oder andere Klischee. "Klar, die Menschen sind hier etwas anders als an der Küste und ich verstehe auch nicht immer alles", schmunzelt Rebecca. Dass ihr "Moin" zur Begrüßung hier mit "Servus" beantwortet wird und die Brötchen Semmeln heißen, daran habe sie sich aber schnell gewöhnt. Gerade in der Innenstadt fühle sie sich sehr wohl: "Das ist schon cool hier, alles an einem Fleck, man ist mitten im Geschehen."
Englisch statt Niederbayerisch
Und auch der Campus macht das Einleben in der Fremde einfacher. Die etwa 1.000 Studierenden kommen zum großen Teil aus dem Ausland oder aus anderen Regionen Deutschlands. Die Vorlesungen finden daher auch teilweise auf Englisch statt. An der kleinen Uni hat sich die 20-Jährige schnell vernetzt. Sie studiert "Nachhaltiges Management und Technologie". "Für danach habe ich ehrlich gesagt noch keinen genauen Plan, aber ich kann mir vorstellen, in verschiedene Richtungen zu gehen - in die Wirtschaft oder die Politik oder zu einer NGO (Nichtregierungsorganisation, Anm. d. Red.)."
Bleiben oder gehen?
Am Abend kehrt Rebecca in die Straubinger Innenstadt zurück. Mit Studienkollegen trifft sie sich auf dem Christkindlmarkt. Ob sie der Region nach dem Studium treu bleibe, wisse sie noch nicht. "Ich glaube, ich bräuchte dafür noch mehr bindende soziale Kontakte nach Straubing, zu den Leuten lokal. Und nach dem Bachelor habe ich immer noch die Möglichkeit, überall hinzugehen. Da müsste mich irgendwas hier halten, bei dem ich sage, das gibt’s nur hier, das kann ich nur hier." Die Hamburgerin Rebecca wäre jedenfalls nicht die Erste, der das im schönen Niederbayern schließlich doch so geht.
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