Vergangene Woche hätte an der Klinik Kitzinger Land kein Intensivbett mehr belegt werden können - obwohl noch freie Betten da gewesen wären. Der Grund: einerseits ein Personalengpass, andererseits die rechtlichen Regelungen. Das berichtet Thilo Penzorn, Vorstand der Klinik Kitzinger Land, und äußert deutliche Kritik am Bundesgesundheitsministerium.
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Maximal zwei Intensivpatienten pro Pflegekraft
Seit 1. Februar 2021 sieht die Verordnung über Pflegepersonaluntergrenzen (PpUGV) vor, dass auf Intensivstationen tagsüber höchstens zwei Patienten pro Pflegekraft betreut werden sollen. Dadurch könnte es nach Angaben des Klinik-Vorstands schneller als zuvor zu Engpässen kommen. Wenn eine Pflegekraft ausfällt, könnten sich die anderen Pflegekräfte nicht einfach um die Patienten "mitkümmern". Gegebenenfalls gebe es also freie Intensivbetten, aber rechtlich keine Handhabe, dass diese auch belegt werden können.
Pflegepersonaluntergrenze befristet aussetzen?
Penzhorn schlägt deshalb zum Beispiel vor, die Pflegepersonaluntergrenze befristet auszusetzen, wie bereits zu Beginn der Pandemie. Nachbesserungen vom Bundesgesundheitsministerium sind aus seiner Sicht dringend nötig, insbesondere mit Blick auf die dritte Corona-Welle.
Stefan Kimmel, Gewerkschaftssekretär von Verdi im Bezirk Würzburg-Aschaffenburg, lehnt das eigentlich ab. Die vorhandenen Personaluntergrenzen seien ohnehin schon knapp bemessen. Würden diese jetzt wieder aufgeweicht, sprich mehr Patienten pro Pflegekraft zugelassen, würde die Qualität der Pflege weiter sinken, also die Patienten schlechter behandelt werden.
Verdi: Betten vorsorglich freihalten
Außerdem sei die Situation für das Personal ohnehin fast nicht mehr zu leisten. Immer mehr Überstunden häufen sich an, freie Tage würden kurzfristig gestrichen. "Es wurden keine Lehren aus der ersten Corona-Welle gezogen", beklagt Kimmel. Trotz der angespannten Lage wolle man natürlich auch keine Patienten vor der Türe stehen lassen. Kimmel fordert daher von der Politik: "Setzt die Pflegepersonaluntergrenzen im Notfall aus, aber verbessert endlich die Situation in der Pflege, damit wir in Zukunft nicht mehr auf diesen Notnagel zurückgreifen müssen."
Außerdem fordert Verdi planbare Eingriffe aufzuschieben, um so die Intensivstationen zu entlasten und Personal freizuhalten. Im Gegenzug müsse der Bund den Krankenhäusern die dadurch frei gehaltenen Betten mit Ausgleichszahlungen finanzieren, wie schon zu Beginn der Corona-Krise.
Zunehmend jüngere Corona-Patienten am Würzburger Uni-Klinikum
Im Raum Würzburg gibt es aktuell nur noch wenige verfügbare Intensivbetten. Laut DIVI-Intensivregister sind die verfügbaren Betten im Landkreis belegt. In der Stadt Würzburg gibt es derzeit noch elf freie Betten – von 136 insgesamt. Im Würzburger Uniklinikum stehen insgesamt 74 Intensivbetten zur Verfügung, 66 davon sind aktuell belegt. Kurzfristig könne die Zahl auf 80 Intensivbetten erhöht werden.
Wie die Uniklinik mitteilt, sei zu beobachten, dass die Covid-19-Patienten zunehmend jünger werden. Die Personalsituation sei allerdings stabil und die Klinik gut auf die dritte Corona-Welle vorbereitet. Gleichwohl deuten "große Fallzahlsteigerungen" darauf hin, dass "natürlich auch die Kapazitäten an Intensivbetten betroffen sein werden", heißt es von der Uniklinik.
Intensivstationen am Bayerischen Untermain voll belegt
Die Intensivstationen in den Kliniken am bayerischen Untermain sind aktuell voll belegt. Das haben das Klinikum Aschaffenburg-Alzenau und die Helios Klinik in Erlenbach im Kreis Miltenberg auf BR-Anfrage mitgeteilt. In den Krankenhäusern in Aschaffenburg und Alzenau stehen insgesamt 42 Intensivbetten zur Verfügung. Davon sind 14 mit Covid 19-Patienten belegt. "Das ist richtig viel", sagt Klinik-Sprecherin Annika Hollmann. Schließlich gebe es auch durchgehend Patienten, die auf intensiv-medizinische Versorgung angewiesen seien, etwa nach Unfällen.
Mitarbeiter an ihrer Belastungsgrenze
Die Mitarbeiter auf den Intensivstationen seien bereits an ihrer Belastungsgrenze. "Mit Blick auf die weiter steigenden Corona-Zahlen haben die meisten große Sorge vor den nächsten Wochen", so Hollmann. Patienten aus dem angrenzenden Hessen, wo die Intensivstationen zum Teil auch voll sind, können aktuell nicht mehr aufgenommen werden. In Notfällen, wie bei Unfallopfern gebe es aber natürlich immer die Möglichkeit, den Patienten aufzunehmen und ihn akut zu versorgen, so Hollmann.
Besorgtes Pflegepersonal in Erlenbach
In der Helios-Klinik in Erlenbach stehen Intensivbetten zur Verfügung, obwohl aktuell alle belegt sind. Laut Pressesprecherin Sandra Kern kann im Notfall aber auf insgesamt 18 Betten aufgestockt werden. Patienten aus anderen Bundesländern würden derzeit in der Regel abgelehnt, da Patienten aus Nachbarkrankenhäusern Vorrang hätten.
Die Stimmung der Mitarbeiter in Erlenbach sei angespannt mit Blick auf die steigende 7-Tage-Inzidenz im benachbarten Aschaffenburg. Der Kreis Miltenberg liegt bei der Inzidenz derzeit unter 100. Die Erfahrung der vergangenen zwei Wellen habe gezeigt, dass der Landkreis Miltenberg zeitverzögert nachgezogen habe bei den Corona-Zahlen, so Kern.
Angespannte Lage in der Region Main-Rhön
Auch auf den Intensivstationen in der Region Main-Rhön herrscht durch die Corona-Pandemie eine angespannte Lage. Über die Belastung in den Krankenhäusern sagte Michael Mildner, ärztlicher Leiter der regionalen Krankenhaus-Koordinierung: "Es ist ein Balanceakt auf einem sehr schmalen Grat. Noch sind wir nicht abgestürzt". Zu seinem Zuständigkeitsbereich gehören Kliniken in den Regionen Schweinfurt, Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld.
Auf deren Intensivstationen sei die Zahl der Corona-Patienten innerhalb der letzten zwei Wochen von 13 auf 21 angestiegen. Insgesamt würden die betreffenden Kliniken über 116 Intensivbetten verfügen, doch davon seien 96 schon belegt. Laut Mildner ist auch die Summe der Corona-Patienten im gesamtstationären Bereich innerhalb der letzten zwei Wochen erheblich angestiegen: von 57 auf 106.
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