Bild von oben auf geplante Bebauungsfläche in Kolbermoor
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Auf der Wiese zwischen den beiden alten Siedlungen soll das Nord-Ost-Quartier mit rund 300 Wohnungen entstehen.

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Widerstand gegen neues Wohngebiet in Kolbermoor

Widerstand gegen neues Wohngebiet in Kolbermoor

Das Nord-Ost-Quartier soll eine Siedlung der Zukunft werden, für Familien, Senioren und Menschen mit schmalem Geldbeutel. Gut 300 Wohnungen sind auf einer 8 Hektar großen Wiese geplant. Doch unter den alteingesessenen Anwohnern regt sich Widerstand.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Am nordöstlichen Stadtrand von Kolbermoor liegt eine unbebaute Wiese, umgeben von Wohngebieten. Eine dünne Eiskruste liegt auf den Tümpeln, die sich nach dem letzten Regen gebildet haben. Die Wiese ist voll davon. So sehe es hier meistens aus, erklären Michael Rath und Ferdinand Pfeifer, zwei Sprecher der Bürgerinitiative Nord-Ost-Team, abgekürzt "NOT-Kolbermoor". Die beiden wohnen mit ihren Familien in Einfamilien-Häusern am Rand der 8 Hektar großen Grünfläche. Hier soll ein neues Wohnquartier entstehen. Die Bürgerinitiative will das verhindern.

Quartier soll Wohnraum schaffen für Hunderte Menschen

Die Planungen stehen noch ganz am Anfang. Ein erster Entwurf des Architekturbüros, das die Stadt Kolbermoor beauftragt hat, zeigt ein gutes Dutzend Wohnblocks mit drei oder vier Geschossen. Während einer Bürgerversammlung wurde ein Modell aus Holz und Pappe präsentiert. Man rechnet mit Wohnraum für ungefähr 600 bis 700 Menschen. Bürgermeister Peter Kloo hatte alle Kolbermoorer eingeladen, an der Gestaltung des neuen Wohngebietes mitzuwirken.

Angst vor steigendem Wasserdruck

Bedenken äußern vor allem Bürger, die in der Nachbarschaft der geplanten Neubauten leben. Sie verweisen auf massive Probleme mit dem Oberflächenwasser, das nicht abläuft, berichten von vollgelaufenen Kellerschächten. Ihre Sorge ist es, dass mit einer Bebauung der Wiese der Wasserdruck auf ihre Häuser zunimmt. Der Seeton im Untergrund sorge für Staunässe, erklären sie. Darauf große Wohnblöcke setzen? Das hätte schlimme Folgen, glaubt Michael Rath, der Mitgründer der Bürgerinitiative: "Das Wasser im Seeton würde zur Seite geschoben und dann in die umliegenden Häuser und Keller drücken."

Ein großes Problem sieht man auch bei den Verkehrswegen. Die zwei Straßen zum Quartier seien viel zu eng, meist nur einspurig befahrbar, noch mehr Verkehr könnten sie nicht aufnehmen, und Baustellenverkehr mit großen Lkw sei gar nicht möglich, sagt Michael Rath. Eine weitere Sorge: Es könnte ein hochpreisiges Viertel entstehen, das sich nur Gutbetuchte leisten könnten.

Passender Wohnraum für jeden Bedarf

Bürgermeister Kloo und der Unternehmer, der das Quartier bauen soll, betonen gemeinsam, dass Wohnraum dringend gebraucht werde und es auch in Kolbermoor lange Wartelisten von Einheimischen gebe, die ein Zuhause suchten. Es gehe beim Quartier um Wohnungen für Familien, um moderne Angebote für Senioren, um Appartements für Berufe der Daseinsvorsorge wie Pfleger oder Krankenhauspersonal – und Einheiten für Mehr-Generationen-Gemeinschaften mit einem lebendigen Miteinander. Es soll bedarfsgerechter und bezahlbarer Wohnraum entstehen, sagt Kloo.

Bürgermeister will Mobilität neu denken

Gemeinsam stellte sich das Planungsteam bei der Bürgerversammlung an Thementischen den vielen kritischen Fragen. Peter Kloo warb dafür, die Mobilität in Wohngebieten neu zu denken. "Brauchen wir künftig noch unter jedem Haus eine Tiefgarage, oder Stellplätze direkt vor der Tür?", fragte er. Im ersten Entwurf des Architekten stehen an den beiden Eingängen zum Quartier zwei Parkhäuser, um Verkehr möglichst herauszuhalten aus dem Wohngebiet. Das könnte die Zukunft sein, sagt Kloo: "Weg vom Besitzen, hin zum Benutzen." Das heiße: Sharing- Modelle nicht nur für Autos, sondern zum Beispiel auch für Lasten-Fahrräder.

Rückhaltebecken sollen Fluten bändigen

Vor allem Ingenieur Jörg Huber war gefragt an diesem Abend. Er kümmert sich um die Wasserproblematik und präsentierte zwei große Rückhaltebecken, mit denen nach seiner Überzeugung die Fluten gebändigt werden können. Dadurch werde es möglich, das Oberflächenwasser dosiert in wesentlich geringerer Menge als bisher ableiten zu können. Die Situation werde sowohl für die bestehenden Häuser als auch für die neuen Gebäude deutlich verbessert.

Gegner erwägen Bürgerbegehren gegen das Quartier

Die Vertreter von NOT-Kolbermoor sehen nach der Bürgerversammlung ihre Ängste nur bestätigt. Die vorgestellte Bebauung sei noch massiver, als er befürchtet habe, meint Michael Rath. Er will zügig eine Online-Abstimmung in der Bürgerinitiative durchführen, ob man ein Bürgerbegehren einleiten wolle. "Die Zeichen deuten klar in diese Richtung", sagt er. Das wäre dann ein massiver Stolperstein auf dem Weg zu neuem Wohnraum in Kolbermoor.

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