Etwa 80 Bayerinnen und Bayern sind im Deutschen Martyrologium der Katholischen Kirche verzeichnet, weil sie als Christen während des 20. Jahrhunderts für ihre Werte und ihren Glauben sogar den Tod in Kauf genommen haben. Einer von ihnen ist der Allgäuer Michael Lerpscher.
Michael Lerpscher: Wegen Gewaltlosigkeit enthauptet
Lerpscher stammte aus dem Landkreis Sonthofen im Allgäu, die Eltern waren wohlhabende Bauern. Weggefährten beschreiben ihn schon in Jugendjahren als fromm und ungeheuer willensstark. Er war Klosterschüler in St. Ottilien und ab 1935 Laienbruder in der Christkönigsgesellschaft in Meitingen. Er entschied sich, nach dem Evangelium zu leben – einschließlich Gewaltlosigkeit und Feindesliebe.
Als er im Frühjahr 1940 einberufen wurde, verweigerte er deshalb den Kriegsdienst. Dass er anbot, als Sanitäter zu arbeiten, half ihm nicht. Wegen sogenannter "Wehrkraftzersetzung" wurde er zum Tode verurteilt und am 5. September 1940 im Zuchthaus Brandenburg-Görden mit der Guillotine enthauptet. Dieses Fallbeil steht heute im Depot des Deutschen Historischen Museums in Berlin - den Augen der Öffentlichkeit entzogen.
Selma Elisabeth Graf: Die Bamberger Ärztin der Armen
Selma Elisabeth Graf kam 1887 als Tochter eines jüdischen Ehepaares in Nürnberg zur Welt. Sie studierte Medizin, heiratete einen Bamberger Apotheker, konvertierte zum Katholizismus und eröffnete in Bamberg eine Praxis für Frauen- und Kinderheilkunde, in der sie arme Leute oft für ein geringes Honorar oder auch umsonst behandelte.
Mit der Machtergreifung unterstellte man ihr, sie habe gegen Geld Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen. 1939 wurde sie zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt, kam jedoch drei Jahre später nach Auschwitz, wo sie ums Leben kam - angeblich an der Grippe.
Johann Igl: "Warum beseitigt niemand den Hitler?"
Johann Igl stammte aus einem Dorf in der Nähe von Kallmünz in der Oberpfalz. Als uneheliches Kind lebte er in ärmlichen Verhältnissen und musste seinen Lebensunterhalt schon mit 12 Jahren als Hirtenbub verdienen. 1942 heiratete er und wurde Vater zweier Töchter. Aus seiner Gegnerschaft zu Nationalsozialismus, Terror und Krieg machte er keinen Hehl. Kameraden warnten ihn sogar, dass ihn das den Kopf kosten könne. Doch das kümmerte ihn nicht: "Das ist mir gleich, was mir geschieht. Wir sollten alle mehr Mut haben."
Nach einem schweren Luftangriff im Februar 1944 wurde Johann Igl bei der Gestapo denunziert, weil er gefragt hatte, warum eigentlich niemand Adolf Hitler beseitigt. Er wurde verhaftet, wahrscheinlich gefoltert und wegen "Wehrkraftzersetzung" zum Tode verurteilt. Noch kurz vor der Befreiung wurde er am 21. April 1945 in Regensburg gehängt.
Pfarrer Josef Grimm: Die bayerische Fahne gehisst
Der Dorfpfarrer und Landwirt Joseph Grimm lebte in dem kleinen oberbayerischen Dorf Götting, 15 Kilometer westlich von Rosenheim. Als er am 28. April 1945 vom Lehrer Georg Hangl hörte, dass die Freiheitsaktion Bayern im Radio durchgesagt hatte, man solle die Städte, Dörfer und Gemeinden friedlich an die Amerikaner übergeben, stieg er beherzt auf den Turm seiner Kirche hinauf, öffnete das Guckerl in der mit Holzschindeln verkleideten Turmzwiebel und hisste die bayerische Fahne.
Die Hakenkreuzfahne warfe er aus dem Fenster. Sie landete in der Dachrinne der Kirche und flatterte noch etwas. Eine SS-Einheit, die auf dem Rückzug in Götting Station machte, holte den Pfarrer ab, fuhr ihn in ein Waldstück und erschoss ihn dort. Dasselbe Schicksal erlitt der Lehrer Georg Hangl.
Viele Selige und Heilige aus dem 20. Jahrhundert
Papst Johannes Paul II. wollte mehr Menschen selig- und heiligsprechen. Deshalb hat er 1994 die Bischofskonferenzen, Diözesen und Ordensgemeinschaften in aller Welt aufgefordert, bis zum Jahr 2000 möglichst alle Märtyrer des 20. Jahrhunderts zu benennen und ihre Lebensgeschichten zu recherchieren. In seiner Amtszeit sind so viele Christinnen und Christen selig- oder heiliggesprochen worden wie in der bisherigen Kirchengeschichte nicht.
Von den Guillotinen, mit denen die Nazis tausende Widerständler hingerichtet haben, sind in Deutschland lediglich zwei ausgestellt. Die meisten sind angeblich verschollen, einige stehen in den Depots der Museen. Auch die Guillotine des Gefängnisses München-Stadelheim, die für Bayern "zuständig" war, darf der Öffentlichkeit nicht gezeigt werden. Der Freistaat Bayern hat es verboten.
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