In München und Oberbayern beschäftigen sich die Polizei und Justiz seit Jahren mit einer Serie von Brandanschlägen auf die Infrastruktur und Baumaschinen mit Schäden von insgesamt mehreren Millionen Euro. Die Täter werden im linksextremen Spektrum vermutet. In wie vielen Fällen genau ermittelt wird, das beantwortet die Generalstaatsanwaltschaft München auf BR-Anfrage nicht. Sie prüfe aber mögliche Zusammenhänge der Anschläge in Bayern mit dem jüngsten Vorfall am Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin, so ein Sprecher.
Brandanschläge auf Infrastruktur in Bayern
Zuletzt kam es zu einem vorsätzlich gelegten Brand in einem Kieswerk im oberbayerische Kirchseeon vergangenen Monat. Durch das Feuer wurden eine Halle, ein Nebengebäude, zwei Radlader und mehrere Förderbänder beschädigt. Einige Wochen zuvor war im Münchner Süden eine Baumaschine abgebrannt. Mitten in der Nacht alarmierten Anwohner in Mittersendling die Feuerwehr wegen lauter Knallgeräusche. Diese waren auf das Platzen der Reifen eines brennenden Radladers zurückzuführen. Als die Einsatzkräfte eintrafen, konnten sie nicht mehr viel ausrichten, die Baumaschine brannte vollständig ab.
Anfang Dezember 2023 kam es in München gleich zu drei Bränden. Im Perlacher Forst und im Forstenrieder Park brannten zwei tonnenschwere Harvester, im Bereich der Ludwigsbrücke an der Isar ein Kabelschacht. Ein mit 2,5 Millionen Euro Schaden bezifferter Anschlag ereignete sich in der Nacht zum 2. Oktober 2023 in Polling im Landkreis Mühldorf am Inn. Dort zerstörten mehrere Brände über zehn Schwergeräte auf der Baustelle einer entstehenden Geothermie-Anlage. Außerdem war der Zugverkehr zwischen Tüßling und Mühldorf wegen eines angezündeten Kabelschachts an der Bahnlinie über Stunden lahmgelegt.
Anonyme Gruppe bekennt sich zu Brandanschlag
Gemeinsam haben diese Fälle, dass die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) aufgrund der Tatobjekte und -modalitäten von einem extremistischen Hintergrund ausgeht. Doch lediglich in einem Fall der jahrelangen Brandanschlagsserie in Bayern hat sich tatsächlich eine Gruppe von Aktivisten zu einer der Taten bekannt. Anonym übernahm sie im Internet Verantwortung für den folgenschweren Brandanschlag auf ein Stromkabel im Münchner Osten im Mai 2021. Das Ziel des Angriffs sei das Firmengebäude des Rüstungskonzerns Rohde & Schwarz gewesen. Der Brand führte dazu, dass 20.000 Haushalte für mehrere Stunden keinen Strom hatten.
Bekennerschreiben: Linksextremistische Gruppe wollte Tesla sabotieren
Auch kurz nach dem jüngsten Anschlag in Grünheide bei Berlin tauchte im Internet ein Bekennerschreiben auf: "Wir haben heute Tesla sabotiert", schreibt die als linksextremistisch eingestufte "Vulkangruppe". "Wir haben uns mit unserer Sabotage den größtmöglichen Blackout der Gigafactory zum Ziel gesetzt", hieß es weiter in dem Schreiben, das von Sicherheitsbehörden inzwischen als authentisch eingeschätzt wird.
Der Brandanschlag auf einen Strommast in der Nähe der Fabrik hatte zum tagelangen Produktionsstopp des Tesla-Werks geführt. Aber auch die Stromversorgung eines großen Logistikzentrums der Handelskette Edeka war betroffen. Von dort werden rund 500 Supermärkte in Berlin und Brandenburg beliefert, bei denen es teilweise zu deutlichen Versorgungsengpässen kam.
Faeser warnt vor linksextremistischer Gewaltbereitschaft
Im Zusammenhang mit dem Anschlag warnt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor einer gewaltbereiten linksextremistischen Szene: "Wenn sich ein linksextremistisches Motiv bestätigt, dann ist das ein weiterer Beleg dafür, dass Linksextremisten selbst vor schweren Eingriffen in unsere Energieinfrastruktur nicht zurückschrecken", sagte sie der "Rheinischen Post". Es sei ein Gesetzentwurf in Arbeit, der die Betreiber von kritischer Infrastruktur verpflichten soll, mehr für die Vorsorge gegen mögliche Angriffe zu tun.
Anstieg gewaltbereiter Personen innerhalb linksextremistischer Szene
In Bayern, so Innenminister Joachim Herrmann (CSU), bestehe ein Kontakt zu den entsprechenden Firmen und Anlagenbetreibern und man arbeite an weiteren Sicherheitskonzepten. Laut bayerischem Verfassungsschutzbericht 2022 – der Bericht von 2023 liegt noch nicht vor – ist die Zahl an gewaltorientierten Personen innerhalb der linksextremistischen Szene von 800 Personen in 2020 auf 880 in 2022 gestiegen. Die Zahl an linksextremistischen Straftaten im selben Zeitraum ist aber deutlich gesunken. Waren es im Jahr 2020 noch 705, wurden 2022 364 insgesamt Straftaten gezählt.
Herrmann beobachtet jedoch in den vergangenen Jahren einen Anstieg linksextremistischer Aktionen: "Wir haben überhaupt kein Verständnis dafür, wenn so etwas als Gewinn für die Umwelt bezeichnet wird. Das ist brutaler, ja, letztendlich Ansatz schon zum Terrorismus." Die Polizei habe im Blick, dass Angriffe auf die kritische Infrastruktur und Baumaschinen in Bayern zugenommen haben.
Im Video: Interview mit Extremismus-Experte Jürgen P. Lang
Dieser Artikel ist erstmals am 9. März 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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