"Wenn meine künftigen Englisch-Schüler fragen, warum Englisch-Unterricht wichtig ist, werde ich an alle Kirchenchöre denken, die diesen Song gesungen haben." So oder so ähnlich kommentieren Tiktok-Nutzer ein Youtube-Video des "Go Sing Choirs" aus München.
In dem Video ist zu sehen, wie ein großer Chor das Lied "Like a Prayer" von Madonna singt. 400 Frauen und Männer unterschiedlicher Altersstufen machen mit. Der Clip ist mit "Xmax Special" betitelt, manche Sänger tragen Nikolausmützen oder Rentier-Geweihe.
Like a Prayer von Madonna: Kein unschuldiges Kirchenlied
Der "Go Sing Choir" hat das Video an Weihnachten 2022 hochgeladen. In den vergangenen Tagen wurden Video- und Audioausschnitte davon vor allem auf Tiktok tausendfach geteilt und millionenfach aufgerufen – und hämisch kommentiert.
Der Tenor: Ein naiver Kirchenchor meint, ein unschuldiges Kirchenlied über Gebet und Gottesdienst zu singen, trägt aber in Wahrheit einen Song voller sexueller Anspielungen vor. "Christen, die in einer Kirche über Oralverkehr singen, ist mein bester Moment von 2024", kommentiert etwa eine Userin auf Tiktok.
Bei der Veröffentlichung 1989 hatte "Like a Prayer" einen Skandal ausgelöst. Im dazugehörigen Musikvideo tanzt Madonna leicht bekleidet in einer Kirche, küsst eine Heiligenfigur, die lebendig wird und steht in Reizwäsche zwischen brennenden Kreuzen. In den USA durfte das Video im Fernsehen nicht gezeigt werden, in Deutschland beim Musiksender MTV nur nachts (externer Link).
"Go Sing Choir" ist gar kein Kirchenchor
Auch der Songtext sorgte für Empörung. In Zeilen wie "I'm down on my knees. I wanna take you there." ("Ich bin auf den Knien. Ich will dich dort hinbringen.") sahen viele sexuelle Anspielungen.
Diese Interpretation teilen auch User, die jetzt auf Tiktok den Münchner Chor verspotten. Dass ausgerechnet ein vermeintlicher Kirchenchor diese Worte in den Mund nimmt, macht die Sache noch komischer.
Dabei ist der "Go Sing Choir" kein Kirchenchor, er bezeichnet sich selbst als "offener Popchor", bei dem jeder mitmachen kann – ohne Vorsingen und Mitgliedschaft. Die Aufnahme der "Like a Prayer"-Interpretation stammt zudem nicht aus einer Kirche, sondern aus der Münchner Isarphilharmonie. Der "Doppeldeutigkeit von Madonnas ikonischem Lied" war man sich bewusst, schreibt der Chor auf Youtube.
Das sagt der Chorleiter
Als Chorleiter Jens Junker zum ersten Mal von dem Tiktok-Hype hörte, dachte er, es handle sich um einen schlechten Scherz. Dann kam die Sorge: "Mein erster Gedanke war dann schon: Was passiert jetzt? Habe ich irgendwas noch im Griff? Wie gehen die Menschen damit um, die mitgesungen haben, die auch in dem Video zu sehen sind?", so Junker zum BR. Inzwischen nimmt Junker das Ganze mit Humor.
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