Bachelorant Valentin Pröpster hält ein Thermometer in die Donau bei Neuburg.
Bildrechte: BR / Susanne Pfaller
Audiobeitrag

Bachelorant Valentin Pröpster hält ein Thermometer in die Donau bei Neuburg. Der Wissenschaftler prüft mögliche Standorte für eine Wärmepumpe.

Audiobeitrag
>

Heizen mit Donau: Wie Neuburg zur Energiewende beitragen will

Heizen mit Donau: Wie Neuburg zur Energiewende beitragen will

Die Stadt Neuburg an der Donau überlegt, Wärme für Hunderte von Haushalten aus dem Fluss zu ziehen. Aktuell prüft die Technische Hochschule Ingolstadt, ob dort eine große Wärmepumpe sinnvoll ist. Noch sind solche Anlagen in Deutschland sehr selten.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Professor Uwe Holzhammer steht am Nordufer der Donau bei Neuburg und blickt zufrieden auf sein Thermometer: 8,6 Grad hat der Fluss aktuell, sieben Grad wärmer als die Umgebung. Während der Heizperiode in den Wintermonaten ist die Donau fast immer deutlich wärmer als die Luft. Das zeigen die Temperaturvergleiche der vergangenen Jahre. "Und diesen Vorteil möchten wir gerne nutzen", sagt der Fachmann für Energiesystemtechnik. Mit seinem Team untersucht er derzeit, ob sich eine große Wasser-Wärmepumpe samt Fernwärmenetz technisch und wirtschaftlich umsetzen lässt. Die Machbarkeitsstudie soll bis Ostern fertig sein. Hintergrund: Bis 2028 müssen Kommunen ihren Einwohnern klimafreundliche Wärmepläne vorlegen.

  • Zum Artikel: Kommunale Wärmeplanung - Was Sie wissen müssen

Wärme aus dem Fluss: vom Prinzip her einfach

Die Technik klingt vom Prinzip her einfach und klimafreundlich: Das Flusswasser wird an einen Wärmetauscher geleitet. Dieser überträgt die Wärme der Donau auf einen zweiten Wasserkreislauf. Eine – meist mit Strom betriebene – große Wärmepumpe bringt das Wasser aus dem zweiten Kreislauf dann auf die richtige Temperatur für das Fernwärmenetz. Während es in den Häusern schön warm wird, fließt das Flusswasser – nur unwesentlich – abgekühlt zurück in den Fluss.

Umdenken infolge der Energiekrise

So kann man weitgehend auf fossile Brennstoffe verzichten und CO2 sparen. Doch um auf diese Weise viele Haushalte mit Wärme aus dem Fluss zu versorgen, braucht es ein Fernwärmenetz mit einem kilometerlangen Rohrsystem. Das kostet. Vor dem Krieg in der Ukraine und der Energiekrise, als russisches Gas billig zur Verfügung stand, zeigten deutsche Kommunen deshalb kaum Interesse an großen Wasser-Wärmepumpen, analysiert das Fraunhofer Institut for Solar Energy Systems ISE. Das ändert sich gerade. Die Fraunhofer-Experten begleiten aktuell zwei bereits laufende Projekte in Rosenheim und Mannheim.

Deutschlands größte Fluss-Wärmepumpe steht in Mannheim

Die größte Fluss-Wärmepumpe in Deutschland steht am Rheinufer in Mannheim und versorgt seit diesem Oktober mit einer Leistung von 20 Megawatt rund 3.500 Haushalte mit Fernwärme aus dem Fluss. Jährlich kann Mannheim so rund 10.000 Tonnen CO2 einsparen, versichert Sebastian Ackermann vom Mannheimer Energieversorgungsunternehmen MVV Energie. In Planung sind bereits zwei weitere Anlagen ganz in der Nähe – mit dem Ziel, in ein paar Jahren 10.000 Haushalte mit Wärme aus dem Rhein versorgen zu können. Möglich ist das, weil die Wasser-Wärmepumpen da gebaut werden, wo früher ein Steinkohlekraftwerk lief. Dessen Abwärme wurde bereits für Mannheimer Haushalte genutzt. Deshalb gibt es hier bereits ein Fernwärmenetz.

