Viele Menschen stehen in mehreren Reihen hintereinander in einer Kirche. Im Hintergrund der Altar.
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Solidarität beim Gottesdienst mit dem freigestellten Pfarrer in Hauzenberg am Sonntag - der ohne den Geistlichen stattfand.

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Vorwürfe gegen Pfarrer in Hauzenberg: Was wir bisher wissen

Vorwürfe gegen Pfarrer in Hauzenberg: Was wir bisher wissen

Die Wellen schlagen hoch nach der Absetzung des Pfarrers in Hauzenberg wegen des Vorwurfs von Alkoholexzessen. Viele Gemeindemitglieder protestieren gegen die Entscheidung des Bistums. Ein Überblick über die Geschehnisse.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die Bistumsleitung in Passau wirft dem Hauzenberger Priester Aulinger ein schwerwiegendes Fehlverhalten in der Jugendarbeit vor. Es geht unter anderem um Alkoholmissbrauch. Das Bistum Passau nahm den Pfarrer deshalb außer Dienst. Viele Hauzenberger protestieren jedoch gegen die Entscheidung – der Pfarrer ist in der Gemeinde überaus beliebt. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was sind die Vorwürfe?

Die Verantwortlichen des Bistums berufen sich auf Aussagen von betroffenen Jugendlichen, deren Eltern sowie hauptamtlichen Mitarbeitern aus der Jugend- und Ministrantenarbeit. Diese haben von Alkoholexzessen und Mobbing berichtet.

Der Pfarrer soll beispielsweise auf einer kirchlichen Freizeit 18 Flaschen Wodka mitgebracht und den Alkohol auch Minderjährigen angeboten haben. Die Eskapaden sollen auf Hüttenwochenenden, Ausflügen und Veranstaltungen der kirchlichen Jugend- und Ministrantenarbeit passiert sein.

Zudem soll der Pfarrer nach BR-Informationen mit Kindern und Jugendlichen gemeinsam in seinem Whirlpool gebadet und mit ihnen geduscht haben. Das Verhalten des Pfarrers verstößt jedoch gegen kirchliche Präventionsrichtlinien der Deutschen Bischofskonferenz und gegen das Schutzkonzept des Passauer Bistums.

Wann wurden die Vorwürfe bekannt?

Nachdem Pfarrer Aulinger seine Stelle Anfang 2023 in Hauzenberg angetreten hatte, wurden im Juni 2023 erste Vorwürfe bekannt. Nach BR-Informationen sind bereits aus der Zeit Aulingers in seinen vorherigen Wirkungsstätten Alkoholexzesse mit Jugendlichen bekannt. Dem Betroffenenbeirat im Bistum Passau sind seit circa einem Jahr Vorwürfe gegen den Pfarrer bekannt.

Das kirchliche Gremium habe dem zuständigen Passauer Bischof Stefan Oster bereits vor einem halben Jahr geraten, in der Sache entschiedener tätig zu werden. Gemeinsam mit der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum hat der Betroffenenbeirat dem Bischof Anfang vergangener Woche noch einmal empfohlen, Dekan Aulinger von seinen Aufgaben in Hauzenberg zu entbinden.

Der breiten Öffentlichkeit wurden die Vorwürfe gegen den katholischen Pfarrer Mitte vergangener Woche bekannt. Das Recherchenetzwerk Correctiv berichtete zuerst über den Fall. Es zitiert aus einem internen Bericht über das Verhalten Aulingers. Im Bericht wird Aulinger vorgeworfen, Jugendliche auf kirchlichen Fahrten zu exzessivem Trinken von Alkohol verleitet und "geistlichen Missbrauch" betrieben zu haben. Von "geistlichem Missbrauch" spricht man, wenn eine religiöse Leitungsperson ihre Autorität ausnutzt, um Druck auf andere auszuüben.

Wie hat das Bistum reagiert?

