Symbolbild: Kirchenbänke in einer Kirche.
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Streit mit Mömbriser Diakon: Bischof Jung wechselt Pfarrer aus

Der Mömbriser Diakon Reinhold Glaser bleibt suspendiert, das bestätigte jüngst sogar der Vatikan. Jetzt gab der Würzburger Bischof Jung weitere personelle Konsequenzen des innerkirchlichen Streits bekannt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Der Pastorale Raum Kahlgrund, der durch einen innerkirchlichen Streit zuletzt immer wieder in den Schlagzeilen war, bekommt einen neuen Pfarrer. Wie der Würzburger Bischof Franz Jung in einem Brief an die Gläubigen mitteilt, solle dadurch ein Neuanfang ermöglicht werden.

Hintergrund ist ein innerkirchlicher Konflikt zwischen dem Bistum Würzburg und dem bisherigen Pfarrer Hartung auf der einen Seite und dem inzwischen suspendierten katholischen Diakon Reinhold Glaser aus Mömbris auf der anderen Seite. Pfarrer Andreas Hartung werde laut Bistum auf eigenen Wunsch in den Pastoralen Raum St. Benedikt-Schwarzach am Main wechseln. Dort werde er mit Dienstsitz in Volkach als Teampfarrer wirken. Sein kommissarischer Nachfolger wird ab 1. Dezember der Kah­ler und Karl­stei­ner Pfar­rer Ma­ri­usz Ko­wal­ski.

Auslöser: Wunsch nach flexiblen Gottesdienstzeiten

Seit fast zwei Jahren zieht sich der Konflikt im Pastoralen Raum Kahlgrund zwischen Diakon Reinhold Glaser und Pfarrer Andreas Hartung schon: Entbrannt ist er um die Gottesdienstzeiten. Der Diakon wollte mehr Flexibilität, etwa bei Beerdigungen und Taufen. Der Pfarrer und das Pastoralteam dagegen wollten eine einheitliche Regelung ohne Abweichungen.

Der Streit darum sorgte für so heftige Diskussionen, dass der Würzburger Bischof den Diakon im Januar 2023 schließlich wegen Ungehorsams mit einem Strafdekret suspendierte. Doch Glaser wehrte sich mit Hilfe seines Anwalts, bis er sich schließlich an den Vatikan wandte und dort Beschwerde einreichte.

Vatikan weist alle Beschwerden des Diakons zurück

Mit einem Schreiben wies das in Rom für die Angelegenheiten von Priestern und Diakonen zuständige "Dikasterium für die Kleriker" nun alle hierarchischen Beschwerden von Diakon Glaser zurück, wie die Pressestelle des Ordinariats Würzburg (POW) mitteilte. Das Dikasterium bestätige die von Franz Jung gegen Diakon Glaser erlassenen Dekrete und weise dessen Beschwerden dagegen zurück. Sie seien sachlich und rechtlich unbegründet.

Damit sei die Suspendierung Glasers nun wirksam, so das Ordinariat. Die mit der Diakonenweihe verbundenen Vollmachten und Dienste sowie die Ausübung seiner Rechte als Mitglied des Pfarrgemeinderats seien Glaser verboten. Auch die Versetzung Glasers in den dauernden Ruhestand sowie eine bereits im Herbst 2022 vom Bischof gegenüber Glaser ausgesprochene Untersagung bestätige der Vatikan. Die Ausübung des Dienstes des Ständigen Diakons im Pastoralen Raum Kahlgrund sowie jede Einmischung in die Seelsorge dort seien Glaser damit nicht mehr erlaubt.

