Über die Jahre hat das Landwirtschaftsministerium offenbar unnötigerweise dem Verband der Dorf- und Betriebshilfsdienste in Bayern mit insgesamt knapp 44 Millionen Euro unter die Arme gegriffen. Das geht aus den Sitzungen des Haushaltsausschusses des Landtages hervor, der sich mit sogenannten Altfällen des Obersten Rechnungshofes (ORH) beschäftigt.
Betriebshilfen: Aufgabe der Sozialversicherung
In der Landwirtschaft gibt es eine Reihe von Sonderregelungen, so auch im Krankheitsfall, wie Markus Link, Abteilungsleiter Landwirtschaft beim Bayerischen Obersten Rechnungshof, ORH, im Haushaltsausschuss des Landtages erläutert: "Nehmen wir mal einen milchverarbeitenden Betrieb – der kann ja seine Kühe nicht einfach stehen lassen. Im Krankheitsfall kriegt er nicht, wie ein normaler Arbeitnehmer Krankengeld, sondern er hat von seinem Sozialversicherungsträger ein Anrecht auf eine Sachleistung, sprich auf Personalgestellung." Das sicherzustellen, ist Aufgabe der Sozialversicherung.
Staat zahlt zusätzliche Mittel
Dennoch unterstützte das Landwirtschaftsministerium seit mindestens 14 Jahren diese Personalkosten in Höhe von über einer Million Euro im Jahr, was der ORH bereits 2009 kritisierte: "Er kriegt Personalgestellung und dies ist für ihn kostenfrei als Leistung seines Sozialversicherungsträgers. Das ist der Grund, warum aus unserer Sicht hier keine Förderung dieser Leistungen im Pflichtbereich besteht." Insgesamt erhielt der Verband der Dorf- und Betriebshilfsdienst knapp 44 Millionen Euro in der vergangenen 14 Jahren.
Schon 2009 Kritik vom ORH
Nach seiner Kritik wurde dem ORH damals vom Ministerium zugesichert, dass die Förderung gekürzt und allmählich auslaufen wird. Umso erstaunter war der Rechnungshof, als eine Überprüfung ergab: An der gängigen Praxis hat sich nichts geändert. Aus welchem Grund eigentlich, will der SPD-Haushaltspolitiker Harry Scheuenstuhl wissen, wer dafür verantwortlich ist und auf welcher Rechtsgrundlage das Geld überwiesen wird.
Laut Landwirtschaftsministerium hat sich die Praxis Anfang dieses Jahres geändert: Jetzt sei eine Richtlinie in Kraft, die dem geltendem Haushaltsrecht entspreche. Warum das so lange gedauert hat? Das sei der Komplexität des Systems geschuldet, heißt es aus dem Ministerium.
SPD sieht einen Skandal
Damit will sich die SPD nicht zufriedengeben: Eine Übergangsfrist von vierzehn oder fünfzehn Jahren sei keine Übergangsfrist. SPD-Rechtsexperte Horst Arnold, früher selbst Staatsanwalt, spricht von einem Skandal: Wenn es keine Rechtsgrundlage für die Verteilung von Geldern gebe, werde das in der Wirtschaft Untreue genannt. Die Opposition will jetzt vollständige Aufklärung. Die Förderung der, wie sie offiziell heißt, Betriebs-, Haushalts- und Melkeraushilfe wird den Haushaltsausschuss wohl noch länger beschäftigen.
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