Während die Zahl der Toten im türkisch-syrischen Erdbebengebiet weiter steigt, versuchen auch in Bayern viele Menschen und Organisationen die Not der Menschen zu lindern. Organisationen berichten von großer Hilfsbereitschaft. Allerdings läuft das Helfen nicht immer ohne Probleme. Besonders schwierig ist es, nach Syrien zu gelangen.
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Hilfsgüter mit Zwischenstation Berlin
Das Bayerische Rote Kreuz ist am Freitagmorgen von Freising aus mit einem Lastwagen mit zwei Containern nach Berlin gefahren. Von dort aus startet dann eine Kolonne aus vier bis fünf Lastwägen aus den verschiedenen Landesverbänden ins Erdbebengebiet. Weitere Hilfsanfragen an das Deutsche Rote Kreuz seien in den nächsten Wochen zu erwarten, so BRK-Sprecher Sohrab Taheri-Sohi zum Bayerischen Rundfunk.
- Zum Artikel: Spenden-Hilfe für die Menschen in der Türkei und in Syrien
BRK: Besser Geld- als Sachspenden
Das BRK verzeichnet unterdessen zu viele Sachspenden, die "einfach nicht gebraucht werden" sagt BRK-Sprecher Taheri-Sohi. Man bitte um Geldspenden.
"Unübersichtliche Chaosphase" im Erdbebengebiet
Außerdem warnt das BRK vor Aktionismus. Viele Hilfsangebote seien "nicht bedarfsorientiert", so Taheri-Sohi. In der jetzigen sogenannten "unübersichtlichen Chaosphase" im Erdbebengebiet sei es eine große Herausforderung, die vielen Hilfsangebote zu koordinieren. Dies würde ortskundige Kräfte binden und sogar behindern. Am meisten helfen, so das BRK, könnten derzeit die Organisationen aus den Anrainerstaaten.
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Humedica: "Gebäude wie Pfannkuchen zusammengedrückt"
Eine dreiköpfige Sondierungsmission der Hilfsorganisation Humedica aus Kaufbeuren machte sich am Mittwoch auf den Weg in die Türkei. Vor Ort arbeitet das Team mit einer türkischen Nicht-Regierungs-Organisation zusammen und klärt ab, wie Humedica am besten helfen kann. Mit dabei ist Uwe Grunert. Er sagt, dass gerade sehr viele Aufgaben zu bewältigen seien. Er und das Team erlebten "erschütternde" Bilder. "Unglaublich viele Gebäude sind in Mitleidenschaft gezogen worden, wie Pfannkuchen zusammengedrückt," erzählt Grunert dem BR.
Ärzte und Sanitäter aus Regensburg
Von Nürnberg aus brach am Mittwoch zudem ein Team des RKT Rettungsdienstes nach Adana im Süden der Türkei auf. Die fünf Ärzte und Sanitäter des privaten Rettungsdienstanbieters aus Regensburg wollen ebenso zunächst die Lage in den betroffenen Gebieten erkunden und in Kliniken medizinische Hilfe leisten, wie ein Sprecher sagte.
Moosburger Hilfsorganisation errichtet Feldhospital
Die Moosburger Hilfsorganisation "Navis e.V." schickt am Nachmittag ein 16-köpfiges Helfer-Team ins türkisch-syrische Erdbebengebiet. Vorausgegangen war ein längeres Tauziehen um die Einreise. Noch gestern war nicht völlig klar, ob es wirklich klappen wird und die zuständigen türkischen Ministerien grünes Licht geben. Zur neun Tonnen schweren Fracht von "Navis" gehören ein mobiles Hospital und eine Trinkwasseraufbereitungsanlage. Zur Vorbereitung ist bereits seit Dienstag ein Erkundungsteam vor Ort.
Familienangehörige nach Deutschland holen
Die türkische Gemeinde in der Metropolregion Nürnberg hat die bayerische Staatsregierung in einem offenen Brief um Unterstützung bei der Einreise Familienangehöriger gebeten. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte am Donnerstag: "Ich halte es für sehr sinnvoll, dass wir die Familien so schnell wie möglich zusammenführen." Die Bundesregierung hat eine "pragmatische Lösung" für Visa für Überlebende der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien in Aussicht gestellt.
Freitagsgebete in bayerischen Moscheen
In vielen bayerischen Moscheen wird der Opfer der Erdbeben-Katastrophe in der Türkei und in Syrien gedacht. In den Freitagsgebeten wurde zu einem besonderen Bittgebet für die Opfer aufgerufen, außerdem zu weiteren Spenden. Der Schock über das Erbeben ist in türkischen Verbänden und in den Moscheen groß.
Trost und Geld aus der kurdischen Gemeinde
Telefonieren, trösten, Geld überweisen - auf diese Weise versucht die Kurdische Gemeinde in München Angehörigen in der Erdbebenregion zu helfen. Viele Mitglieder des Vereins sind direkt betroffen, haben Verwandte und Freunde im Katastrophengebiet, erklärt Azad Hamoto, Gründer und Ehrenvorsitzender des Vereins. Er ist in Afrin, im Nordwesten von Syrien geboren und aufgewachsen, kam 2012 nach Deutschland. Seine Heimat liegt nahe des Epizentrums, deshalb habe er seit dem Erdbeben keinen ruhigen Schlaf mehr gehabt.
Syrien: Hilfe dringend benötigt, schwierig zu liefern
Während in der Türkei Hilfe aus Dutzenden Ländern ankommt, zeigt sich in Syrien ein anderes Bild. Nach Angaben von Aktivisten fehlt es dort derzeit an allem. "Wir stehen vor einer Katastrophe, die schlimmer ist als die Tage des Krieges", beschreibt eine Frau aus Aleppo die Situation. Immer wieder gibt es Befürchtungen, dass der einzige offene Grenzübergang zur Türkei geschlossen wird.
Bayerischer Kabarettist liefert Decken
Der bayerische Kabarettist Christian Springer versucht mit seinem Verein "Orienthelfer" vom Libanon aus, Hilfsaktionen für Syrien zu organisieren. Er habe derzeit in Beirut 7.000 Decken, "die wir über unterschiedliche Wege in den nächsten Tagen in die Erdbebenregion von Syrien bringen", sagte Springer. "Das ist die Apokalypse", habe ihm jemand gesagt. Springer sagte, dass es in der vom Beben betroffenen Region bis in die vergangene Woche hinein noch Luftangriffe gegeben habe.
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