Frisch geimpfte Person bekommt ein Pflaster auf den Oberarm (Symbolbild).
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Frisch geimpfte Person bekommt ein Pflaster auf den Oberarm (Symbolbild).

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Unions-Fraktion gegen schnelle Impfpflicht - anders als Söder

CDU und CSU im Bundestag begraben offenbar eine schnelle allgemeine Impfpflicht - die Rede ist von einer "Scheinlösung". Stattdessen fordert die Unions-Fraktion einen "Impfmechanismus", der weit hinter den Forderungen von CSU-Chef Söder zurückbleibt.

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Keine generelle Impfpflicht ab 18 Jahren, keine klar benannten Sanktionen für Impfverweigerer: Die Unions-Fraktion im Bundestag hat in der aufgeheizten Debatte um eine Impfpflicht jetzt einen eigenen Vorschlag erarbeitet. Der entsprechende Entwurf liegt dem BR vor. Darin wird argumentiert, dass eine sofort einsetzende Impfpflicht zur kurzfristigen Eindämmung der Omikron-Welle nicht helfen würde. Denn mit deren Höhepunkt sei laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits Mitte Februar zu rechnen.

Mehrere Spitzenpolitiker der Union hatten sich in den vergangenen Monaten und Wochen stark für eine schnelle allgemeine Impfpflicht eingesetzt. In dem Antrag ist davon keine Rede. Stattdessen plädieren CDU und CSU für einen "gestuften Impfmechanismus", den Bundestag und Bundesrat in Kraft setzen können. Geht es nach der Union, soll es dann mehrere Stufen geben: alle Menschen ab 60, alle Menschen ab 50, Beschäftigte der kritischen Infrastruktur sowie Mitarbeiter in Schulen, Kitas und der Polizei.

Wichtig: Laut dem Unions-Entwurf kommen "derzeit" nur diese Gruppen für eine Impfpflicht in Betracht. In dem Antrag heißt es allerdings auch: "Sollte die Entwicklung der Pandemie Veränderungen erfordern, sind diese Stufen entsprechend anzupassen."

Union-Ansatz: Impfpflicht zeitlich befristet - wenn überhaupt

Welche Stufe gilt, wer also zu einer Impfung aufgefordert oder angehalten ist, soll der Bundestag klären - abhängig von der aktuellen Corona-Lage und nach einer Empfehlung des Bundesgesundheitsministeriums. Ob der Impfmechanismus überhaupt in Gang gesetzt wird, ist demnach nicht sicher. Es könnte also auch gar keine Form von Impfpflicht geben.

Verschiedene Faktoren sollen bei der Ausrufung des Impfmechanismus laut dem Antrag berücksichtigt werden: der Umfang der Immunität der Bevölkerung, die voraussichtliche Schwere einer Virusvariante sowie deren Übertragbarkeit, die Wirksamkeit der verfügbaren Impfstoffe. Wie hoch die Strafzahlung für Menschen sein soll, die sich trotz gesetzlicher Pflicht nicht impfen lassen? Das bleibt offen. Die Rede ist nur von einem "angemessenen, bei mehrfachem Verstoß in der Höhe gestaffelten Bußgeld".

Auch einen dauerhafte Impfpflicht für bestimmte Gruppen will die Union offenbar nicht. Der Beschluss sei "zeitlich zu befristen", heißt es in dem Entwurf. Geregelt ist allerdings, wer die Umsetzung eines entsprechenden Bundestagsbeschlusses koordinieren solle: zum Beispiel eine einzurichtende Taskforce beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

Unions-Vorschlag deutlich hinter Söders Forderungen

Die Vorschläge der Bundestagsfraktion gehen längst nicht so weit wie die Forderungen von CSU-Chef Markus Söder, der in den vergangenen Wochen immer wieder die rasche Einführung einer allgemeinen Impfpflicht verlangt hatte. "Ich bin für die Impfpflicht - und hoffe sehr, dass da auf nationaler Ebene eine kluge Entscheidung getroffen wird", sagte er am Montag. Mehrere CSU-Spitzenvertreter betonten diese Woche immer wieder, dass bei der Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht versprochen worden sei, dass eine allgemeine zeitnah folgen werde. Das sei gewissermaßen die Geschäftsgrundlage gewesen.

Im Landtagsplenum führte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Donnerstag die Probleme bei der Umsetzung der Teil-Impfpflicht auch darauf zurück, dass es noch keine allgemeine gebe. An die Adresse von SPD, Grünen und FDP sagte er: "Sie bekommen es nicht auf die Reihe. Sie haben es versemmelt." Er wünsche sich, dass in Berlin "möglichst schnell eine zeitlich befristete allgemeine Impfpflicht auf den Weg" gebracht werde.

