Im 330 Quadratmeter großen "Tante Enso"-Supermarkt in Frauenau im niederbayerischen Landkreis Regen werden künftig jeden Abend ab 20 Uhr Stofftrennwände gespannt. Damit wird der Laden bis 6 Uhr früh mehr als halbiert, am Sonntag gilt das ganztags.
Denn das bayerische Ladenschlussgesetz erlaubt die Rund-um-die Uhr-Öffnung für sogenannte digitale oder Automaten-Supermärkte nur bis zu einer Größe von maximal 100 Quadratmetern.
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Vorgaben erfüllt – Kunden verärgert
Mit der Trennwand erfüllt man nun die gesetzlichen Vorgaben. Aber die Kunden, die dann nicht mehr alles kaufen können, ärgern sich. "Das ist doch Unsinn, wenn ich den Artikel kaufen kann und den anderen nicht", sagt eine Frau und eine andere ergänzt: "Wir haben so lange gekämpft, dass wir einen Nahversorger haben. Und jetzt kommt wieder eine Hürde."
2.700-Einwohner-Ort hatte keinen Supermarkt
Nachdem in Frauenau der letzte Supermarkt geschlossen hatte, kam kein neuer mehr nach. Den großen Handelsketten ist der Ort zu unrentabel, vermutet Bürgermeister Fritz Schreder. Denn im nur sechs Kilometer entfernten Zwiesel gibt es rund ein Dutzend Supermärkte: von Aldi bis Edeka.
2024 haben der Bürgermeister und Hunderte von Frauenauer, die dafür Genossenschaftsanteile gekauft haben, eine Filiale von "Tante Enso" aus Bremen nach Frauenau geholt. Das Unternehmen bietet eine Mischung aus Dorfladen und Supermarkt – mit großem Warensortiment.
Die meisten der mittlerweile 62 "Tante Enso"-Läden bundesweit sind zwischen 200 und 300 Quadratmeter groß. Ihre Besonderheit ist die Rund-um-die-Uhr-Öffnung an sieben Tage die Woche. Personal ist nur werktags stundenweise da. Ohne Personal zahlen die Kunden digital.
Petition soll Lockerung erreichen
26 bayerische Bürgermeister von Gemeinden, die einen "Tante Enso"-Laden haben oder planen, haben gemeinsam mit dem Unternehmen eine Petition gestartet. Rund 15.000 Unterschriften wurden gesammelt. Damit will man erreichen, dass die 24-Stunden-Öffnung für digitale Supermärkte auf 399 Quadratmeter ausgeweitet wird, zumindest in den ländlichen Gemeinden ohne zweiten Nahversorger – also da, wo man keinem konventionellen Supermarkt Konkurrenz macht.
Auch im geplanten neuen Ladenschlussgesetz sind statt der bisher 100 nur 150 Quadratmeter erlaubt. Wie sehr die Konkurrenz auf digitale Supermärkte achtet, sieht man in Frauenau. Beim Landratsamt Regen gab es Beschwerden wegen der 24-Stunden-Öffnung, von wem genau, verrät man aus Datenschutzgründen nicht. Das Landratsamt sagt, man hätte die Trennwände aber auch ohne Beschwerden angeordnet. Das Ladenschlussgesetz diene "dem fairen Wettbewerb".
24-Stunden-Öffnung wichtig für Rentabilität
Für "Tante Enso" ist die 24-Stunden-Öffnung an sieben Tage die Woche wichtig, damit die Dorf-Supermärkte wirtschaftlich laufen. Denn auch "Tante Enso" unterliegt dem brancheninternen Wettbewerb.
Wenn keine Lockerung kommt, wird es schwierig, sagt "Tante Enso"-Geschäftsführer Norbert Hegmann: "In Orten, wo der Umsatz jetzt schon schwach ist, besteht dann die Gefahr, dass wir Läden wieder schließen müssen."
Für Frauenau besteht vorerst keine Gefahr, auch wenn die Trennwände wohl mindestens 20 Prozent Umsatzrückgang bringen. Die Kunden wollen, dass der Laden bleibt. Denn man möchte nicht wieder – wie früher "wegen jeder Kleinigkeit" – ins mehrere Kilometer entfernte Zwiesel fahren müssen.
Die Auseinandersetzung mit dem Ladenschlussgesetz gibt es nicht nur in Bayern, sondern bundesweit. In fast allen Bundesländer ist das "Tante Enso"-Konzept aber vorerst geduldet, sagt Norbert Hegmann, bis eine endgültige Regelung kommt.
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