Eine Baustelle im mittelfränkischen Oberasbach. Die Wohnungsgenossenschaft Fürth-Oberasbach baut hier in der Asternstraße 20 Wohnungen. Mehr als sieben Millionen Euro kostet der Neubau. Gerade werden die Photovoltaik-Module auf dem Dach montiert. "Für unsere Wohnungsgenossenschaft ist das in den nächsten Jahren das letzte Objekt", sagt deren Geschäftsführer Roland Breun. Neubauten wird es so schnell nicht mehr geben.
Alles Geld fließt in Sanierung des Bestands
Der Grund dafür sind Häuser aus den 1950er- und 1960er-Jahren, die direkt neben dem Neubau stehen. Vor einigen Jahren wurden sie zwar schon einmal saniert. Der Verputz, die Fenster und die Eingangstüren sind neu. Doch nun müssen sie klimaneutral werden, die Heizungen müssen künftig mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden, weist Breun auf die Vorgaben des neuen Heizungsgesetz hin.
Und das stellt die Planungen der Genossenschaft auf den Kopf. "In den letzten Jahren haben wir verstärkt in den Neubau investiert", sagt Breun. Doch dafür ist kein Geld mehr vorhanden. "Denn wir müssen jetzt rein in den Bestand. Wir müssen Heizungen erneuern, wir müssen den Vollwärmeschutz aufbringen", erläutert der Geschäftsführer. Das heißt für ihn: "Für Neubauobjekte sind keine finanziellen Mittel mehr da."
Günstige Finanzierung vor der Zinswende
Ein Gang über die Baustelle. In den künftigen Zwei- bis Vier-Zimmerwohnungen werden gerade die Sanitäranlagen und die Elektrik installiert. Der Neubau soll umweltfreundlich werden. Geheizt wird mit Luftwärmepumpen, der Sonnenstrom dafür kommt vom Hausdach. "Die Kaltmiete wird voraussichtlich bei zwölf Euro pro Quadratmeter liegen", sagt Geschäftsführer Breun. Denn die Genossenschaft hat den Bau noch vor der Zinswende finanziert. Heute wären solche Preise nicht mehr möglich.
Verband fordert Hilfe der Kommunen
Damit die kommunalen, kirchlichen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen weiterhin ihrem Auftrag nachkommen und günstige Mieten anbieten können, sind zum Beispiel auch Städte und Gemeinden gefordert. Das sagt Marko Dörsch von der Vereinigung der Wohnungsunternehmen in Mittelfranken. Sie vertritt rund 50 Gesellschaften und Genossenschaften mit einem Bestand von etwa 82.000 Wohnungen.
"Kommunen haben ja generell ein Vorkaufrecht, um Spekulationsgewinne abzuschöpfen", erläutert Dörsch. Sie könnten Grundstücke kaufen und dann vergünstigt an die sozialen Wohnungsunternehmen weitergeben. Das wäre sicher oft möglich, sagt er. Und schränkt gleich ein, dass viele Kommunen klamm seien und dafür kein Geld im Haushalt übrig hätten.
Viele bürokratische Hürden bremsen
Beim Gang durch die Tiefgarage des Neubaus in Oberasbach zeigt sich eine weitere Hürde, die den Bau von günstigen Wohnungen erschwert. Die Satzung der Stadt Oberasbach legt fest, dass 30 Stellplätze vorhanden sein müssen. "Es war nicht möglich, hier eine Ausnahme zu bekommen", erinnert sich Genossenschafts-Chef Breun an lange Verhandlungen mit der Stadt. Fünf Stellplätze wurden oberirdisch realisiert, die restlichen 25 müssen unter die Erde in eine Tiefgarage. Deren Bau verteuerte das gesamte Projekt um fast 1,5 Millionen Euro. "Das ist der größte Kostentreiber", ärgert sich Breun.
Künftig wird es sogar noch teurer. Denn die neue Oberasbacher Stellplatzsatzung legt fest, dass pro neu gebauter Wohnung noch mehr Abstellplätze für Autos geschaffen werden müssen. Für das Projekt in der Asternstraße würde das bedeuten, dass 36 anstatt wie bisher 30 Stellplätze geschaffen werden müssten. Die Konsequenz daraus für die Baugenossenschaft: "Wir könnten noch weniger Wohnungen bauen", so Breun.
Solche Auflagen führen zu weniger Wohnungen
Der Verband Bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW) forderte deshalb, dass Kommunen die Stellplatzanforderungen mit Mobilitätskonzepten verknüpfen, zum Beispiel in Form von Carsharing. Auch durch solche Auflagen kämen Mieten pro Quadratmeter zustande, die sich niemand mehr leisten kann - aber auch der Bau von Wohnungen werden ausgebremst, so die Einschätzung des Verbandes. Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen in Bayern planen in diesem Jahr deutlich weniger Neubauten. "Nach der Umfrage unserer Mitgliedsunternehmen werden es ungefähr 40 Prozent sein, die gar nichts mehr bauen. Der Rest wird weniger bauen", teilte der Verbandsdirektor, Hans Maier, am Dienstag (12.03.24) in Nürnberg mit. Grund für den Rückgang seien die hohen Baukosten und die zuletzt stark angestiegenen Zinsen. Außerdem habe es in der Vergangenheit immer mehr Auflagen und Normen von Seiten der Kommunen gegeben.
Wohnungsnot belastet den sozialen Frieden
Schluss mit solchen Auflagen, fordern deshalb der Verband der Bayerischen Wohnungsunternehmen und die Vereinigung der mittelfränkischen Wohnungsunternehmen. Sie sehen sich in ihren Aufgaben behindert, sagt der Vorstand der Vereinigung der Wohnungsunternehmen in Mittelfranken, Marko Dörsch. "Wir glauben, wenn die Versorgung mit preisgünstigen, sozial verträglichen Mieten gewährleistet ist, dann wird das bei uns im Land auch den sozialen Frieden sichern können."
Jetzt liegt es daran, ob die Wohnungsunternehmen mit ihren Forderungen bei der Politik durchdringen. Dann würde auch die Oberasbacher Genossenschaft künftig wieder neue Wohnungen bauen können, verspricht deren Chef Roland Breun. Der Bedarf ist da. Auf der Warteliste der Genossenschaft stehen 1.300 Bewerbungen.
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