Suspendierter Diakon: Rom nimmt Verfahrensverstöße des Bischofs hin

Auf Nachfrage von BR24 schreibt der suspendierte Diakon, die vom Dikasterium formulierte Antwort überrasche ihn keineswegs. So habe es bei beiden Verfahren "rechtsstaatlich wesentliche Verfahrensverstöße" gegeben, die auch Rom aufgefallen seien. Das Dikasterium habe im Suspensionsverfahren festgestellt, dass der "Oberhirte das definierte Verfahren nicht vollständig eingehalten hat". Soll heißen: Glaser sei nicht mitgeteilt worden, dass gegen ihn ein Verfahren im Gange ist und ihm sei auch kein rechtliches Gehör gegeben worden. Deshalb habe er erst mit der Übergabe des Suspensionsdekretes von dem Verfahren erfahren und konnte erst dann einen Rechtsanwalt zur Verteidigung hinzuziehen.

Diakon nicht zu "blindem Gehorsam" bereit

Im Dienstuntersagungsverfahren habe das Dikasterium festgestellt, dass eine kirchenrechtliche Vorschrift "vernachlässigt" worden sei: Die Vorwürfe seien ihm nicht schriftlich vor einer Maßnahme mitgeteilt worden, damit er Stellung nehmen könne. Rom habe diese "offensichtlichen" Verstöße zwar erkannt und benannt, dann aber als "scheinbar lässliche Sünden des Bischofs" hingenommen, so Glaser zu BR24. Die Dekrete habe das Dikasterium letztlich mit der Begründung bestätigt, dass der suspendierte Diakon "nicht zu blindem Gehorsam und völliger hierarchischer Abhängigkeit bereit" sei, meint Glaser: Er habe wohl wegen "Widersetzlichkeit" beseitigt werden müssen – "egal mit welchen Mitteln".

Gegen den Würzburger Bischof und das Dikasterium erhebt er schwere Vorwürfe: Diese seien von der "Rechtsstaatlichkeit und einem fairen und gerechten Vorgehen so weit entfernt, wie es die Kirchenobrigen bei der Behandlung der Fälle von Machtmissbrauch waren und zum Teil noch sind".

Bischof: Vorwürfe des Diakons "unzutreffend"

Das bischöfliche Ordinariat weist die Vorwürfe gegenüber BR24 als "unzutreffend" zurück. Es habe sich gar nicht um ein staatliches, sondern um ein rein innerkirchliches Verfahren gehandelt – ein Verstoß "gegen eine weltlich-rechtliche Verfahrensordnung und ihre Grundsätze" könne deshalb "ohnehin nicht geltend gemacht werden". Aber auch im Hinblick auf die vereinfachte kanonische Verfahrensordnung stelle Rom "keineswegs wesentliche Verstöße" fest, sondern bescheinige "ausdrücklich, das Verteidigungsrecht hinreichend beachtet und die Entscheidung nach Maßgabe der kirchenrechtlichen Normen getroffen zu haben", so das Ordinariat weiter.

Nachdem der Bischof dem Diakon die Dienstausübung untersagt hat, soll dieser "nicht nur mehrfach" dagegen verstoßen haben, sondern auch öffentlich angekündigt haben, sich auch künftig nicht daran zu halten. Daraufhin habe der Bischof ihn suspendiert, was er aber bereits im Vorfeld für den Fall des Zuwiderhandelns angekündigt habe. "Eine nochmalige Vorladung des Diakons zu einem weiteren Gespräch zur Wahrnehmung seiner Verteidigung erschien unnötig", so das Ordinariat.

Glaser: Veränderungen bei Requiem, Jubiläen und Taufen erreicht

Reinhold Glaser hat nach eigenen Angaben nun 60 Tage Zeit, Einspruch gegen das Schreiben des Dikasteriums einzulegen. Noch überlege er mit seinem Rechtsanwalt, wie er sich weiter verhalte. Das Bistum Würzburg betont aber, dass eine weitere Überprüfung auf die Gesetzmäßigkeit des römischen Dekrets keine erneute aufschiebende Wirkung habe.

Gleichzeitig wolle Glaser bei seinen Überlegungen aber berücksichtigen, dass er in der Sache einiges erreicht habe – nämlich, "dass zukünftig bei Taufen, Jubiläumsgottesdiensten und Requiem die Anliegen der Menschen berücksichtigt werden", schreibt Glaser BR24. Genau darum war der Streit ja entbrannt und der suspendierte Diakon geht davon aus, dass die Auseinandersetzung und die in dem Zusammenhang übergebene Petition hier durchaus etwas gebracht hätten.