Rosenheim zieht Wärme aus dem Mühlbach

Nur einen Bruchteil so groß sind die drei Großwärmepumpen in Rosenheim. Sie stehen am Mühlbach in der Nähe des dortigen Heizkraftwerks. Auch sie laufen erst seit wenigen Monaten und leisten insgesamt 4,5 Megawatt. Wie Mannheim verfügt Rosenheim seit Jahrzehnten über ein Fernwärmenetz, das nun eben auch genutzt wird, um mit der Wärme des Mühlbachs zu heizen.

Neuburg startet "auf der grünen Wiese"

Ganz anders ist die Situation in Neuburg an der Donau. Zumindest am Nordufer startet Professor Uwe Holzhammer mit seiner Machbarkeitsstudie für eine große Wasser-Wärmepumpe "auf der grünen Wiese". Hier gibt es kein Kraftwerk und damit auch kein Fernwärmenetz. Ein solches unterhält Neuburg bislang ausschließlich auf dem Südufer der Donau. Dort stehen die großen Industrieanlagen der Stadt, deren Abwärme seit über einem Jahrzehnt in ein Fernwärmenetz eingespeist wird. Rund 3.000 Haushalte am Südufer werden so beheizt, so die Stadtwerke.

Bildrechte: BR / Susanne Pfaller
Bildbeitrag

Professor Uwe Holzhammer von der THI (r.) und sein Bachelorant Valentin Pröpster

300 Haushalte sollen angeschlossen werden

Das Team der Technischen Hochschule Ingolstadt prüft nun in den kommenden Monaten, ob sich auch am Nordufer der Neuburger Donau ein Fernwärmenetz rechnet, um mindestens 300 Haushalte mit der Flusswärme zu heizen. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Dazu zählen die Fließgeschwindigkeit der Donau, der exakte Temperaturverlauf, aber auch die Pegelstände an den möglichen Standorten. Wichtig ist auch, wie viel Treibgut und Sediment die Donau an den Stellen führt. Das könnte mit darüber entscheiden, ob in Neuburg die Wärme auf völlig andere Art aus dem Fluss gezogen werden könnte als etwa in Mannheim oder Rosenheim. In den beiden Städten gab es am Standort der aktuellen Wasser-Wärmepumpen bereits andere Kraftwerke und damit Leitungen, um das notwendige Flusswasser aus seinem Bett heraus zum Wärmetauscher zu leiten. Derartige sogenannte wasserbauliche Infrastruktur gibt es bislang nicht am Neuburger Nordufer.

Professor Holzhammer will deshalb auch prüfen, ob sich der Wärmetauscher dort direkt in die Donau hängen lässt. Das könnte das Vorhaben günstiger machen, weil so der Donaudamm weniger umgebaut werden müsste. Allerdings müsste die Sicherheit dann genauestens mit dem Wasserwirtschaftsamt abgestimmt werden. Weil das Neuburger Vorhaben so viele neue Komponenten hat, verfolgt auch das Fraunhofer Institut ISE das Projekt mit großem Interesse.

Wie groß ist das Interesse der Anwohner?

Wichtig ist auch, wie viele der Anwohner am Nordufer Interesse daran haben, sich an das Fernwärmenetz anschließen zu lassen. Noch gibt es keine entsprechende Befragung. Doch Oberbürgermeister Bernhard Gmehling ist zuversichtlich. Er hat bemerkt, dass "seit der Energiekrise das Interesse der Bürger an Fernwärme zunimmt. So spart man grundsätzlich fossile Energie und zudem einen Raum im Keller, denn einen eigenen Brenner braucht man dann nicht mehr". Um den Bürgern und dem Stadtrat eine gute Entscheidungsgrundlage zu geben, wird jetzt die Machbarkeitsstudie erarbeitet.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!