Holetschek: "Muss man jetzt bewerten"

Zum Entwurf der Unions-Fraktion im Bundestag äußerte sich Holetschek am Mittag ausweichend. "Den muss man jetzt bewerten", sagte er in München. Grundsätzlich sehe er darin ein Bekenntnis zu einer Impfpflicht, die aus der Pandemie herausführe. "Ich habe immer gesagt, ich wünsche mir eine zeitlich befristete Impfpflicht, die zwei Jahre erstmal geht."

Der Minister erneuerte in diesem Zusammenhang stattdessen seine Kritik an der Bundesregierung. "Das Entscheidende ist eigentlich, bei all den Entwürfen, die wir vorliegen haben, fehlt der Entwurf der Regierung", kritisierte er. Hätte diese rechtzeitig dem Bundestag einen Gesetzesentwurf vorgelegt, "dann hätten wir über diesen konstruktiv diskutieren können und möglicherweise schon lange eine Entscheidung".

CSU-Politikerin: Rechtlich derzeit gar nicht möglich

Holetscheks Parteifreundin und stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz, argumentierte, derzeit sei eine allgemeine Impfpflicht bei der Omikron-Variante rechtlich gar nicht möglich. Die Menschen könnten nicht "aufs Geratewohl" zur Impfung verpflichtet werden: "Wir wissen auch nicht, was wir zum Herbst empfehlen sollen, wenn wir gar nicht wissen, was im Herbst kommt."

Union pocht auf Impfregister

Der Gesundheitsexperte der Union im Bundestag, Tino Sorge (CDU), betonte, seine Fraktion setze auf Augenmaß. Die Pläne anderer Parlamentarier für eine Impfpflicht ab 18 oder ab 50 seien Scheinlösungen, die im Bundestag keine Mehrheit finden würden. Der CDU-Abgeordnete und frühere Berliner Justizsenator Thomas Heilmann twitterte: "Für Omikron kommt die Impfpflicht zu spät, und was im Herbst ist, wissen wir nicht." Nötig sei jetzt aber ein Impfregister: "So kann jetzt schon für höhere Impfqouten gesorgt & eine mögliche Pflicht im Herbst abgesichert werden."

Noch vor dem möglichen "Impfmechanismus" will die Unions-Fraktion sofort ein rechtssicheres, datenschutzkonformes und unbürokratisches Impfregister. In Deutschland bestehe eine "unklare Zahlen- und Datenbasis im Zusammenhang mit Corona-Impfungen". Für die Menschen ohne Corona-Impfung im Land sei daher keine konkrete Ansprache möglich. Ampel-Koalition im Bund zeigt sich bisher vor allem aus Datenschutzgründen skeptisch gegenüber einem solchen Impfregister.

SPD: "Unsinniger Vorschlag"

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Diedenhofen twitterte, die Union mache sich beim Thema Impfpflicht lächerlich. "Zu Söders Schlingerkurs kommt jetzt ein unsinniger Vorschlag einer gestaffelten Impfpflicht." CDU und CSU hätten aus zwei Jahren Pandemie nichts gelernt.

Sein Fraktionskollege Sönke Rix sieht die Unions-Bundestagsfraktion im Widerspruch zu den eigenen Parteifreunden: Sie stelle "sich nicht hinter die Ministerpräsidenten der Union, die die Einführung der allgemeinen Impfpflicht in der Ministerpräsidentenkonferenz mit beschlossen haben".

In den Beschlüssen der Bund-Länder-Gipfel war mehrfach eine allgemeine Impfpflicht verlangt worden, auch bei der jüngsten MPK am 24. Januar wurde die "Notwendigkeit" betont. Kurz vor Weihnachten hatten die Länder den Bundestag und die Bundesregierung aufgerufen, "die diesbezüglichen Vorbereitungen zügig voranzutreiben und kurzfristig einen Zeitplan vorzulegen".

Impfpflicht ab 18: Ampel-Abgeordnete präsentieren Entwurf

Die Vorschläge für eine allgemeine Corona-Impfpflicht ab 18 Jahren nehmen derweil konkrete Formen an. Sieben Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und FDP legten am Freitag einen Entwurf für eine Impfplicht für alle Erwachsenen ab 1. Oktober vor. Dann müssten alle Erwachsenen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland Nachweise über drei Impfungen oder als Genesene haben und sie auf Anforderung vorlegen - bei Behörden oder der Krankenkasse. Bürgerinnen und Bürger, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können, sowie Frauen zu Beginn der Schwangerschaft sollen ausgenommen sein. Das Gesetz soll bis Ende 2023 befristet sein.

Ein Antrag gegen eine allgemeine Impfpflicht liegt bereits seit Dezember vor; er wurde von einer Gruppe um den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki ausgearbeitet. Die Vorlage der Gruppe um den bayerischen FDP-Abgeordneten Andrew Ullmann, die eine Regelung für Menschen ab 50 Jahren befürwortet, wird noch erarbeitet.

(Mit Material von dpa und AFP)

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