Mit dem Schuhe ausziehen beginnt für Wolfgang Seufert das Eintauchen in den Islam. "Ich will aus erster Hand sehen, wie Muslime hier leben und mich nicht auf Geschichten von irgendwelchen Leuten verlassen, die irgendwas erzählen", sagt Seufert. Der Gymnasiallehrer ist zum ersten Mal in einer Moschee. Auf Einladung eines Schülers besucht er die Baitunnaseer Moschee in Augsburg-Oberhausen, einem Stadtteil mit hohem Migrationsanteil.
Bei Kaffee und Kuchen kontoverse Themen diskutieren
Die Ahmadiyya-Gemeinde ist mit rund 250 Mitgliedern eine der kleineren muslimischen Gemeinden der Stadt. Zum jährlichen "Tag der offenen Moschee", an dem sich bundesweit knapp 1.300 muslimische Gotteshäuser beteiligen, gewährt sie seltene Einblicke.
Bei Gesprächen und kleinen Aktionen und einer Ausstellung soll es darum gehen, die Moschee zu erkunden und deren Mitglieder kennenzulernen, sagt Luqman Ahmad Shahid: "Die Gespräche sind sehr allgemein gehalten. Aber langsam kommt es bei Kaffee und Kuchen zu intensiveren Gesprächen. Ich bin Theologe und ich habe keine Probleme auch mit schwierigen Fragen", sagt der Imam. Denn an diesem Tag sollen auch kontroverse Themen angesprochen werden – zum Beispiel die Rolle der Frau im Islam.
Friedliches Miteinander – und ein "deutscher Islam"
Probleme oder Anfeindungen aufgrund der angespannten Situation im Nahen Osten erleben die Mitglieder nach eigener Aussage nicht. Es sei vielmehr ein friedliches Miteinander. Das ist auch der Eindruck von Lehrer Wolfgang Seufert: "Man sieht in gewissen Ländern sehr harten, politisierten Islam und ich habe das Gefühl, dass sich so langsam ein deutscher Islam entwickelt, der anders und offener ist. Viele meiner Schüler sagen, wenn Schwule heiraten wollen oder Lesben, das ist doch deren Sache. Also das ist sehr positiv", sagt Seufert. Das Interesse an anderen Kulturen und Religionen bringe die Menschen näher zusammen.
Tag der offenen Moschee als "Zeichen der Hoffnung"
Seit 1997 findet der "Tag der offenen Moschee" am 3. Oktober statt. "Jedes Jahr nehmen Hunderttausende Bürgerinnen und Bürger daran teil, kommen ins Gespräch und stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das ist in diesen Zeiten besonders wichtig", teilt der Koordinationsrat der Muslime mit.
Der "Tag der offenen Moschee 2024" solle ein Zeichen der Hoffnung und des Wandels setzen. "Indem wir die Bedeutung des Lebens betonen und uns für dessen Schutz engagieren, fördern wir Respekt und Fürsorge. Jeder von uns kann zu einer gerechteren Welt beitragen", heißt es in einer Pressemitteilung des Koordinationsrats.
Im Video: Tag der offenen Tür: In der Baitunnaseer Moschee in Augsburg-Oberhausen
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!