Junge Menschen sollen darüber mitentscheiden können, wer über sie entscheidet. Das fordert Jannik Jürß, einer der Initiatoren des "Vote16"-Bündnisses. "Wir sehen eine Generation, die so politisch ist wie lange nicht, die möchte mitentscheiden", sagt Jürß im Gespräch mit BR24. Der 27-jährige Bayreuther Jura-Student findet: Die 16- und 17-Jährigen übernehmen Verantwortung für sich und die Gesellschaft, deshalb sollen sie auch wählen dürfen. "Weil sie eine Ausbildung machen und Steuern zahlen, weil sie sich ehrenamtlich für die Gesellschaft engagieren oder mit 17 bei der Bundeswehr verpflichten."
Startschuss: Ab heute 25.000 Unterschriften sammeln
Die Initiatorinnen und Initiatoren von "Vote16" möchten, dass die Bayerische Verfassung geändert wird, damit künftig auch 16- und 17-Jährige bei Kommunalwahlen, Bezirkstagswahlen und Landtagswahlen ihre Stimme abgeben können. 25.000 Unterschriften muss das Bündnis vom heutigen Tag an sammeln.
Danach kann es dem Innenministerium einen Antrag auf ein Volksbegehren vorlegen. Jürß ist optimistisch: "Wir haben an unsere Bündnispartner sowie an alle Kreis- und Stadtjugendringe die Unterschriftenlisten ausgeliefert. Das heißt, wir sind jetzt im ganzen Land mit Unterschriftenlisten vertreten."
Nicht nur Jugendbewegungen unterstützen "Vote16"
Insgesamt 47 Organisationen, Parteien, Stiftungen und Verbände unterstützen die Initiative, darunter die katholische und evangelische Landjugend, die Initiative "Offene Gesellschaft", die AWO sowie Grüne, SPD und FDP.
"Das Wahlalter ab 16 ist erprobt und gibt es bereits in vielen anderen Bundesländern bei Kommunal- und Landtagswahlen", teilt Martin Hagen, FDP-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag, auf BR24-Anfrage mit. Der Landesverband der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) findet: Politik für Kinder und Jugendliche müsse "auch den Dialog mit Kindern und Jugendlichen beinhalten".
Bundesweit werden Wählerinnen und Wähler jünger
Bundesweit ist Bayern mit seiner 18-Jahre-Regelung in der Minderheit: In elf Bundesländern dürfen 16- und 17-Jährige bei Kommunalwahlen wählen, in fünf Ländern sogar bei Landtagswahlen. Darunter auch in Schleswig-Holstein mit seiner CDU-geführten Koalition.
Im Dezember vergangenen Jahres hatten Bundestag und Bundesrat beschlossen, dass 16- und 17-Jährige auch bei der nächsten Europawahl im Jahr 2024 wählen dürfen. In Bayern gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Vorstöße zur Absenkung des Wahlalters. Zuletzt hatten die Grünen im Sommer 2022 einen Gesetzentwurf eingereicht. Die CSU war dagegen.
Bayern: Auf parlamentarischem Weg bisher immer gescheitert
Dies sei einer der Gründe, warum das Bündnis "Vote16" nun eine Absenkung per Volksbegehren erreichen will. "Weil es auf parlamentarischem Weg bisher immer gescheitert ist", so Jürß. Aktuell äußern wollte sich die CSU hierzu nicht. In der Vergangenheit verwies sie darauf, dass ja auch viele Rechte und Pflichten erst mit 18 Jahren greifen. So sagte der CSU-Innenpolitiker Alexander Hoffmann im Zuge der Europawahl-Debatte dem BR, dass es um die Frage gehe: "Kann ein junger Mensch die Konsequenz seines Handelns überblicken?"
Auch die AfD im Bayerischen Landtag ist gegen eine Absenkung des Wahlalters. Bei den Freien Wählern unterstützen einzelne Mitglieder das Bündnis, darunter zum Beispiel der Landtagsabgeordnete Alexander Hold.
Wahlalter wurde zuletzt in den 70er-Jahren per Volksentscheid gesenkt
In Bayern ist die Debatte nicht neu. "Wir wollen wählen, wir wollen wählen..." skandierten Studentinnen und Studenten bereits 1970 im Freistaat. Damals erreichte die Initiative "Mit 18 wählen" per Volksentscheid, dass Artikel 7 und Artikel 14 der Bayerischen Verfassung geändert wurden. Das Wahlalter liegt seither nicht mehr bei 21, sondern bei 18 Jahren.
Die Initiatoren von "Vote16" wollen nun erreichen, dass 16- und 17-Jährige bei der Kommunalwahl 2026 oder spätestens der Landtagswahl 2028 wählen dürfen. "Wir wissen natürlich, dass das kein einfaches Anliegen ist, aber unser Ziel ist, die Debatte vor der diesjährigen Landtagswahl hochkommen zu lassen", sagt Initiator Jannik Jürß. Es solle auch "in den Familien" diskutiert werden, welchen Platz "junge Menschen bei uns in der Demokratie haben".
25.000 Unterschriften, Volksbegehren und dann?
Ab heute liegen die Unterschriftenlisten unter anderem bei den Kreis- und Stadtjugendringen aus oder können auf der Homepage von "Vote16" auch heruntergeladen werden. Schaffen es die Initiatoren, dem Innenministerium 25.000 Unterschriften vorzulegen, prüft das Ministerium den Antrag und es kommt zum eigentlichen Volksbegehren. Hierfür werden nochmal Unterschriften benötigt: zehn Prozent aller Wahlberechtigten. Danach wird im Landtag abgestimmt. Lehnt der Landtag das Begehren ab, kommt es zum Volksentscheid. Dieser läuft wie eine reguläre Wahl ab.
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