Die Bürgerinitiative Bachlertal kämpft schon seit ein paar Jahren gegen eine Klärschlammverbrennungsanlage im niederbayerischen Mallersdorf. Tausende Tonnen sollen hier künftig verbrannt werden. Die Anlage steht fernab vom Ortskern, mitten zwischen grünen Wiesen und Feldern. Sie ist schon fast fertig und soll demnächst den Betrieb aufnehmen.
Der Bürgerinitiative geht es nicht nur um Schadstoffe und Gestank. Es geht ihr auch um größere politische Fragen. Die Regierung kümmere sich viel zu wenig darum, was bayernweit mit dem Klärschlamm passiert, ob er sinnvoll genutzt werde. "Sehen Sie hier irgendwo eine Kläranlage?", fragt Albert Heiss beim Ortstermin. "Man muss den Klärschlamm mit riesigen LKW hierher karren, anstatt ihn direkt vor Ort zu verwerten - dort, wo er anfällt." In der Energiekrise werden alternative Rohstoffe interessanter denn je.
Klärschlamm als Rohstoff nicht optimal genutzt
Mit Hilfe moderner technischer Verfahren kann aus Klärschlamm sogar Diesel und Kerosin gewonnen werden. Einige Forschungsprojekte hat die bayerische Staatsregierung dazu gefördert. Doch die Umsetzung vor Ort steckt noch in den Kinderschuhen. Die Entscheidungsträger in den Kommunen trauen sich an die neuen Techniken bisher kaum heran.
Nur einzelne kleinere Anlagen arbeiten zum Beispiel mit Pyrolyse Verfahren. Dabei wird der getrocknete Klärschlamm erhitzt und anders als bei der herkömmlichen Verbrennung ohne Sauerstoff in verschiedene Bestandteile zersetzt. Auch in einen Brennstoff kann der Klärschlamm verwandelt werden, der ähnliche Eigenschaften wie Braunkohle aufweist.
Warum gibt es nicht mehr innovative Verwertungsanlagen?
Für das Pyrolyse-Verfahren hat sich bereits der Bürgermeister von Vohburg, Martin Schmid (SPD), entschieden. Er will in Zukunft mit der Firma Bayernoil zusammenarbeiten, die aus dem getrockneten Vohburger Klärschlamm Kerosin herstellen will.
"Wenn man nicht nur verbrennen, sondern Gas und Mineralölstoffe herstellen kann, dann wird sich der Bürger hoffentlich Geld sparen", sagt Schmid. "Das ist ganz wichtig und dann kommt noch was Gutes raus für die Umwelt."
Der Bürgermeister hätte sich beinahe für den althergebrachten Weg des Verbrennens entschieden. Jetzt ist er froh, sich nicht zu schnell festgelegt zu haben.
In der vergangenen Zeit hat er sich mit dem Pyrolyse Verfahren beschäftigt. Er fragt sich, warum es nicht schon viel mehr Betriebe gebe, die Klärschlamm damit bearbeiten. "Wahrscheinlich habe man dem Thema zu wenig Beachtung geschenkt", sagt er.
Planungen für Klärschlammverbrennungsanlagen aus dem Boden
Laut einer bundesweiten Verordnung muss in ein paar Jahren aus dem Klärschlamm Phosphor zurück gewonnen werden, denn der Düngestoff wird knapp und auch hier ist Deutschland von Russland und anderen Exportländern abhängig. Die Vorschrift führte in der letzten Zeit dazu, dass in Bayern die Planungen für so genannte "Monoverbrennungsanlagen" wie Pilze aus dem Boden schossen. Das Pyrolyse Verfahren spielte bei den Planungen lange keine Rolle.
Albert Heiss von der Bürgerinitiative Bachlertal findet, es müsste auf Regierungsebene dringend besser koordiniert werden, wo eine Anlage überhaupt Sinn macht: "Es wird dem freien Markt überlassen. Es wird einfach ein Wildwuchs damit in Kauf genommen, dass jeder bauen darf, wo er will. Und es wird kein Bedarf analysiert, es wird nicht geplant. Jedes Einkaufszentrum braucht ein Raumordnungsverfahren, aber nicht so eine Anlage."
Klärschlammverbrennung - ein auslaufendes Modell?
Als die Mallersdorfer Klärschlammverbrennungsanlage vor ein paar Jahren geplant wurde, war die Energiekrise noch weit weg. Dem künftigen Betreiber ging es hauptsächlich darum, den Klärschlamm zu beseitigen. Während andere Anlagen immerhin zahlreiche Haushalte in der Gegend mit Strom oder Fernwärme versorgen, gibt es solch ein Konzept in diesem Fall nicht.
Wie wird die Zukunft aussehen? Der Bund Naturschutz fordert ein Moratorium für neue Monoverbrennungen, damit keine vollendete Tatsachen geschaffen werden. Die Organisation lässt derzeit die verschiedenen Verwertungsverfahren für Klärschlamm gegenüberstellen, um herauszufinden, welche Technik in welcher Situation die beste ist.
"Das wäre eigentlich was, was man von der staatlichen Seite erwarten würde. Dass das als Entscheidungshilfe für die Politiker vorhanden wäre", sagt Naturschützer Peter Hirmer.
Viele Kommunalpolitiker suchen händeringend nach Informationen aus unabhängigen Quellen zum Thema Klärschlammverwertung. Der Vohburger Bürgermeister Martin Schmid kann das bestätigen.
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