Spätestens seit September 2023 dürften dem Bistum Vorwürfe gegen Pfarrer Aulinger bekannt gewesen sein. Damals wehrte sich Aulinger in einer Predigt gegen Anschuldigungen wegen zu hohem Alkoholkonsum. Im vergangenen Jahr besuchte Bischof Oster den Pfarrverband, um sich von der Lage ein Bild zu machen. Dabei, so schreibt das Bistum, habe er "so gut wie keine Resonanz" auf die Konfliktsituation erhalten. Das Bistum stellt aber klar: Gegen Personen, die den Alkoholexzess kritisiert hatten, habe es eine "Hetzjagd" und "Mobbing" gegeben.

Der Bericht der Ansprechperson bei geistlichem Missbrauch liegt Bischof Oster nach BR-Informationen seit Dezember vor. Erst am vergangenen Donnerstag – am gleichen Tag der Veröffentlichung der Correctiv-Recherchen – machte das Bistum öffentlich, dass Aulinger sich als Dekan und Pfarrer des Pfarrverbands Hauzenberg zurückziehe. Der Bischof verhängte zudem ein Zelebrationsverbot über Aulinger. Er darf derzeit keine Gottesdienste leiten. Schriftlich heißt es: "Gegenüber der Bistumsleitung hat er erklärt, die eigenen Fehler, die letztlich für die entstandene Eskalation ursächlich waren, zu bedauern."

Wie hat der Pfarrer reagiert?

Der Pfarrer dagegen lässt am selben Tag über seinen Verteidiger Holm Putzke wissen: Es habe gar keinen Rücktritt gegeben. Putzke schreibt: "Pfarrer Aulinger hat keineswegs erklärt, sich aus dem Pfarrverband zurückzuziehen. Dazu gibt es auch keinen Grund." Die Verdächtigungen gegen den Pfarrer seien "vage und unbegründet", die Vorwürfe entbehrten jeder sachlichen Grundlage. Der Pfarrer werde sich "gegen die unberechtigten Angriffe auf seine Person und sein Amt zur Wehr setzen", schreibt der Putzke.

Welche Reaktionen gab es in Hauzenberg und Passau?

Die Sanktionen gegen Aulinger haben hohe Wellen geschlagen: Am vergangenen Sonntag versammelten sich bei einem Solidaritäts-Gottesdienst rund 2.500 Menschen in der Pfarrkirche St. Vitus in Hauzenberg. Viele äußerten Wut und Unverständnis über die Absetzung ihres Pfarrers. Ein Großteil der 100 Ministranten wolle seinen Dienst beenden, hieß es vor Ort. Eine Onlinepetition "Lassen Sie Pfarrer Alexander Aulinger als Pfarrer bleiben" wurde seit vergangenem Freitag von mehr als 10.000 Personen unterzeichnet. Die Initiatorin spricht von falschen Anschuldigungen, der Pfarrer sei "eine Schlüsselfigur bei der Heranführung junger Menschen an die Kirche und den Glauben in moderner Form".

Auf der anderen Seite begrüßte die Aufarbeitungskommission und der Betroffenenbeirat im Bistum Passau die Absetzung des Hauzenberger Pfarrers. Gemeindemitglieder sähen sich "zunehmenden Anfeindungen und Repressalien ausgesetzt", der Bischof müsste einen Vermittlungsprozess einleiten. Das Bistum hat derweil die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gemeldet. Diese bestätigt auf BR-Anfrage ein Vorermittlungsverfahren und betont: "Ein Anfangsverdacht für eine konkrete Straftat liegt nach derzeitigem Sachstand nicht vor."

Hinweis: In einer früheren Version dieses Textes wurde Holm Putzke fälschlicherweise als Anwalt bezeichnet. Diese Angabe haben wir korrigiert.

Im Video: Wie geht es weiter im Streit um den Pfarrer von Hauzenberg?

Die Kirche in Hauzenberg
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