Archivbild: Fähnchen der AfD stehen beim politischen Aschermittwoch der Partei auf einem Tisch
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Gericht: Bayerns Verfassungsschutz darf AfD beobachten

Gericht: Bayerns Verfassungsschutz darf AfD beobachten

Der bayerische Verfassungsschutz darf die AfD im Freistaat als Gesamtpartei beobachten. Das Münchner Verwaltungsgericht wies eine Klage der Partei zurück: Es gebe tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Weitere juristische Niederlage für die AfD in Bayern: Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts München darf das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) die AfD weiter als Gesamtpartei beobachten und die Öffentlichkeit über diese Beobachtung informieren. Die Richter kamen nach drei Tagen mündlicher Verhandlung und der Auswertung von mehreren Tausend Seiten Material zum Schluss, "dass tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD bestehen", wie das Verwaltungsgericht mitteilte.

Äußerungen von AfD-Vertretern ließen erkennen, dass ein Bedrohungs- und Schreckensszenario mit Blick auf Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen muslimischen Glaubens aufgebaut werde. Zudem gebe es Äußerungen, "die auf einem ethnisch-biologischen Volksverständnis basieren", das darauf abziele, auch deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund auszugrenzen. Einige Äußerungen gingen über eine zulässige Kritik der Opposition an der Regierung hinaus. Sie machten vielmehr die demokratischen Institutionen und damit auch die Demokratie und den Rechtsstaat insgesamt in "verfassungsschutzrelevanter Weise verächtlich", so das Gericht.

AfD-Klage als unbegründet zurückgewiesen

Der bayerische Verfassungsschutz hatte 2022 angekündigt, die Partei auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten und die Ergebnisse öffentlich zu machen. Die Verfassungsschützer wollen herausfinden, welche Rolle Extremisten in der Partei spielen und in welche Richtung die Partei insgesamt steuert. Dagegen wehrte sich die AfD mit ihrer Klage gegen den Freistaat Bayern. In der Eilsache hatte die Partei in zwei Instanzen verloren. Nun hat das Verwaltungsgericht die Klage in der Hauptsache als unbegründet zurückgewiesen.

Der Verfassungsschutz hatte dem Gericht tausende Belege und Aktenseiten vorgelegt, darunter Posts aus den sozialen Medien, Äußerungen von AfD-Politikern auf Veranstaltungen sowie in internen Chatgruppen. Die Richter kamen den Angaben zufolge bei der Auswertung der Belege im Einzelnen und auch in der Gesamtschau zu dem Ergebnis, "dass eine Beobachtung verhältnismäßig ist". Bei den jeweiligen Äußerungen von AfD-Vertretern handle es sich nicht nur um einzelne verbale Entgleisungen.

Experte: Keine unmittelbaren Folgen für Beamte mit AfD-Parteibuch

Für den Verfassungsschutz bedeutet das Urteil laut dem Augsburger Rechtswissenschaftler Josef Franz Lindner, dass er die AfD weiter beobachten und dabei nachrichtendienstliche Mittel einsetzen könne - im Rahmen der Vorgaben des bayerischen Verfassungsschutzgesetzes.

Für Beamte, die der AfD angehören, habe das Urteil keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen, erläuterte Lindner bei BR24live. "Ein Beamter, der Mitglied der AfD ist, muss jetzt nicht um seinen Beamtenposten fürchten." Allerdings könne der Dienstherr dieses Urteil durchaus zum Anlass nehmen, "in einem Gespräch mit dem Beamten oder auf sonstige Weise sich der Verfassungstreue des konkreten Beamten zu vergewissern", sagte der Professor für öffentliches Recht.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zwar habe das Verwaltungsgericht - für ihn etwas überraschend - die Berufung nicht zugelassen, schilderte Experte Lindner. "Das heißt jetzt aber nicht, dass eine Berufung nicht zulässig wäre." Vielmehr müsse die AfD beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen. Und der Verwaltungsgerichtshof müsste in einem solchen Fall dann prüfen, ob ein Zulassungsgrund vorliege, ob das Verfahren grundsätzliche Bedeutung habe, ob es Rechtsprobleme grundsätzlicher Art aufwerfe. "Und dann kann der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zulassen und das Berufungsverfahren durchführen."

Im Fall eines erneuten Misserfolgs vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof stünde der AfD noch der Rechtsweg zum Bundesverwaltungsgericht offen.

AfD will alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen

Der AfD-Landesvorsitzende Stephan Protschka kritisierte das Urteil in einer Pressemitteilung: Es stelle aus AfD-Sicht eine Einschränkung der politischen Meinungsfreiheit dar. "Dieses Urteil werden wir genau analysieren und alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen, um gegen diese Entscheidung vorzugehen."

Laut dem stellvertretenden AfD-Landesvorsitzenden, Tobias Teich, hat die Partei mit der Entscheidung gerechnet: Der Landesverband sei "nicht sonderlich überrascht" über den Ausgang des Verfahrens, sagte er nach der Urteilsverkündung in München. "Wir werden uns jetzt konsultieren im Landesvorstand." Auf die Frage, ob die AfD Bayern in Berufung gehen werde, antwortete er: "Das kann ich eigentlich ziemlich sicher verkünden."

"Gefahr für unser Land"

Für den bayerischen CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek zeigt das Urteil deutlich, dass die AfD eine "große Gefahr für unser Land" sei und weiterhin intensiv vom Verfassungsschutz beobachtet werden müsse. "Verfassungsfeinde haben in unserer Demokratie und unseren Parlamenten nichts zu suchen."

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze hält die Prüfung eines AfD-Verbots für unverzichtbar. "Das AfD-Personal in Bayern zeigt schon lange ohne jede Scham sein wahres Gesicht. Die Landtagsfraktion hat sich längst radikalisiert." Die Vernetzung mit Rechtsextremisten werde munter vorangetrieben, Enthüllungen von Affären, Parteiausschlussverfahren oder gar die Beobachtung durch den Verfassungsschutz gehörten in der AfD schon zum guten Ton.

Der bayerische SPD-Landesvorsitzende Florian von Brunn warnt: "Die neuen Nazis gefährden nicht nur unsere Demokratie, sondern auch den Fortschritt: den Sozialstaat, die Gleichberechtigung von Frauen und unsere Wirtschaft." Deshalb seien harte Maßnahmen notwendig - auch nachrichtendienstliche Mittel. "Wir dürfen nicht verharmlosen und normalisieren, sondern müssen denen die Grenzen mit der ganzen Härte des Rechtsstaats und der wehrhaften Demokratie aufzeigen!"

Video: Das BR24live zur Gerichtsentscheidung über die Beobachtung der AfD

Symbolbild: Beobachtung der AfD Bayern
Bildrechte: BR/pa
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Symbolbild: Beobachtung der AfD Bayern

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