Christina Lackermeier, 31 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, ist Bäuerin im niederbayerischen Landkreis Landshut. Doch "Bäuerin", das ist umgangssprachlich die Ehefrau des Bauern, egal ob sie gelernte Landwirtin oder Friseurin oder Arzthelferin ist. Und egal, ob sie im Betrieb mitarbeitet oder nicht. Lackermeier ist Landwirtschaftsmeisterin, führt zusammen mit ihrem Mann und ihren Eltern einen Schweinemast- und Ackerbaubetrieb, betreibt ein Wirtshaus am Hof und ist außerdem noch Agrarscout. Ihr Mann hat in den Betrieb eingeheiratet und arbeitet fast Vollzeit als Polizist. Wie funktioniert das?
Schweinestall: Nicht nur füttern, sondern managen
Zwei konventionelle Schweineställe mit jeweils 700 Mastplätzen managt Christina Lackermeier. Wann und woher kommen die Ferkel, die frisch eingestallt werden? Wann haben die Tiere ihr Schlachtgewicht erreicht? Und bei ihr besonders wichtig: Was fressen die Tiere? Sie setzt sich mit der Kritik von Verbrauchern und Tierschützern ernsthaft auseinander – dass Nutztiere den Menschen Lebensmittel wegfressen. Deshalb werden im Stall in dem kleinen Dorf Edenland seit 20 Jahren auch Lebensmittelreste verfüttert: Molke und sogenannte Spülmilch aus der Joghurtherstellung in Molkereien. Oder Schalen von Sonnenblumenkernen.
Alles Abfälle, die im Futtertrog landen statt in einer Biogasanlage. Das Ziel: Soja aus Übersee durch heimisches Futter zu ersetzen. All das muss gemanagt werden: Werden die Futtermittel rechtzeitig geliefert, stimmen die Komponenten? Sind alle Tiere gesund? Die Schweine sollen keine Mangelernährung haben und gut an Gewicht zunehmen.
Als Agrarscout Landwirtschaft erklären
All das passiert nicht hinter verschlossenen Türen, sondern Christina Lackermeier ist auch ehrenamtlich Agrarscout bei der Vereinigung "Forum moderne Landwirtschaft". Sie erklärt zum Beispiel auf der Grünen Woche in Berlin Stadtmenschen, wie Landwirte arbeiten. Daheim am Hof lässt sie Kindergartenkinder, Schulklassen und auch Politiker hinter die Kulissen schauen.
Dabei macht sie immer wieder die Erfahrung: Die Menschen wissen nicht, was Bäuerinnen und Bauern eigentlich tun. "Mir haben schon Kinder erklärt, sie wollen eigentlich gar nicht in den Schweinestall reinschauen. Denn ihre Mama hätte gesagt, da drin sei es ganz schlimm." Meist gelingt es ihr, aufzuklären: "Das ist die Mühe und den Aufwand wert", so die Schweinehalterin.
Das dritte Standbein: Gastronomie am Bauernhof
Neben Stall, Ackerbau und Agrarscout gibt es noch ein weiteres Standbein am Betrieb: Ferienwohnungen und zwei große Veranstaltungsräume, in denen mehrere hundert Gäste bewirtet werden können, etwa bei Hochzeiten oder Abiturfeiern. Auf die Frage, wer dann für bis zu 300 Leute kocht, kommt die Antwort: "Meine Mama und ich, wir sind ein gutes Team."
Die Arbeitstage seien manchmal lang, aber sie mache das alles ja gerne und freiwillig, sagt Christina Lackermeier: "Ich bin Landwirtin, Schweinehalterin, Gastronomin, Agrarscout, mach' die Buchhaltung und das Büro. Ich bin Unternehmerin. Und eigentlich ist das jede Frau auf einem Bauernhof."
Bäuerinnen-Studie: Viel Arbeit, wenig Anerkennung
Aber ist das wirklich so? Laut der "Bäuerinnen-Studie Bayern" [externer Link], die Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) 2019 in Auftrag gegeben hatte, arbeitet ein Drittel der Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben nach eigenen Angaben zu viel, bekommt aber relativ wenig Anerkennung. Dennoch sind die meisten mit ihrem Leben zufrieden. 2.295 Frauen zwischen 18 und 82 wurden befragt. Der Unterschied zwischen Landfrau und Stadtfrau: Bäuerinnen haben meist ihren Arbeitsplatz zuhause, bei der Familie. Kein Pendeln zum Arbeitsplatz, aber auch wenig Freiräume. Zum Job am Hof gehört oft auch die Pflege von Angehörigen.
Oft sind die Frauen am Hof auch fürs "Agrarbüro" zuständig, ob sich allerdings alle als Unternehmerinnen sehen? 50 Prozent der Bäuerinnen leiten zusammen mit dem Partner den Betrieb, nur acht Prozent sind eigenverantwortliche Betriebsleiterinnen.
Im Video: "Auf dem Hof bin ich die Chefin"
Landfrau ist nicht gleich Bäuerin
Zum Deutschen Landfrauentag am 2. Juli in Kiel werden rund 5.000 Frauen aus ganz Deutschland anreisen. Aus Bayern wird nur eine kleine Gruppe von 50 Landfrauen dabei sein. Allerdings hat der bayerische Landfrauenverband eine Sonderrolle im Bundesverband. In Bayern sind landwirtschaftliche Betriebe Mitglied beim Bauernverband (BBV), die Bäuerinnen sind dann oft bei den Landfrauengruppen aktiv.
Wie viele, darüber gibt es keine verlässlichen Zahlen, so Andrea Fuß, stellvertretende Generalsekretärin im BBV. Im Deutschen Landfrauenverband allerdings seien 90 der Mitglieder keine Bäuerinnen, sondern einfach Frauen, die im ländlichen Raum leben. Eines der Themen des diesjährigen Landfrauentags: Die Gleichstellung der Frau mit dem Ziel, mehr Frauen in kommunalpolitische Positionen zu bringen.
Christina Lackermeier ist auch Mitglied bei den Landfrauen, allerdings nicht aktiv. Und sie fährt auch nicht nach Kiel – zu viel Arbeit am Hof.
Transparenzhinweis: In der ursprünglichen Fassung des Textes wurde auf eine EU-Norm zu Längen von Pommes verwiesen, die es in dieser Form nicht gibt. Das haben wir entsprechend im Text korrigiert.
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