Markus Söder stellt seinen "Masterplan Migration" vor
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Söders Pläne zur Migration: Was die Forderungen bringen würden

Söders Pläne zur Migration: Was die Forderungen bringen würden

Das Bayerische Kabinett hat Anfang der Woche mehrere Bundesratsinitiativen zur Eindämmung der "irregulären Migration" vorgestellt. Welche Chance hat die Staatsregierung, diese Forderungen durchzusetzen? Und was würden sie bewirken?

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Ein halbes Dutzend Bundesratsinitiativen zur "Eindämmung der irregulären Migration" hat das bayerische Kabinett am Montag in seiner Sitzung beschlossen und in der anschließenden Pressekonferenz vorgestellt. Wirklich neue Ideen präsentierte die Staatsregierung dabei laut Migrationsexperten von der Universität Erlangen, dem Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) und dem Max-Planck-Institut nicht. Ein Teil der Ansätze stand bereits im Masterplan Migration aus dem Jahr 2018 vom damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer. Andere Ideen seien identisch mit Vorstößen der CDU-Bundestagsfraktion aus dem vergangenen Jahr. Und den Experten zufolge werden einige der bayerischen Forderungen bereits von der Ampel umgesetzt oder geplant, andere seien unvereinbar mit dem EU-Recht und der Genfer Flüchtlingskonvention.

Wie lauten die Forderungen an den Bund?

Die einzelnen Punkte im Überblick: Die Bayerische Staatsregierung will das Grundrecht auf Asyl reformieren. Das Ziel laut Kabinettsbericht: "Statt in Deutschland bei internationalen Krisen individuell und unbegrenzt Schutz zu gewähren, könnte man künftig mit festen Aufnahmezusagen der EU arbeiten." Darüber hinaus fordert Bayern einen effektiveren Grenzschutz mit Zurückweisungen trotz Asylgesuch, Ausreisezentren an Flughäfen, die vom Bund betrieben und bezahlt werden, um Rückführungen schneller durchzusetzen, eine "realistische Integrationsgrenze", schnellere Asylgerichtsverfahren, eine Ausweitung der sicheren Herkunftsländer auf Algerien, Armenien, Indien, Marokko und Tunesien, und: "Neu ankommende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen künftig wieder nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten und nicht in den Bürgergeld-Bezug fallen".

Findet Söder eine Mehrheit im Bundesrat?

Ihre Forderungen untermauert die Staatsregierung jetzt in Form von Bundesratsinitiativen. Denn bei all diesen Punkten handelt es sich um Themen, die der Freistaat selbst nicht in der Hand hat. Um diese Gesetzentwürfe über die Länderkammer beim Bundesgesetzgeber einzuspeisen, braucht Bayern die Mehrheit im Bundesrat. Darauf, dass mehr als die Hälfte der Länder zustimmen, kann das Kabinett Söder allerdings nicht setzen. Bayern ist aktuell das einzige Land mit einer "bürgerlichen" Regierungskoalition. In allen anderen Bundesländern ist einer der Ampelpartner mit am Kabinettstisch.

Warum versucht die Staatsregierung es trotzdem?

Bayern erhöht in der Migrationsfrage den Druck auf die Ampelkoalition. Ein Druck, der unter anderem aus den Kommunen kommt, die sehr große Schwierigkeiten haben, die Geflüchteten zu integrieren, etwa was die Bereiche Wohnen, Kitas und Schulen angeht. Und gleichzeitig gehe es darum, den Menschen im Freistaat das Gefühl zu geben, dass es durchaus Mittel und Wege gebe, Migration zu begrenzen, vermutet etwa Constantin Hruschka vom Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik. Söder selbst nannte in der Pressekonferenz eine weitere Triebfeder neben der Überforderung der Kommunen: die Sorge um die Demokratie. Auch wenn er die AfD dabei nicht direkt nannte: Die steigenden Umfragewerte der in Teilen rechtsextremistischen AfD, die sich vor allem über eine strikte Migrationspolitik definiert, setzen auch die konservativen Parteien wie CDU und CSU massiv unter Druck.

Könnten die bayerischen Forderungen dennoch umgesetzt werden?