So sollen Requiems in direkter Verbindung zu Beisetzungen nun auf Wunsch der Gläubigen offenbar möglich sein. Auch Jubiläumsgottesdienste wie beispielsweise zum Ehejubiläum seien wieder möglich. Und auch Taufen gebe es laut Glaser zukünftig möglicherweise wieder an Samstagen. Diese Veränderungen seien aber meist im Stillen "hinter verschlossener Türe" eingeleitet worden, kritisiert Glaser. Ihn selbst als "Boten" der Kritik an den vorherigen Verfahrensweisen habe der Bischof dagegen "zu beseitigen versucht" wegen seiner "Widersetzlichkeit".

Bischof: Pastorale Standards öffentlich diskutiert

Dazu verweist das Bistum darauf, dass bereits im Februar 2020 – also vor dem Streit – eine Arbeitsgruppe ihre Arbeit zu solchen pastoralen Standards aufgenommen habe. Die Frage der Begleitung der Gläubigen bei den Lebenswenden wie Geburt, Hochzeit oder Tod beschäftige die Seelsorger und Seelsorgerinnen im ganzen Bistum Würzburg. In der Arbeitsgruppe seien Vorlagen erörtert worden, über deren Umsetzung und Beschluss die Pastoralteams diskutierten. "Kurskorrekturen zum bisherigen Handeln" würden gemeinsam vor Ort besprochen.

Die Pastoralen Standards "zu den Themen Sterben, Tod und Trauer wurden in aller Öffentlichkeit diskutiert und erarbeitet", heißt es weiter. Die "Widersetzlichkeit von Diakon Glaser" bestehe darin, dass er den bei seiner Weihe versprochenen Gehorsam gegenüber seinem Bischof mehrfach nicht eingehalten und gegen die Kirche und gegen den Bischof gehandelt habe. "Seine Alleingänge haben zerstörerische Wirkung. Dies betrifft unmittelbar das Pastoralteam, aber auch die kirchliche Gemeinschaft im Ganzen", so das Ordinariat.

Weiterer Streitpunkt: eigener Verein für Seelsorge legitim?

Ein weiterer Streitpunkt zwischen dem suspendierten Mömbriser Diakon und dem Bistum Würzburg: Glaser hat den "Verein für christliche Seelsorge in Freiheit" gegründet – weil er dort "lebensnahe christliche Seelsorge" anbieten wollte, bewusst für Menschen, die sich nicht mehr von der römisch-katholischen Kirche abgeholt fühlen und enttäuscht sind, so Glaser. Damit habe er sich "ein weiteres Mal von der kirchlichen Gemeinschaft entfernt", stellte das Dikasterium klar. Das Vertrauensverhältnis sei damit nachhaltig zerrüttet.

Diakonweihe ewig gültig?

Auf Nachfrage von BR24 teilt Reinhold Glaser mit, seine Tätigkeit als Diakon im Rahmen des Vereins bereite ihm Freude und sei auch weiterhin uneingeschränkt gültig und wirksam. Die Diakonenweihe sei wie jedes Sakrament ewig gültig und nicht von formalen Verboten des Bischofs oder Dikasteriums abhängig. Dagegen betont das Bistum: Der Verein "steht nicht in Gemeinschaft mit der Kirche. Sakramente sind als Zeichen des Heils Handlungen der Kirche und können nicht von ihr getrennt oder als Privathandlungen gesehen werden."

So etwas wie einen "Diakon in Freiheit" gebe es nicht. Glaser handle aufgrund seiner Suspendierung nicht im Auftrag oder im Namen der Kirche. Die von ihm gespendeten Sakramente seien "gänzlich unerlaubt" und teilweise "auch ungültig", so zum Beispiel bei Trauungen. Bereits im Sommer hatte das Bistum Glaser "jedwede Mitarbeit in dem von ihm gegründeten, kirchenrechtlich illegitimen Verein" verboten.

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