Tessa Ganserer am 20.06.24
Bildrechte: pa/Panama Pictures/Dwi Anoraganingrum
Videobeitrag

Tessa Ganserer am 20.06.24

Videobeitrag
>

Zu viel Hass: Tessa Ganserer tritt nicht erneut für Bundestag an

Zu viel Hass: Tessa Ganserer tritt nicht erneut für Bundestag an

Sie ist eine der bekanntesten trans Politikerinnen, aber für den Bundestag wird Tessa Ganserer nicht erneut kandidieren. Die 47-jährige Grünen-Politikerin aus Bayern nennt als Hauptgrund "menschenverachtenden Hass". Es sei aber "kein Weglaufen".

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer aus Niederbayern tritt nicht mehr zur kommenden Bundestagswahl an. Es habe nichts mit dem Rücktritt der beiden Parteivorsitzenden sowie den Austritten bei der Grünen Jugend zu tun, erklärte die 47-Jährige. Es sei der Hass, der ihr als trans Frau entgegengebracht worden sei.

Ein Leben mit Spott und Bedrohungen

"Der menschenverachtende Hass, der mir nicht wegen meiner politischen Inhalte, sondern aufgrund meines Seins entgegengebracht wurde, ist mir gewaltig an die Nieren gegangen", schreibt Ganserer in einer am heutigen Mittwoch veröffentlichten Mitteilung. Für sie sei es "an der Zeit, meinem Leben nochmal eine andere Richtung zu geben, mir andere Aufgaben und Wirkstätten zu suchen".

Im Plenum des Bundestags wurde Ganserer häufig zum Ziel abfälliger Bemerkungen aus der AfD-Fraktion. Wegen solcher Äußerungen verhängte Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) im Juni ein Ordnungsgeld gegen die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch.

Ganserer will nicht das ganze Leben in der Politik verbringen

Ganserers Entscheidung sei aber "kein Weglaufen vor denen, die mich seit Jahren verspotten, beleidigen und bedrohen", betonte die Politikerin. Die Arbeit als Abgeordnete habe sie "menschlich enorm bereichert". Weiter schreibt sie: "Ich kann gar nicht mehr zählen, wie viele mir gesagt haben, dass ich ihnen mit meiner politischen Arbeit Mut mache." Eine "höhere Anerkennung" für ihre Arbeit könne sie sich nicht vorstellen.

Die Abgeordnetentätigkeit habe sie auch stark vereinnahmt – und für sie sei klar gewesen, dass sie nicht das ganze Leben in der Politik verbringen wolle.

Vertreterin der Rechte von queeren Menschen

Die gelernte Forstwirtin wurde bei ihrer Geburt dem männlichen Geschlecht zugeordnet. 2018 hatte sie ihr öffentliches Coming-Out während der laufenden Legislaturperiode im bayerischen Landtag. Ganserer war die erste Abgeordnete in Deutschland, die sich in der Öffentlichkeit als trans outete.

2021 zog Tessa Ganserer für den Wahlkreis Nürnberg-Nord in den Bundestag ein und setzt sich dort vor allem für die Rechte queerer Menschen ein. Ein Anliegen ihrer Abgeordnetentätigkeit war das Selbstbestimmungsgesetz, das zum 1. November in Kraft tritt. Es erleichtert Menschen, ihr Geschlecht und ihren Vornamen amtlich ändern zu lassen.

Neues Selbstbestimmungsgesetz

Bislang mussten Menschen, die ihren Vornamens- und Geschlechtseintrag offiziell ändern wollten, viel Zeit und Geld investieren. Vorgeschrieben waren bislang zwei psychologische Gutachten und ein Gerichtsentscheid. Ab November fällt das weg – Betroffene müssen dann nur noch eine Erklärung zur Änderung und eine Eigenversicherung beim Standesamt abgeben.

Bis zum neuen Selbstbestimmungsgesetz hatte Ganserer ihren alten Namen und Eintrag geführt. Im August hat sie sich am Standesamt für die Änderung angemeldet. Das Prozedere des alten Transsexuellengesetzes empfand Tessa Ganserer als entwürdigend – so wie viele Betroffene.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!