Gerichtssal am Landgericht Nürnberg-Fürth: Prozess um Vergewaltigungen in einem Asylbewerberheim
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Weiterer Verhandlungstag im Prozess um Vergewaltigungen in einem Nürnberger Asylbewerberheim. Angeklagt ist ein ehemaliger Security.

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Vergewaltigung in Asylunterkunft? Schwierige Beweisaufnahme

Vergewaltigung in Asylunterkunft? Schwierige Beweisaufnahme

Vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth ist der Prozess wegen mutmaßlicher Vergewaltigungen in einer Asylbewerberunterkunft fortgesetzt worden. Angeklagt ist ein ehemaliger Security-Mitarbeiter. Doch die Beweisaufnahme gestaltet sich schwierig.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Einem ehemaligen Security-Mitarbeiter wird vorgeworfen, eine Bewohnerin im Zeitraum von September 2018 bis April 2022 in mindestens 72 Fällen und eine weitere Bewohnerin in fünf Fällen vergewaltigt zu haben. Eine weitere soll er sexuell belästigt haben. Am heutigen Verhandlungstag in Nürnberg waren fünf Zeugen geladen, eine ehemalige Mitbewohnerin, die Verwalterin der Unterkunft, eine Polizistin und zwei Hausmeister. Die Beweisaufnahme gestaltete sich mühsam.

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Widersprüchliche Aussagen

Vielfach ging es um das Verhältnis der Security-Mitarbeiter untereinander, um die Frage, wer Zugang zu welchen Räumen hatte, und ob es engere Kontakte zwischen den Security-Mitarbeitern zu Bewohnerinnen gab. Zu dem Verhältnis der Security-Mitarbeiter untereinander gab es widersprüchliche Aussagen, manche Zeugen beschrieben es als gut, andere berichteten von Streitigkeiten.

Wer welche Zugänge hatte

Bei den Kontakten zwischen den Bewohnerinnen und dem Sicherheitsdienst sowie den Hausmeistern, ging es um die Frage, warum diese die Zimmer betreten. Die Hausmeister gaben an, wegen Verschmutzungen, defekten Geräten oder Dokumenten die Zimmer zu betreten, aber immer nur zu zweit.

Ob das von dem Sicherheitsdienst auch so gehandhabt wurde, konnten sie nicht sagen. Die Security-Mitarbeiter hatten einen Generalschlüssel zu allen Räumen, auch denen, in denen die mutmaßlichen Vergewaltigungen stattgefunden haben sollen.

Viele offene Fragen

Die ehemalige Mitbewohnerin, die als Zeugin auftrat, schilderte den Angeklagten als freundlich und hilfsbereit. Von den Vorwürfen habe sie nichts mitbekommen. Die Verwaltungsmitarbeiterin konnte sich vielfach nicht erinnern, wie genau die Abläufe waren, als sie von den Vorwürfen erfahren hat. Auch zu der Frage, ob es möglich ist, dass sich Bewohnerinnen vor der Unterkunft prostituiert haben, gab es keine eindeutigen Aussagen.

Die Polizistin gab an, dass die betroffenen Frauen in den Vernehmungen geschildert haben, dass sie kein Vertrauen zu den Mitarbeitern der Verwaltung hätten, weil diese mit dem Angeklagten "befreundet" gewesen seien. Aus zeitlichen Gründen musste die weitere Befragung der Polizistin am Dienstag auf einen späteren Termin vertagt werden.

Aussage gegen Aussage

Die Zeugen wurden auch deshalb befragt, weil es zuvor schon widersprüchliche Aussagen in dem Prozess gegeben hatte. So hatte eine Familientherapeutin, die eine der mutmaßlich vergewaltigten Frauen betreut, die Aussagen ihrer Klientin als glaubhaft eingeordnet. Zwei weitere Zeuginnen, eine ehemalige Mitbewohnerin und eine Kollegin des Angeklagten, hatten angegeben, nichts von einem Missbrauch mitbekommen zu haben.

Die Therapeutin hatte zu Protokoll gegeben, ihre Klientin habe ihr von den Übergriffen durch den Angeklagten berichtet. Diese hätten im Keller des Asylbewerberheims stattgefunden. Der Angeklagte habe der Frau damit gedroht, dass ihrer Tochter etwas passieren könnte oder er dafür sorgen könnte, dass sie ihr vom Jugendamt weggenommen werde. Die Therapeutin hatte erklärt, sie habe keinen Grund, an den Schilderungen ihrer Klientin zu zweifeln.

Mitbewohnerin und Kollegin hatten nichts bemerkt

Eine ehemalige Kollegin erklärte dagegen, sie habe mit dem Angeklagten etwa fünf bis sechs Mal zusammengearbeitet. Man habe gemeinsame Kontrollgänge in dem Wohnheim unternommen. Ihr sei nicht aufgefallen, dass sich der Angeklagte länger im Keller aufgehalten habe. Auch sonst sei ihr nichts aufgefallen, was auf einen Missbrauch hingedeutet habe. Berichtet worden sei ihr ebenfalls nichts.

Eine Mitbewohnerin aus Vietnam gab an, dass sie sich viel im Keller des Wohnheims aufgehalten habe, um in der Waschküche Wäsche zu waschen. Sie habe dort keine außergewöhnlichen Vorgänge oder Geräusche bemerkt.

Was für den weiteren Prozess geplant ist

Eine Gerichtssprecherin hatte damals erklärt, dass in einem Vergewaltigungsprozess, in dem Aussage gegen Aussage steht, oft besonders viele Zeugenaussagen notwendig seien. Sie könnten "Puzzleteile" liefern, aus denen dann hervorgehen könne, was wirklich passiert sei. Der Prozess wird am 1. Dezember fortgesetzt. Ein Urteil wird Mitte Januar erwartet.

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