Diesem Druck sind auch die Ampelparteien seit Monaten ausgesetzt. Nicht zuletzt deshalb werden einige der Forderungen aus Bayern aktuell ohnehin von der Bundesregierung bereits geplant und umgesetzt, erklärt Marcus Engler vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM). Er spricht von einer "Kampagne" der Union seit Herbst 2022, die "auf Resonanz" stoße. Ein Beispiel: Das sogenannte "Rückführungsverbesserungsgesetz", das in dieser Woche den Bundestag passiert hat. Das Ziel dieses Gesetzes: Mehr Effizienz bei Abschiebungen von Menschen ohne Bleibeperspektive. Vieles davon sei letztlich politischer Konsens zwischen Union und Ampel. Auch wenn Unionsvertreter betonen, das Ampel-Gesetz gehe ihnen nicht weit genug. Tatsächlich ist nach Ansicht von Experten ist hier kein großer Effekt zu erwarten, um die irreguläre Migration spürbar einzudämmen. Von etwa 600 Abschiebungen mehr pro Jahr geht man seitens der Bundesregierung aus.

Einen ähnlich geringen Effekt erwarten die Forscher vom DeZIM und dem Max-Planck-Institut bei der Ausweitung der sicheren Herkunftsländer auf Algerien, Armenien, Indien, Marokko und Tunesien: Die Zahl der Geflüchteten aus diesen Ländern sei marginal. Sollte die Forderung, die aktuell an den Grünen in der Ampel scheitert, doch noch umgesetzt werden, würde das die Kommunen also nur minimal entlasten.

Kann das Grundrecht auf Asyl so einfach reformiert werden?

Der Punkt des "Masterplans Migration" der bayerischen Staatsregierung, das Grundrecht auf Asyl zu reformieren, stößt auf besonders viel Kritik bei den Migrationsforschern. Sollte sich Deutschland, wie von Markus Söder und seinem Innenminister Joachim Herrmann gefordert, vom individuellen Recht auf Asyl verabschieden wollen, komme das unter anderem einem Bruch des EU-Rechts gleich, so die einhellige Meinung.

So schreibt die Politikwissenschaftlerin der Universität Erlangen, Petra Bendel, der im Grundgesetz verankerte "menschenrechtliche Standard" sei "auch in der Genfer Flüchtlingskonvention, in der Europäischen Menschenrechtskonvention und im europäischen Sekundärrecht, also in den EU-Richtlinien und Verordnungen zum Asylrecht" verankert. Und diese hätten in Deutschland "Vorrang vor dem nationalen Recht". Deutschland könne dieser "Verpflichtung" also letztendlich nur entgehen, indem es aus der EU austräte und schließlich auch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, so Bendel.

Und der Experte für Sozialrecht und Sozialpolitik, Constantin Hruschka, betont, eine Reform des Asylgrundrechts sei aktuell "besonders ungünstig", weil es die jüngsten Bemühungen auf europäischer Ebene, die Migrationspolitik zu reformieren, "konterkariert".

Wie bewerten Experten den "Masterplan Migration"?

Von einem "symbolischen Konzept" ist die Rede bei Constantin Hruschka vom Max-Planck-Institut. Von einem Plan, der "nicht mehr weit weg vom AfD-Programm" beim Thema Migration sei, spricht Marcus Engler vom DeZIM. Er bedauert, dass dieser Plan ausschließlich eine "nationale, eindimensionale" Perspektive habe, die Geflüchtete ausschließlich als "Belastung, Bedrohung und Sicherheitsproblem" einstufe.

Und Politikwissenschaftlerin Bendel erinnert noch an die deutsche Geschichte, aus der heraus das Recht auf Asyl im Grundgesetz festgeschrieben worden sei. Der bayerische Ministerrat müsse sich darauf besinnen, dass das Grundrecht auf Asyl ein hohes Gut darstelle: "Denn während des Zweiten Weltkriegs standen Jüdinnen und Juden, die vor den Nazis fliehen wollten, vor der Schwierigkeit, dass kaum ein Staat bereit war, sie aufzunehmen. Sie waren diesen Staaten gegenüber völlig rechtlos", so die historische Einordnung der Erlanger Professorin für Politikwissenschaften.

Dieser Artikel ist erstmals am 17. Januar 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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